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Biobaumwolle ist konkurrenzfähig mit Gentech-Anbau

Langzeitversuch in Indien zeigt:

Biobaumwolle liefert zwar weniger Ertrag als gentechnisch veränderte Baumwolle, aber die tieferen Produktionskosten machen die biologische Baumwollproduktion dennoch rentabel. Das Ergebnis hängt jedoch stark von den Umweltbedingungen ab, namentlich vom Wetter. Dies geht aus einem Langzeitversuch in Indien hervor, der von einem Expertenteam des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) und der lokalen Bauernvereinigung bioRe Association durchgeführt wurde. Die Ergebnisse dieser Studie sind jetzt in der Online-Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht worden.

Baumwolle, die wichtigste Faserpflanze für die Herstellung von Textilien, ist weltweit hinsichtlich Pestizideinsatz und Bewässerung eine der intensivsten Kulturen. Vor diesem Hintergrund wurde die gentechnisch veränderte Baumwolle entwickelt (Bt Baumwolle), welche Schutz vor dem wichtigsten Baumwollschädling geben soll: dem Baumwollkapselbohrer. In Indien wird mehr als 99 Prozent Gentech-Baumwolle angebaut, vor allem von Kleinbauern. Dagegen ist die Produktion von biologischer Baumwolle verschwindend klein. Sie macht momentan gemäss der globalen Statistik von FiBL 111‘000 Tonnen aus, rund 0,6 Prozent der gesamten indischen Baumwolleproduktion. Wie produktiv und rentabel ist die biologische Baumwollproduktion in Indien aber wirklich? Dieser Frage gehen FiBL-Forscher seit 2007 in einem einzigartigen Forschungsprogramm nach: dem Langzeit-Systemvergleich in den Tropen (siehe unten).

14 Prozent tiefere Erträge, 38 Prozent tiefere Produktionskosten

Der Langzeitversuch in Indien hat ergeben, dass biologische Baumwollproduktion trotz tieferem Ertrag rentabel sein kann. In der Beobachtungsperiode 2007 – 2010 waren die Erträge der Biobaumwolle im Durchschnitt 14 Prozent tiefer als bei der konventionellen Baumwolle. Ökonomisch betrachtet schnitten die biologischen und konventionellen Systeme aber gleich gut ab: biologische Landwirte haben nach Abzug der 38 Prozent tieferen Produktionskosten gleich viel in der Tasche wie ihre konventionellen Kollegen. Somit kann Biobaumwolle mit weniger Kapital produziert werden, was die Abhängigkeit von Krediten und die Gefahr von Schulden reduzieren kann. Die Produktion von konventioneller Baumwolle ist teurer wegen erhöhten Kosten für chemische Dünger, Pestizide und gentechnisch verändertem Saatgut.

Baumwolle wird aber nicht jedes Jahr auf der gleichen Fläche angebaut, denn für die nachhaltige Produktion braucht es eine gesunde Fruchtfolge. Im Jahr nach der Baumwolle werden Soja und Weizen angebaut. Die Resultate zeigen, dass die Erträge von Soja und Weizen in den biologischen Produktionssystemen zwar 7 und 15 Prozent tiefer waren, aber die um 66 und 49 Prozent tieferen Produktionskosten führten zu vergleichbarer (Weizen) oder sogar leicht höherer (Soja) Rentabilität pro Fläche in den Biosystemen.

Zusammenschluss der Produzenten ist wichtig

Agrarsystem-Forscher Christian Andres vom FiBL wertet die Erkenntnisse der Auswertung als positiven Beitrag zur Weiterentwicklung des biologischen Baumwollanbaus in Indien. „Da die Baumwollproduktion sehr intensiv ist, waren die leicht tieferen Erträge in den biologischen Systemen für uns keine Überraschung. Es gibt aber nur wenige Daten zur Rentabilität der biologischen Baumwollproduktion. Die Studie unterstreicht die Wichtigkeit von Institutionen wie bioRe, welche als Dachverband der Bauern fungiert. bioRe organisiert die Zertifizierung und die Beratung der Bauern, kauft deren Baumwolle mit einem Aufpreis von 15 Prozent auf den konventionellen Marktpreis und kümmert sich um die Verarbeitung und den Export“, sagt Andres.

Das Autorenteam weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass weitere Forschung erforderlich ist. Zum einen sind die publizierten Resultate in der Umstellungsphase auf den Biolandbau erhoben worden. Daten von weiteren Jahren werden genauere Einblicke in die Langzeit-Produktivität und -Rentabilität der verschiedenen Systeme geben. Zum anderen muss man die Effekte der verschiedenen Produktionssysteme auf den Boden und die Umwelt, sowie die Qualität der Produkte genauer untersuchen. Diese Erkenntnisse sind notwendig, um biologische Bauwollproduktionssysteme hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit zu optimieren und zu fördern. Interessant ist auch die Frage, ob der Biolandbau dank steigender Bodenfruchtbarkeit produktiver werden wird. Solche Effekte wurden vor allem in den gemässigten Klimazonen in Europa und den USA gemessen. Ob sie auch in den Tropen mit völlig anderen Boden- und Klimabedingungen zutreffen, wird sich in 5 Jahren zeigen.

Das Projekt Systemvergleiche in den Tropen (SysCom)

Diese Studie wurde im Rahmen des Projektes zu Systemvergleichen in den Tropen („Systems Comparison in the Tropics“, SysCom) durchgeführt, welches von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), dem Liechtensteinischen Entwicklungsdienst (LED), dem Coop Fonds für Nachhaltigkeit und der Biovision Stiftung für ökologische Entwicklung finanziert wird. Neben Indien sind Bolivien und Kenia weitere Projektstandorte. Ziel des Systemvergleichs ist es nicht nur, solide Daten über den Nutzen des Biolandbaus in den Tropen zu erarbeiten, sondern auch den oft ideologisch geführten Diskurs über seine Wirksamkeit mit Hilfe von wissenschaftlichen Grundlagen zu versachlichen.

Die Studie

Forster D, Andres C, Verma R, Zundel C, Messmer MM, et al. (2013) Yield and Economic Performance of Organic and Conventional Cotton-Based Farming Systems – Results from a Field Trial in India. PLoS ONE 8(12): e81039. doi:10.1371/journal.pone.0081039

Die Studie kann kostenlos unter dem folgenden Link heruntergeladen werden:
http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0081039
(Online Artikel)
http://www.plosone.org/article/fetchObject.action?uri=info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0081039&representation=PDF