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Klage für saubere Luft in der "schmutzigsten deutschen Stadt"

"Weiteres Nachdenken"

Nach Messungen des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz überschritt München am Ostersonntag mit 58 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft den geltenden Grenzwert von 50 Mikrogramm an der Landshuter Allee zum 36. Mal in diesem Jahr. Damit ist die bayerische Landeshauptstadt nach Auffassung der Deutschen Umwelthilfe nicht nur die "schmutzigste deutsche Stadt", was den Feinstaub angeht. München verstoße mit den Grenzwertüberschreitungen zudem gegen geltendes EU-Recht. Am vergangenen Freitag hatten die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) und der Bund Naturschutz (BN) der Stadt München und der Regierung von Oberbayern eine letzte Frist für die Einleitung kurzfristiger Maßnahmen gesetzt. Doch es sei nichts geschehen. Im Gegensatz zu anderen belasteten Städten wie Düsseldorf und Dortmund, die zum Schutz ihrer Bürger Fahrverbote für dieselbetriebene Lkw verhängten, verweigere sich München dem Gesundheitsschutz seiner Bürger.

Die Deutsche Umwelthilfe möchte über ihren Anwalt Dr. Remo Klinger noch diese Woche im einstweiligen Verfügungsverfahren Sofortmaßnahmen zum Gesundheitsschutz der Münchner Bürger beim Münchner Verwaltungsgericht beantragen. "So ist beispielsweise eine sofortige Sperrung des Mittleren Rings sowie weiterer Teile des Münchner Stadtgebiets für den Schwerlastverkehr denkbar", heißt es in einer Pressemitteilung. "Eine weitere sinnvolle und durchsetzbare Maßnahme ist ein Fahrverbot für Diesel-Pkw ohne Partikelfilter", meint Jürgen Resch, Geschäftsführer der Umwelthilfe.

Staatsregierung und Stadt: "Weiteres Nachdenken"

Schwere Vorwürfe richtet die Umwelthilfe gegen die bayerische Staatsregierung und die Stadt München, die "konzeptlos" vor "Aktionismus" warnten, ein weiteres "Nachdenken" für Mitte April ankündigten "und dann erst einmal in den Osterurlaub fuhren". Die verantwortlichen Politiker ließen die Münchner Bürger mit ihrer vergifteten Luft allein. "Es ist Skandal, wie die Staatsregierung einmal mehr vor der Autoindustrie kuscht. Die Umweltverbände müssen nun sogar die Einhaltung von Recht und Gesetz auf dem Klagewege durchsetzen", so Resch.

Mit ihrer Klage gegen die Stadt München und die Regierung von Oberbayern will die Umwelthilfe erreichen, dass beispielsweise die Durchfahrt für Lkw in der Landshuter Allee zeitlich beschränkt oder vollständig unterbunden wird: "Weil die Mehrzahl der Dieselfahrzeuge, auf die die Feinstaubbelastung zurückzuführen ist, die Landshuter Allee als Durchfahrtsstraße nutzen, braucht man dort nur ein Durchfahrtsverbotsschild für Lkw aufzustellen", meint Rechtsanwalt Klinger, der die Interessen des Anwohners Dieter Janecek vertritt.

"Schwarze-Peter-Spiel" und "langfristige Maßnahmen"

Gleichzeitig will Klinger "das Schwarze-Peter-Spiel" von Bund, Ländern und Gemeinden beenden, die sich gegenseitig die Verantwortung zuschöben, wenn es um konkrete Maßnahmen gehe. "So fordert zwar die Stadt München ein Fahrverbot für Lastwagen, der Kommune seien aber die Hände gebunden, weil die Bezirksregierung im Verbund mit dem Umweltministerium klare Konsequenzen blockiere." Klinger hält das für eine Ausrede: "Die Städte können sehr wohl unter Anwendung des ihnen zur Verfügung stehenden straßenverkehrsrechtlichen Instrumentariums unmittelbar und unverzüglich Maßnahmen treffen. Sie können nicht sagen: Wir bekommen die Genehmigung so und so nicht, deshalb versuchen wir's erst gar nicht. Wenn die Stadt etwas will und die obere Behörde das untersagt, muss die Stadt halt bitte schön gegen die Behörde vorgehen."

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, wandte sich trotz des Staub-Alarms in den Städten gegen "Hysterie". Er forderte "langfristige Maßnahmen" wie Rußfilter für Diesel-Fahrzeuge. Dies habe die Industrie nicht schnell genug umgesetzt.

Nach Angaben der Umweltschutzorganisation BUND wird beim Aufstellen von Feinstaub-Messstationen in einigen Städten "geschummelt". In der EU-Richtlinie sei festgeschrieben, dass die Messstationen dort aufgestellt werden müssen, wo hohe Belastungen auftreten, sagte BUND-Verkehrsexperte Tilmann Heuser am Dienstag. Dies sei häufig an Hauptverkehrsstraßen der Fall. In einigen deutschen Städten seien die Messstationen jedoch "nicht optimal platziert". Ein Beispiel dafür sei Köln. Der BUND prüfe gerade, wie juristisch gegen die Trickserei vorgegangen werden könne.

Unter Feinstaub werden kleinste, mit bloßen Auge nicht wahrnehmbare Partikel verstanden. Für die Gesundheit besonders gefährlich sind Feinstäube mit einer Größe von 2,5 Mikrometern (Millionstel Meter). Eine hohe Feinstaubbelastung wird häufig an Hauptverkehrsstraßen gemessen. Die Partikel sind unter anderem in Dieselruß enthalten und entstehen auch durch Reifenabrieb.

Feinstaub kann vom menschlichen Körper nicht herausgefiltert werden. Er gelangt über die Atemwege in die Lungenblättchen und über das Blut in viele Organe des Körpers. Erhöhte Partikelkonzentrationen in der Luft können wissenschaftlichen Studien zufolge Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Versagen und Lungenkrebs auslösen. Als besonders gefährdet gelten Menschen mit geschwächtem Immunsystem, Kinder und ältere Leute.