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Spekulationen um Bundesminister für eine große Koalition

Schröders Rückzug

Der Beginn der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD am Montag heizt die Debatte um Minister und Ziele einer künftigen schwarz-roten Bundesregierung an. Die scheidende Familienministerin Renate Schmidt (SPD) und SPD-Vorstandsmitglied Kerstin Griese forderten ihre Partei auf, den Verzicht auf das Familienressort durch harte inhaltliche Positionen in den Gesprächen mit der Union auszugleichen. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) warnte indes vor einem Scheitern der Verhandlungen, sollte sich die Union mit ihren Forderungen nach weitergehenden Reformen nicht durchsetzen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) äußerte sich unterdessen erstmals öffentlich zu Spekulationen über seinen Rückzug aus der Regierung.

Auf einer Tagung des Verbandes der Deutschen Maschinen- und Anlagenindustrie in Berlin sagte Schröder am Dienstagabend mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen, er wolle mithelfen, dass die unter Rot-Grün begonnenen Reformen in einer neuen Regierung fortgesetzt würden. "So verstehe ich die Aufgaben, die man auch dann noch hat, wenn man der nächsten Regierung nicht mehr angehören wird", sagte der Kanzler.

Finanzen, Bau und Verkehr, Arbeit & Soziales und Umwelt

Der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) soll laut "Rheinische Post" nach dem Willen des SPD-Präsidiums das Bundesfinanzministerium übernehmen. Kanzleramtsminister Frank-Walter Steinmeier solle künftig Minister für Bau und Verkehr werden. Die Mehrheit in der SPD-Führung gehe inzwischen davon aus, dass sich auch Parteichef Franz Müntefering nicht mehr dem neuen Kabinett entziehen könne. Sollte Müntefering nicht ins Kabinett gehen, habe der frühere niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel Chancen auf das Amt des Arbeits- und Sozialministers, schreibt das Blatt. Laut "Tagesspiegel" will Müntefering Gabriel jedoch als Umweltminister durchsetzen.

Auswärtiges Amt

Nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" gilt Steinmeier dagegen als Kandidat für das Amt des Außenministers in einer großen Koalition. Der 49-jährige Sozialdemokrat solle aber nicht zugleich Vizekanzler werden, hieß es laut Zeitung in Parteikreisen. Hierfür kommt den Informationen zufolge entweder Müntefering in Frage, sofern er als Arbeitsminister ins Kabinett wechselt. Zugleich gelte Müntefering als Fraktionschef aber als unverzichtbar. Andernfalls könnte Steinbrück als Finanzminister Vizekanzler werden, hieß es.

"Aufbau Ost", Verkehr, Bau und Wohnungswesen

Bei einer großen Koalition von Union und SPD bleibt die Zuständigkeit für den Aufbau Ost bei einem von Sozialdemokraten geführten Ministerium. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus, (CDU), sagte der "Leipziger Volkszeitung", "dass das Ministerium Verkehr, Bau und Wohnungswesen wie bisher auch den Bereich Osten mit integrieren soll". Unabhängig davon könne aber "eine koordinierende Aufgabe" im Bundeskanzleramt neu organisiert werden.

Althaus war im Kompetenzteam von Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU) für die Bund-Länder-Koordination des Aufbaus Ost zuständig und will sich darum auch zukünftig kümmern. Als Kandidat der SPD für das Verkehrs-Ressort und damit für die Nachfolge von Manfred Stolpe gilt laut Zeitungsbericht unter anderem Thüringens SPD-Partei- und Fraktionschef Christoph Matschie.

Familie

Der voraussichtliche Wechsel der niedersächsischen Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) als Bundesfamilienministerin gerät offenbar ins Wanken. Nach Berichten der "Neuen Osnabrücker Zeitung" und der "Neuen Presse" Hannover wird die Politikerin mittlerweile in den eigenen Reihen in Frage gestellt. So seien am Dienstag in einer Sitzung der Landesgruppe Niedersachsen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erhebliche Zweifel daran geäußert worden, ob die 47-jährige Ärztin am besten die Union dieses Bundeslandes im Kabinett einer großen Koalition vertreten könne.

Laut "Neue Presse" wird Leyen vorgeworfen, sie habe sich in den vergangenen zwei Jahren nicht einmal bei den niedersächsischen CDU-Abgeordneten in Berlin blicken lassen. Ein Abgeordneter habe die Befürchtung geäußert, dass Leyen "schon bald nichts mehr mit Niedersachsen am Hut haben" werde, wenn sie erst einmal Bundesministerin sei. "Die Niedersachsen-CDU braucht jemanden im Kabinett, dessen Gesicht auch künftig in Niedersachsen präsent ist", hieß es.

Verteidigung

Als Alternative zu Leyen sei der Außen- und Sicherheitspolitiker Friedbert Pflüger (CDU) ins Spiel gebracht worden, schreibt die "Neue Osnabrücker Zeitung". Der 50-jährige Hannoveraner, der Spitzenkandidat der Niedersachsen-CDU bei der Bundestagswahl am 18. September war, könnte der Zeitung zufolge Verteidigungsminister werden.

Der Bundeswehrverband hat den Verzicht der SPD auf das Amt des Verteidigungsministers in einer großen Koalition scharf kritisiert. Der Vorsitzende des Verbandes, Bernhard Gertz, sagte der "Berliner Zeitung", er glaube, die SPD habe auf das Ressort verzichtet, weil sie annehmen, "dass man mit Verteidigungspolitik keine Wahlen gewinnt". Das sei jedoch eine "ausgesprochen kurzsichtige Betrachtungsweise", betonte Gertz. Dabei habe die SPD mit dem scheidenden Verteidigungsminister Peter Struck "einen äußerst erfolgreichen Minister, der bei den Soldaten eine große Akzeptanz hat". Unter den Unions-Kandidaten, die derzeit für das Amt gehandelt würden, seien dagegen Namen, "die nicht gerade die erste Reihe verkörpern", sagte Gertz.

Der Interessenvertreter der Bundeswehr-Soldaten zeigte sich skeptisch, dass eine schwarz-rote Bundesregierung die Ankündigung von CDU-Chefin Angela Merkel wahrmachen und die materielle Auszehrung der Bundeswehr stoppen werde. "Das wird eine schwierige Übung", sagte Gertz: "Ein Finanzminister von der SPD wird auf einen Verteidigungsminister von der Union nicht so viel Rücksicht nehmen müssen", wie es jetzt der Fall zwischen Finanzminister Hans Eichel (SPD) und Struck gewesen sei.

Wirtschaft, Inneres

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) hat einen Zeitungsbericht dementiert, wonach die CSU neben dem Wirtschaftsressort auch noch das Bundesinnenministerium in der geplanten großen Koalition erhalten wird. Der "Münchner Merkur" berichtete, dass CDU-Chefin Angela Merkel dies Stoiber zugesagt habe.

Ein Stoiber-Sprecher bezeichnete dies als "frei erfunden". Für die Union seien erst zwei Posten in einer künftigen Bundesregierung festgelegt: Merkel als Kanzlerin und Stoiber als Wirtschaftsminister. Der Rest werde nach einem erfolgreichen Ende der Koalitionsverhandlungen verteilt, sagte er.