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Wahlkampfschlager Videoüberwachung

Landtagswahl NRW 2010

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat in einem "Regierungspapier" angekündigt, so genannte "Angsträume", wie Bahnhöfe, vor allem durch mehr Videoüberwachung zu verringern. Mit dieser Forderung treibe Rüttgers - wie so oft kurz vor der Wahl - die Sau "Innere Sicherheit" durchs Dorf, um seine Stammwähler zu bedienen, kritisiert die Landtagskandidatin der Partei Die Linke, Anna Conrads. Mit der Forderung nach mehr Videoüberwachung suggeriere Rüttgers im Vorfeld der Landtagswahl NRW 2010 mehr Sicherheit, "die de facto dadurch nicht geschaffen wird". Bei der CDU ist eine lange Tradition, mit dem Wahlkampfthema Innere Sicherheit ängstliche, konservative Wählerschichten an die Wahlurne zu bringen und erneut CDU zu wählen, obwohl sie es aus anderen Gründen möglicherweise nicht täten.

Videoüberwachung verhindert laut Conrads keine Straftaten, "sie verdrängt sie allerhöchstens in andere Bereiche der Stadt". Eine Studie des Innenministeriums Großbritanniens aus dem Jahr 2002 komme zum Ergebnis, dass Videoüberwachung einen sehr geringen oder gar keinen Effekt auf die Kriminalitätsrate habe.

Conrads: Weniger Innere Sicherheit

Nach Darstellung von Conrads wurde in Nordrhein-Westfalen die Innere Sicherheit sogar verringert: So sei in den vergangenen 15 Jahren die Präsenz von Personal in S-Bahnstationen, Untergrund- und Straßenbahnstationen massiv verringert worden.

"Schwarzen Sheriffs"

Der Einsatz von "schlecht bezahlten und ausgebildeten Schwarzen Sheriffs", die oft selbst wiederum durch ihr Auftreten massive Unsicherheiten auslösen, ist nach Auffassung der NRW-Politikerin ein "untauglicher Ersatz".

Ihr Vorschlag: "Bauliche Maßnahmen wie bessere Beleuchtung, Transparenz und Übersichtlichkeit erhöhen das subjektive Sicherheitsgefühl, ohne in die Grundrechte einzugreifen ebenso wie der Einsatz von gut ausgebildetem Personal." Die Videoüberwachung hingegen treffe alle Bürgerinnen und Bürger in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

FDP für mehr Polizsten in zivil

Auch die FDP gibt sich im Wahlkampf wie gewohnt grundrechtsorientiert und weist den populistischen Wahlkampfschlager von Ministerpräsident Rüttgers nach einer Ausweitung der Videoüberwachung zurück. "Kameras schaffen nur scheinbar Sicherheit, denn einen Straftäter festnehmen oder von seiner Tat abhalten können sie nicht", sagte FDP-Generalsekretär Joachim Stamp.

Ausufernde Videoüberwachung sei ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger, so Stamp. Für mehr Sicherheit brauche man mehr Polizeipräsenz an Brennpunkten. Und: "Dabei müssen sowohl uniformierte wie auch Kräfte in zivil eingesetzt werden", so Stamp.

Stegner und Pau kritisieren Videoüberwachung privater Wohnungen

"Wir wollen keinen Überwachungsstaat"

Der schleswig-holsteinische SPD-Chef Ralf Stegner sieht die geplante Videoüberwachung privater Wohnungen durch das Bundeskriminalamt (BKA) skeptisch. Zwar gebe es diese Norm in manchen Polizeigesetzen der Länder schon, zum Beispiel in Schleswig-Holstein, aber mit so hohen Hürden, dass sie noch nie angewandt worden sei, sagte Stegner am Montag im Deutschlandfunk. Voraussetzung sei, dass eine Gefahr für Leib und Leben bestehe.

Er könne sich nicht vorstellen, "dass das regelmäßige Praxis werden könnte": "Wir wollen keinen Überwachungsstaat." Stegner forderte, den Gesetzenwurf sorgfältig zu prüfen und dabei die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu beachten.

Die stellvertretende Fraktionschefin der Linkspartei, Petra Pau, kritisierte im Deutschlandradio Kultur, das Gesetz sei ein "Kompromiss gegen die Bürgerinnen und Bürger, gegen ihre Grund- und Freiheitsrechte". "Hier muss ein Stoppschild gesetzt werden und nicht erst wieder vor dem Bundesverfassungsgericht."

Am 21. Apr. 2008