NGO DIE Internet-Zeitung

März 2007

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Zwei Atomkraftwerke wegsparen

Künast fordert Verbot von Stand-by-Schaltungen

Für eine höhere Energieeffiziez sollten Stand-by-Schalter an Elektrogeräten nach Forderung von Grünen-Fraktionschef Renate Künast verboten werden. "Wir sollten ein Datum festlegen, von dem an keine Geräte mehr mit einer solchen Schaltung verkauft werden dürfen", sagte sie dem "Mannheimer Morgen". "Eine Stand-by-Schaltung frisst ohne Sinn und Verstand Strom, während wir gar nicht zu Hause sind." Technisch sei die Umstellung mit einfachen Maßnahmen machbar. "Wenn wir alle Stand-by-Schalter in Deutschland abschaffen, können wir auf den Strom von zwei Atomkraftwerken verzichten." Der Bürger habe davon auch finanziell etwas: "Er spürt die Entlastung spätestens bei der nächsten Stromrechnung."

Afghanistan-Krieg

Ex-Verteidigungsstaatssekretär erhebt Verfassungsbeschwerde gegen Tornados

Der ehemalige Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Willy Wimmer und der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler haben beim Bundesverfassungsgericht Organklage erhoben, "um den von der Mehrheit des Deutschen Bundestages und auf Antrag der Bundesregierung beabsichtigten Einsatz von Tornado-Flugzeugen der Bundeswehr in Afghanistan zu verhindern". Gauweiler und Wimmer verweisen auf "die Gefahr, dass Deutschland durch einen Einsatz von Tornado-Flugzeugen der Bundeswehr in die völkerrechtswidrige Kriegsführung der Vereinigten Staaten in Afghanistan verstrickt würde". Mit ihrer Klage gegen den Bundestag und die Bundesregierung machen die Abgeordneten geltend, der Tornado-Beschluss führe zu einer stillschweigenden Änderung des NATO-Vertrages, die mit dem Völkerrecht und dem Grundgesetz unvereinbar und durch das deutsche Zustimmungsgesetz zum NATO-Vertrag von 1956 nicht gedeckt sei.

"Tornado"-Einsatz

Der Bundestag vor der Abstimmung über den Krieg in Afghanistan

Das positive Votum des Bundestages für den Einsatz von "Tornado"-Aufklärungsflugzeugen der Bundeswehr in Afghanistan gilt am Freitag als sicher. Probeabstimmungen in den Fraktionen ergaben bei der Union eine fast geschlossene Zustimmung. Bei der SPD wird mit 40 bis 50 Gegenstimmen gerechnet. Bei der FDP gab es 8 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen. Die Grünen sind gespalten. Die Linke ist gegen den Einsatz. Die Flugzeuge sollen von Mitte April an vom deutschen Stützpunkt in Mazar-i-Sharif im Norden Afghanistans zu ihren Aufklärungsflügen für die von der NATO geführten ISAF-Truppen starten. Die Einsätze der Bundeswehr am Hindukusch würden damit eine "neue Dimension" erhalten, sagten Bundeswehroffiziere.

Neues Atomkraftwerk in Litauen

EU will angeblich "klammheimlich" Atomstromtrassen beschließen

Auf dem bevorstehenden EU-Gipfel beraten die Staats- und Regierungschefs unter anderem auch über den Ausbau der europäischen Stromnetze. Während die Bundesregierung und die EU-Kommission den Netzausbau offiziell mit Versorgungssicherheit und der Integration von großen Windparks begründen, sieht die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW darin vornehmlich einen "klammheimlichen" Bau von "Atomstrom-Autobahnen". Nach Angaben der Organisation sind in Litauen und in der Slowakei neue Atomkraftwerke als Ersatz für stillzulegende Altanlagen geplant. Am litauischen Atom-Standort Ignalina seien zwei Atomkraftwerke vom Typ "Europäischer Druckwasser-Reaktor" (EPR) der Firmen AREVA und Siemens im Gespräch. Der Atomstrom solle künftig aus den neuen EU-Mitgliedstaaten nach Deutschland, Österreich sowie nach Italien exportiert werden.

Klage gegen Deutsche Bank

Bundestag wird mit deutschen "Kolonialverbrechen" in Afrika konfrontiert

Die Linksfraktion hat am 6. März einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, der eine offizielle Anerkennung und Wiedergutmachung von "Kolonialverbrechen" im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, fordert. Der Bundestag wird in dem Antrag aufgefordert anzuerkennen, dass die "deutsche Schutztruppe" in den Jahren 1904 bis 1908 an den Volksgruppen Herero und Nama einen "Völkermord" verübt habe. Auch wenn die exakten Opferzahlen strittig seien, besteht nach Auffassung der Antragsteller am grundsätzlichen "Motiv der Vernichtung keinerlei Zweifel". Zehntausende Herero seien in der Omaheke-Wüste von deutschen Truppen abgeriegelt worden, um sie darin verdursten zu lassen, heißt es in dem Antrag. Auch Unternehmen wie die Deutsche Bank, die zusammen mit der Diskonto-Gesellschaft zwischen 1890 und 1915 das Bankwesen in der deutschen Kolonie unter Kontrolle gehabt hätten, sollen sich nach Auffassung der Linksfraktion an der Leistung etwaiger Entschädigungszahlungen beteiligen.

Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen

US-Militärgericht verurteilt Soldat zu acht Monaten Gefängnis für Fahnenflucht

Weil er nicht mehr in den Irak-Krieg ziehen wollte, ist der US-Soldat Agustin Aguayo von einem US-Militärgericht in Würzburg zu acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Zudem wird er degradiert, verliert seine Bezüge und wird unehrenhaft aus der US-Armee entlassen. Militärrichter Colonel Peter Masterton verurteilte den 35-Jährigen am Dienstag wegen Fahnenflucht und "Versäumens der Verlegung der Einheit".

"Gefahr einer Rüstungsspirale"

Keine Debatte über US-Raketenpläne auf EU-Gipfel

Die Bundesregierung will das geplante Raketenabwehrsystem der USA in Europa nicht zum Thema des kommenden EU-Gipfels in Brüssel machen. Diese Frage müsse "in erster Linie" bei der NATO besprochen werden, hieß es am Dienstag aus Kreisen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in Berlin. Bei dem zweitägigen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs Ende der Woche in Brüssel stünden Wirtschaftsfragen im Mittelpunkt. Zuvor hatte FDP-Chef Guido Westerwelle Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, das Raketenprojekt beim EU-Gipfel zur Sprache zu bringen. Sollte das Problem nicht zum Thema auf dem EU-Ratsgipfel am 8. und 9. März in Brüssel gemacht werden, wäre dies ein schwerwiegender Fehler.

Israels Botschafter entsetzt

Bischöfe kritisieren Israel wegen Lebensbedingungen der Palästinenser

Katholische Bischöfe haben offenbar während ihrer Israel-Pilgerreise die Lebensbedingungen der Palästinenser scharf kritisiert. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke hatte gesagt, es sei schwer zu ertragen, wenn man am Morgen in der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem die Bilder aus dem Warschauer Getto sehe und am Nachmittag durch Stacheldraht und Mauer in ein "Getto wie Ramallah" fahre. "Da geht einem doch der Deckel hoch." Der Augsburger Bischof Walter Mixa habe angesichts der Lage der Palästinenser von einer "ghettoartigen Situation" gesprochen. Dies sei "fast schon Rassismus", zitierte die Zeitung den Bischof. Andere Blätter berichteten ähnlich. Israel reagierte entsetzt auf die Kritik der Bischöfe.

"Beitrag zum Klimaschutz"

Vattenfall will Kernkraftwerk Brunsbüttel länger betreiben

Der Atomkonzern Vattenfall Europe hat am 6. März beim Bundesumweltministerium beantragt, das Kernkraftwerk Brunsbüttel länger betreiben zu dürfen. Das Unternehmen möchte zu diesem Zweck eine Strommenge von 15 Milliarden Kilowattstunden vom - per Gerichtsentscheidung - stillgelegten RWE-Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich auf Brunsbüttel übertragen. Mit Hilfe der Strommengenübertragung könnte Brunsbüttel laut Vattenfall bis etwa Ende 2011 betrieben werden. "Die CO2-freie Stromerzeugung aus Kernenergie versetzt uns in die Lage, unsere wichtigen Klimaschutzziele zu erreichen", sagte der Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Europe AG, Klaus Rauscher, zur Begründung. "Deswegen ist ein längerer Betrieb des Kernkraftwerks Brunsbüttel auch ein Beitrag zum Klimaschutz." Atomkraftgegner finden diese Begründung "fadenscheinig".

"Menschen statt Patente"

Ärzte fordern von Novartis Akzetanz für "erschwingliche Medikamente"

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen beklagt, das Pharma-Unternehmen Novartis würde sich im Rechtsstreit um das indische Patentrecht "trotz weltweiter Proteste uneinsichtig" zeigen. Die Ärzte "verurteilen das Vorgehen von Novartis, das den Zugang von Millionen Menschen zu erschwinglichen Medikamenten zu erschweren droht". "Wir fordern die Aktionäre auf, während der morgigen Aktionärsversammlung von Novartis in Basel ihre Bedenken gegenüber dem Handeln der Pharmafirma in Indien vorzubringen", so Christophe Fournier, internationaler Präsident von Ärzte ohne Grenzen.

"Teufelskreis"

Roma-Kinder werden in Deutschland laut UNICEF diskriminiert

Kinder aus Roma-Familien werden nach Darstellung des Kinderhilfswerks Unicef auch in Deutschland nach wie vor benachteiligt. "Roma-Kinder müssen die Chance bekommen, den Teufelskreis aus Armut, Ausgrenzung und Vorurteilen zu durchbrechen", forderte UNICEF-Vorstandsmitglied Reinhard Schlagintweit am Montag in Berlin. Ablehnung, Frustration und Aggression könnten sich ansonsten "aufschaukeln". Die sozialen und politischen Folgekosten wären "enorm".

"Verfassungswidrig"

Peffekoven begrüßt Gerichtsbeschluss zur Pendlerpauschale

Der frühere Wirtschaftsweise Rolf Peffekoven hält die Kürzung der Pendlerpauschale zum Jahresbeginn 2007 für verfassungswidrig. Peffekoven schloss sich in der "Süddeutschen Zeitung" der Haltung des Finanzgerichts Niedersachsen an, das in der Neuregelung einen Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit sieht. Die niedersächsischen Finanzrichter hatten einen Rechtsstreit um die neue Pendlerpauschale dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt.

EU-Präsidentschaft

Bundesregierung will "Lissabon-Strategie" vorantreiben

Mit ihrer so genannten Lissabon-Strategie möchte die Europäische Union bis zum Jahr 2010 zum "wettbewerbsfähigsten dynamischsten und wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt" werden. Die deutsche Bundesregierung erklärte die wirtschafts- und sozialpolitische Strategie zum Schwerpunkt der deutschen EU-Präsidentschaft 2007. In diesem Zusammenhang hat Bundeswirtschaftsminister Michael Glos am 27. Februar 02.2007 in Brüssel die diesjährige "Ludwig Erhard Lecture" des privatwirtschaftlichen Lisbon Council gehalten. Das Credo des Ministers: "Freiheit führt zu Wettbewerb und Wettbewerb zu Wohlstand und sozialer Sicherheit".

"Versagen der Industrie vertuschen"

Greenpeace kritisiert nachträgliche Änderung von CO2-Statistik

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace wirft der Bundesregierung vor, sie wolle "unangenehme Wahrheiten" nicht so deutlich machen, um das Versagen der deutschen Automobilindustrie Minderung des CO2-Ausstoßes von Pkw zu "vertuschen". Konkret kritisiert die Organisation nachträgliche Änderungen an einer aktuellen Statistik des Kraftfahrtbundesamtes zum CO2-Ausstoß. "Es wäre interessant zu wissen, wer in den hohen Etagen der Automobilindustrie, des Verkehrsministeriums oder des Kanzleramts am Donnerstag in Flensburg angerufen hat", sagte Greenpeace-Sprecher Wolfgang Lohbeck am Freitag in Hamburg. Das Kraftfahrtbundesamt hat laut Greenpeace die vor einer Woche veröffentlichte Statistik zur CO2-Emission von Pkw nachträglich geändert. Dass eine Bundesbehörde Presseerklärungen nach der Veröffentlichung entschärfe grenze an Dokumentenfälschung, sagte Lohbeck.

Zum nationalen Energiekonzept

"Energischer Ausbau der erneuerbaren Energien bis auf 100 Prozent"

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte unlängst die Frage aufgeworfen, woher nach dem Atomausstieg die dann fehlende Energie kommen solle. Die EU-Energieminister haben am 15. Februar beschlossen, bis 2020 einen Anteil der erneuerbaren Energien von 20 Prozent anzustreben. Nach Auffassung des Geschäftsführers des Solarenergie Fördervereins Deutschland (SFV), Wolf von Fabeck, ist dieses Ziel nicht hinreichend. "Ich habe den Eindruck, die EU-Energieminister haben den Ernst der Lage noch nicht begriffen", sagte er im Gespräch mit ngo-online. Angesichts "der ungeheuren Gefahren" fordert er ein Verbot des Neubaus weiterer fossiler Energiegewinnungsanlagen, ein Abschalten der Atomreaktoren und einen "energischen Ausbau der erneuerbaren Energien bis auf 100 Prozent". Ein Umstieg auf 100 Prozent erneuerbare Energien sei bereits "mit den heute bekannten Techniken und Verfahren" möglich - "und zwar sogar auch in Deutschland, obwohl Deutschland eines der am dichtesten besiedelten und am höchsten industrialisierten Länder ist".

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