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Wehrpflicht nur noch "Schnupperkurs" für Längerdienende

Untauglichen-Quote verdoppelt

Die allgemeine Wehrpflicht wurde faktisch "aufgegeben", kritisiert Barbara Kramer - die Vorsitzende der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer (ZS-KDV). Durch das Gesetz sei der Anteil der "nicht verwendungsfähigen" Wehrpflichtigen mehr als verdoppelt worden. Das heißt, dass es viel mehr Wehrfähige gibt, als die Bundeswehr braucht. Um den realen Bedarf zu erreichen, sind daher Untauglichkeitsgrad erhöht und Verheiratet von dem Kriegsdienst ausgeschlossen worden. Trotz der Überbesetzung könnten weiter 17-Jährige zur Bundeswehr. Die Wehrpflicht fungiere nur noch als "Schnupperkurs" für Längerdienende, kritisiert die ZS-KDV. Und forder die Abschaffung der Wehrpflicht.

Seit dem 1. Oktober können auch im "Verteidigungsfall" nur noch Männer unter 30 Jahren einberufen werden. Weiter kann jeder, der verheiratet ist, nicht mehr einberufen werden. Die Kritierien für die Verwendungsfähigkeit sind erheblich verschärft worden. Der Anteil der nicht Tauglichen ist dadurch um 100 Prozent erhöht von 15 auf 33 Prozent angestiegen. Weniger als zehn Prozent der Männer eines Jahrgangs würden tatsächlich gebraucht, so die Zentralestelle. Von 415.000 Männern müssten nur 40.000 ihren Grundwehrdienst leisten.

Die Wehrpflicht richte sich somit nur noch an alleinstehende Männer. Diese familiär ungebundenen Männer seien das Ziel der Bundeswehr, kritisiert die ZS-KDV. Vor allem an jungen Männer habe das Militär Interesse. Das Mindestalter ist in dem geänderten Wehrpflichtgesetz nicht auf 18 Jahre erhöht worden, wie dies international eigentlich als Standard gefordert wird. Junge 17-Jährige ließen sich schnell gewinnen und blieben oft als Berufssoldaten, heißt es im Bericht des Vorstandes der Zentralstelle KDV zu deren Mitgliederversammlung. Weiter selektierten die Tauglichkeits-Kriterien so, dass Grundwehrdienstleistende auch als Zeit- und Berufssoldaten in Frage kämen. "Schnupperkurs" nennt die ZS-KDV das, denn alle Grunddienstleistenden müssten den Anforderungen für Auslandseinsätze erfüllen - die neue Haupt-Aufgabe der Bundeswehr.

Aus einer faktischen Abschaffung der Wehrpflicht soll eine formale gesetzliche werden, fordert die ZS-KDV und richtet sich konkret an die SPD. Die SPD will am 11. November auf einem Fachkongress über ihre Stellungnahme zu diesem Themen beraten. Damit wird sie als großer Partner in der Regierungskoalition die parlamentarischen Entscheidungen maßgeblich beeinflussen.

Gegner einer Abschaffung der Wehrpflicht berufen sich auf die Wichtigkeit des Zivildienstes für die Gesellschaft. Mit dem wegfallenden Kriegsdienst würde auch der Zivildienst wegfallen. "Man kann nicht am Wehrdienst festhalten, weil man den Zivildienst braucht", verurteilt Kramer die Argumentation. Mehrere Untersuchungen hätten die Notwendigkeit des Zivildienstes als Zwangsdienst widerlegt. Neben einer Stärkung der Zivilgesellschaft würden auch Arbeitsplätze geschaffen. So sind aus Zivildienststellen in Hannover Ausbildungsplätze oder Teil- bzw. Vollzeitstellen geworden.

Mit einer Abschaffung der Wehrpflicht würde die Bundeswehr nicht wegfallen oder gefährdet, erklärt die ZS-KDV. Eine Berufsarmee von 220.000 Soldaten genüge vollkommen. Zusätzlich seinen Zeit- oder Berufssoldaten viel motivierter und würden ihren Aufgaben eher gerecht als zwangsverpflichtete junge Männer.