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Schröder möchte über Steuer auf Finanztransaktionen diskutieren

"Tobin-Steuer"

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos den Vorschlag des französischen Präsidenten Jacques Chirac unterstützt, eine Steuer auf internationale Finanztransaktionen zu erheben. Der Vorstoß orientiert sich an der von Globalisierungskritikern immer wieder geforderten "Tobin-Steuer", die nach ihrem Erfinder, dem Wirtschaftsnobelpreisträger James Tobin, benannt ist. Wie der "Tagesspiegel" unter Berufung auf Regierungskreise schreibt, befürwortet Schröder, den Vorschlag im Kreise der G-7-Industrienationen "zu diskutieren". Einer sinnvollen Belastung von internationalen Finanzströmen stehe der Kanzler aufgeschlossen gegenüber, um spekulativen Devisenhandel zu bekämpfen, schreibt die Zeitung. Regierungssprecher Thomas Steg und der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Jörg Müller, betonten unterdessen, dass eine solche Steuer nur "eine Möglichkeit" zur Finanzierung globaler Entwicklungsziele darstelle.

Chirac hatte per Videobotschaft an das Weltwirtschaftsforum vorgeschlagen, eine Steuer (Tobin-Tax) auf Finanzgeschäfte zu erheben. Selbst bei einem Satz von nur 0,1 Prozent könnte dies jährlich 10 Milliarden Dollar (8 Milliarden Euro) erbringen. Nach Angaben der "Financial Times Deutschland" soll die von Chirac vorgeschlagene Steuer "auf der freiwilligen Zusammenarbeit der internationalen Finanzmärkte beruhen".

Ferner sollen nach den Vorstellungen Chiracs Solidaritäts-Steuern auf das bisher von Abgaben befreite Flugbenzin und auf Schiffs-Treibstoffe erhoben werden. Eine freiwillige Abgabe auf Flugtickets von einem Dollar könnte zu Einnahmen von 3 Milliarden Dollar führen. Länder mit Bankgeheimnis sollten zudem einen solidarischen Ausgleich für Steuerfluchtgelder zahlen.

Finanzstaatssekretär: "Das braucht viel Zeit"

Der deutsche Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser zeigte sich gegenüber der Financial Times Deutschland skeptisch gegenüber Chiracs Vorschlag einer Abgabe auf Devisentransaktionen. Koch-Weser sagte, Deutschland arbeite bei der Armutsbekämpfung mit Frankreich und Großbritannien zusammen. Die Umsetzung der Vorschläge sei aber "nicht über Nacht zu machen, das braucht viel Zeit".

Attac: "Nun nicht gleich wieder Einschränkungen und Vorbehalte

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac sieht in den jüngsten Äußerungen von Bundeskanzler Gerhard Schröder zur Besteuerung von Finanztransaktionen ein positives, aber nicht ausreichendes Signal. "Dass die Regierung ihre Blockade gegen die Tobin-Steuer aufgibt, macht Hoffnung", sagte Peter Wahl von Attac. "Nun sollte sie nicht gleich wieder durch Einschränkungen und Vorbehalte bremsen."

Die Steuer auf Devisengeschäfte ist die wichtigste Forderung von Attac. "Die Tobin-Steuer ist ein Schlüssel, um spekulationsbedingte Finanzkrisen zu verhindern und zugleich Gelder für Armutsbekämpfung und Entwicklung zu generieren", sagte Wahl. Die Parlamente in Frankreich und Belgien haben bereits die europaweite Einführung der Steuer gefordert. Auch das Bundesentwicklungshilfeministerium halte die Steuer in einer Studie für machbar und sinnvoll, doch das Finanzministerium habe diese Pläne bisher blockiert, so Attac.

Bereits im vergangenen Jahr habee Jacques Chirac vor der UN breite Unterstützung für seinen Vorschlag internationaler Steuern - unter anderem auf Treibhausgase, Devisentransaktionen und Waffenhandel - erhalten. Beim Weltsozialforum, das derzeit im brasilianischen Porto Alegre stattfindet, möchte Attac gemeinsam mit anderen Bewegungen daran arbeiten, weltweit den Druck zu erhöhen. "Es ist gut, dass immer mehr Regierungen die Notwendigkeit internationaler Steuern anerkennen. Doch nun müssen den Worten auch Taten folgen", sagte Attac-Finanzmarktexperte Philipp Hersel in Porto Alegre.

Die von Chirac vorgeschlagenen Steuern könnten auch unilateral von der EU eingeführt werden, meint die Organisation. Es gebe also keinen Grund, untätig zu bleiben, wenn mit den USA kein Konsens zu erzielen sei, erläuterte Hersel die Ergebnisse der internationalen Attac-Debatten in Porto Alegre.

Die Tobin-Steuer

Die Tobin Tax ist eine Devisenumsatzsteuer (currency transaction tax - ctt) auf alle Geldwechselgeschäfte, die diese weniger lukrativ machen und damit die Überliquidität der Devisenmärkte abbauen würde.

Gleichzeitig würden international große Geldmengen eingenommen, die in Entwicklungsprogramme fließen könnten. Das Volumen der täglichen Devisentransaktionen beträgt über 1400 Milliarden US-Dollar. Mindestens 80 Prozent davon haben eine Laufzeit von weniger als 7 Tagen, entbehren also einer realwirtschaftlichen Grundlage und spekulieren einzig auf Renditen durch Wechselkursschwankungen.

Nach Auffassung von Attac bewirken sie "damit eine Instabilität der Finanzmärkte und führen zu Währungkrisen, die für die Länder des globalen Südens einen verschärften Bedarf an Devisen bedeuten, dem sie nur durch forcierte Ausbeutung von Mensch und Natur begegnen können. Die Tobin Tax gäbe diesen Ländern mehr Spielraum zu eigenständiger Entwicklung und zur Bekämpfung von Armut."