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Merkel für ökologische, konventionelle und Gentech-Landwirtschaft

Biogas, Biokraftstoffe & Windenergie

Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag die 72. Internationale Grüne Woche in Berlin eröffnet. Merkel erklärte, ökologische und industrielle Agrarproduktion seien miteinander vereinbar. Die Konfrontation zwischen traditioneller und ökologischer Landwirtschaft sei überwunden. Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer behauptete, aus der Vielfalt sei "eine positive Stimmung für die Bauern entstanden". In der Bio-Branche und den alternativen Energien sieht die Kanzlerin große Chancen für die Zukunft der deutschen Landwirtschaft. Die Dimension von Biogas, Biokraftstoffen und Windenergie dürfe nicht unterschätzt werden. Eine "tragfähige Lösung" forderte Merkel auch für die "Grüne Gentechnik", also für den Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen und Tiere in der Landwirtschaft.

Merkel sprach sich dafür aus, auf dem Gebiet der Grünen Gentechnik "nicht zu zögern". "Wir müssen die richtige Balance finden, dass wir uns nicht um wirtschaftliche Chancen bringen."

Merkel wandte sich auch an die Landwirte, die sich für das Geschäftsfeld erneuerbare Energien interessieren. Die Energieversorgung in ganz Europa bei gleichzeitigem Klimaschutz sei eine der größten Herausforderungen der EU, mahnte Barroso. "Wir brauchen eine gemeinsame Energiepolitik", forderte er. Die Bauern spielten dabei eine zentrale Rolle. Sie produzierten nachwachsende Rohstoffe für Bioenergie.

Seehofer zum Bio-Boom

Seehofer sprach mit der Süddeutschen Zeitung über den "Bio-Boom" in der Landwirtschaft. Als Verdienst der Vorgängerregierung will Seehofer diesen Boom nicht akzeptieren: In Deutschland gebe es eine lange Tradition des ökologischen Landbaus, und seit Anfang der neunziger Jahre fördere auch die EU diesen Anbau."Die Menschen sind wohlhabender geworden", behauptete der gut verdienende Minister, "achten auf ihre Gesundheit und kaufen mehr Bio-Produkte." Seehofer relativiert: "Trotzdem haben ökologische Lebensmittel einen Marktanteil von nicht mehr als drei Prozent."

Angesprochen auf die Frage, warum Bund und Länder die Förderung für Bio-Bauern reduzieren würden, antwortete der Agrarminister: "Der Ökolandbau ist nicht schlechter gestellt als andere. Wenn jetzt einige Bio-Bauern weniger gefördert werden, liegt das auch an der EU. Sie hat insgesamt Beihilfen gekürzt, wovon der ökologische Landbau nicht ausgenommen werden konnte." Der Bund werde den Ökolandbau "weiter fördern", so Seehofer. "Doch es stellt sich die Frage, warum sollte man einen boomenden Markt übermäßig fördern? Wenn die Bürger dauerhaft Ökoprodukte kaufen, werden sich Handel und Landwirte darauf einstellen."

Bayern: 190 Euro pro Hektar für Bio - 205 Euro für konventionelle Landwirtschaft

Auf die Frage, ob es der richtige Weg sei, dass in Bayern die Fördersumme pro Hektar von 255 Euro auf 190 Euro gesunken sei, während ein herkömmlicher Landwirt 205 Euro erhalte, antwortete der CSU-Politiker ausweichend: "Bayern hat für Acker- und Grünland nach wie vor die höchsten Fördersätze und die meisten Öko-Betriebe. Das steht auch für die Zukunft nicht in Frage. Außerdem fördert jedes Land seine Bauern nach seinen landestypischen Gegebenheiten. Es gibt gute Gründe, dies nicht bundeseinheitlich zu regeln."

Seehofer ist offenbar nicht der Auffassung, dass Deutschland wegen der Engpässe im Bio-Angebot einen Trend verschlafen habe: "Es gibt mehrere Gründe für die Engpässe. Dazu gehören auch witterungsbedingte Ernteausfälle." Der Minister lenkt den Blick von der Verantwortung der Politik auf die Bauern: "Unsere Landwirte sind bestimmt keine Schlafmützen, im Gegenteil, ich halte sie für sehr aufgeweckt. Sie passen sich schnell an, in den letzten Jahren gab es immer mehr Ökobetriebe."

Seehofer: Darum geht es nicht

Schließlich fragte die Süddeutsche: "Viele Verbraucher lehnen Genfood ab. Warum wollen Sie den Menschen diese Produkte schmackhaft machen?" Die Antwort des Ministers: "Darum geht es nicht. Der Verbraucher soll selbst entscheiden, was er essen will, und der Landwirt, wie er anbauen will. Wichtig ist, Wahlfreiheit und Koexistenz zu ermöglichen."

15 Prozent Zuwachs bei Bio

Die Bio-Anbauverbände verweisen anlässlich der "Grünen Woche" auf den aktuellen Boom. Die Zuwächse der Branche erinnern mit ihren Wachstumsraten an den Windenergie-Boom der 1990er Jahre.

Nach Angaben der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) verstärkt sich das Tempo des deutschen Umsatzwachstums mit Bioprodukten schon im dritten Jahr in Folge und "wird in zunehmendem Maße vom Mangel an verkaufsfähiger Ware begrenzt": Nach 15 Prozent Zuwachs im Jahr 2005 werde diese Marke 2006 vermutlich erneut übertroffen.

Tragende Säule des Bio-Wachstums sei nach wie vor der Naturkostfachhandel, der mit seiner wachsenden Produktvielfalt auf größeren Flächen auch Neukunden anspreche. Dies gelte "insbesondere für die boomenden Bio-Supermärkte": Mit 30 Standorten gebe es in Berlin bundesweit die höchste Dichte an Bio-Supermärkten.

Nach Auskunft von Verarbeitungsbetrieben und Bio-Großhändlern sei der Berlin-Brandenburger Fachhandel mit rund 18 Prozent erneut über dem Bundesdurchschnitt gewachsen. "Die Berlin-Brandenburger Bio-Bäcker verzeichnen durchschnittlich 4-5 Prozent Zuwachs, während der Absatz von Biofleisch- und Wurst erneut um mehr als 20 Prozent zunahm, wobei in Teilbereichen fehlende Verarbeitungskapazitäten einem größeren Wachstum entgegenstanden." Aufgrund der "regional ausgerichteten Handelsstrukturen und der ausgeprägten Bevorzugung regionaler Ware" durch die Bio-Kundschaft wie auch der Naturkosteinzelhändler könnte nach Auffassung des Verbandes "dieser Anteil deutlich höher sein, wenn ausreichend handelsfähige bzw. verarbeitete Produkte zur Verfügung stünden".

Besonders auffallend sei der Mangel an Verarbeitungsbetrieben. Während Rohstoffe wie Roggen und Rindfleisch in der Region grundsätzlich vorhanden seien, fehlten "veredelte Produkte" für die Regale des Berliner Bioladens. "Ob Tiefkühlgemüse, Pizza, Joghurt, Käse oder Marmelade: Hier schlummert für das strukturschwache Brandenburg noch ein riesiges Potenzial für Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Ländlichen Raum", vermutet der Verband.

FÖL: Brandburg will jetzt Mittelkürzung im Ökolandbau teilweise wieder zurückzunehmen

Diese Chance habe jetzt auch die Brandenburger Landesregierung erkannt und im November 2006 beschlossen, einen Teil der vorgesehenen Mittelkürzung im Ökolandbau zurückzunehmen. "Landwirtschaftsminister Dietmar Woidke folgte damit der Argumentation, dass der wachsende Biomarkt in Berlin eine einmalige Chance darstellt, um zusätzliche Arbeitsplätze und nachhaltige Wertschöpfung in der Region zu schaffen", heißt es in einer Mitteilung der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg.

FÖL: Brandenburg hat kaum Umstellungsbetriebe in der Pipeline

Ein wichtiges Signal sei auch die "Öffnung der Ökolandbauförderung für neue Umstellungsbetriebe" und die Flächenerweiterung bestehender Ökobetriebe. Das Aussetzen der Umstellungsförderung im Jahr 2004 war nach Auffassung des Verbandes "in Brandenburg einer der entscheidenden Faktoren, warum seitdem die Entwicklung der Anbaufläche in Brandenburg stagniert und Brandenburg derzeitig kaum Umstellungsbetriebe in der Pipeline hat, die den wachsenden Markt bedienen könnten".

Minister Woidke habe nun mit den zusätzlichen Mitteln ein "wichtiges politisches Aufbruchssignal" gegeben. Positiv sei auch, dass die Steuergelder aus Brüssel in Bereiche wie die Tierhaltung investiert würden, "die unmittelbar Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Ländlichen Raum schaffen".