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Statistikamt entlastet Handel von pauschalem "Teuro"-Vorwurf

Keine "generellen" Preiserhöhungen

Der generelle Vorwurf, der Einzelhandel habe die Euro-Bargeldeinführung zu Preiserhöhungen in breiter Front genutzt, ist nach einer Zwischenbilanz der amtlichen Statistik nicht haltbar. Die am Dienstag, sechs Monate nach Einführung des neuen Geldes, vom Statistischen Bundesamt (Destatis) vorgelegten Zahlen machen aber deutlich, dass es bei Dienstleistungen und in der Gastronomie im Zuge der Umstellung zu deutlichen Anhebungen gekommen ist.

Diese "auf einen Schlag" erfolgten Aufschläge seien bisher nicht zurückgenommen worden, sagte Destatis-Präsident Johann Hahlen in Wiesbaden. Damit werde der subjektive Eindruck der Verbraucher über teilweise erfolgte Verteuerungen auch bestätigt. Die Studie wurde gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank erarbeitet. Dabei wurden rund 18.000 Preise von 35 Produktgruppen untersucht.

Abgesehen von den genannten Sonderentwicklungen zeige die Jahresteuerungsrate der vergangenen Monate, dass die Euro-Einführung auf die Lebenshaltungskosten insgesamt keinen wesentlichen Einfluss hatte. Vielmehr habe sich das Preisklima seit Jahresbeginn beruhigt, sagte Hahlen. Nach vorläufigen Schätzungen des Bundesamtes sank die Jahresteuerung im Juni auf 0,9 Prozent nach 1,1 Prozent im Mai. Der Wert des Geldes habe damit durch die Euro-Einführung nicht verloren. Der genaue Einfluss der Euro-Bargeldeinführung auf das Preisniveau sei wissenschaftlich exakt nicht bestimmbar. Preisbeobachtungen allein reichten für eine Ursachenanalyse nicht aus.

Bei den Nahrungsmittelpreisen stellt sich die Situation laut Hahlen differenziert dar. Hier habe sich die Lage nach den vorwiegend witterungsbedingten Verteuerungen für Obst und Gemüse zu Jahresbeginn einerseits inzwischen entspannt. Andererseits gebe es durchaus einzelne Lebensmittel, wie Vollmilchschokolade, deren Preise erst im Frühjahr kräftig aufgerundet wurden, obwohl es hier bereits im Vorfeld Preiserhöhungen gegeben habe. Teurer seien weiterhin auch Brötchen (+7,3 Prozent), Tomaten (+19,8 Prozent), H-Milch (+6,8 Prozent) oder Ölsardinen (+15,0 Prozent).

Vor allem bei Saison- und Molkereiprodukten dürften aber andere Gründe als die Euro-Einführung für Preissteigerungen verantwortlich sein. Hahlen gab zu bedenken, dass der Verbraucher den Umgang mit den neuen Münzen und Scheinen schneller erlernt habe als die Umstellung der Wertvorstellungen. Viele Verbraucher rechneten Euro-Preise noch immer in D-Mark um. Diese Unsicherheit präge auch das Konsumverhalten. Zweifellos müsse die "gefühlte Inflation" der Verbraucher akzeptiert werden.

Gleichzeitig bestehe aber ein Unterschied zwischen der subjektiven Wahrnehmung einer Veränderung und dem gesamten, statistisch ermittelten Durchschnittsbild.

Entschieden lehnte der Destatis-Präsident eine Reform der amtlichen Statistik infolge der Diskussion um die Preiserhöhungen wegen der Euro-Einführung ab. Der Warenkorb werde bereits alle fünf Jahre angepasst und sei an europaweit geltende Vorschriften gebunden.

Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) forderte als Konsequenz, sich von dem Wort "Teuro" zu trennen. Es sei auf dem Wege, zum Unwort des Jahres zu werden, sagte HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr in Berlin. Die Bezeichnung sei falsch, schüre Verunsicherungen, diskriminiere eine ganze Branche und bringe die Gemeinschaftswährung in Misskredit.

Auch für den Präsidenten des Münchner Ifo-Instituts, Hans Werner Sinn, kann von einem "Preisschub" durch die Euro-Einführung keine Rede sein. Richtig sei, dass dadurch die Preise in Bewegung gerieten, schrieb Sinn in der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstagausgabe). Diese seien aber nicht nur nach oben, sondern auch nach unten korrigiert worden. Die ganze "Teuro"-Debatte sei in seinen Augen eine "Mischung von Wahlkampf und vorgezogenem Sommertheater".