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Demo-Verbot rund um Heiligendamm bleibt bestehen

Trotz verfassungsrechtlicher Bedenken

Das von der Polizei verhängte Demonstrationsverbot rund um den G8-Gipfel in Heiligendamm bleibt bestehen. Das Bundesverfassungsgericht wies am 6. Juni den Eilantrag von Organisatoren eines geplanten Sternmarsches ab. Die Karlsruher Richter äußerten zwar verfassungsrechtliche Bedenken an dem allgemeinen Versammlungsverbot in der bis zu sechs Kilometer breiten Bannmeile rund um das Seebad. Angesichts der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten lehnten sie es jedoch ab, den Sternmarsch per einstweiliger Verfügung zu ermöglichen.

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts "bestehen zwar erhebliche Zweifel an der Tragfähigkeit der Argumentation der Behörde und des Oberverwaltungsgerichts. Im Hinblick auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist es insbesondere verfassungsrechtlich bedenklich, den Schutzraum in der Nähe des Ortes des G8-Gipfels bis an die Grenze der Verbotszone II auszudehnen und ein absolutes Demonstrationsverbot in der gesamten Zone am Tage vor und während der Durchführung des Gipfels in erster Linie auf das von der Behörde entwickelte Sicherheitskonzept zu stützen."

Im Sicherheitskonzept der Behörden sei "an keiner Stelle" zu erkennen, dass auch Anliegen zur Durchführung friedlicher Demonstrationen eingeflossen seien, bemängeln die Verfassungsrichter.

Bundesverfassungsgericht: Extrem große Zahl gewaltbereiter Personen

Die Richter verwiesen jedoch zugleich auf die gewalttätigen Ausschreitungen seit dem Wochenende. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich gewaltbereite Personen an friedlich geplanten Protesten beteiligen. Nach Einschätzungen der Sicherheitsbehörden gelte dies auch für den geplanten Sternmarsch.

Angesichts "der extrem großen Zahl dieser gewaltbereiten und sogar als militant einzustufenden Personen" steht nach Auffassung des Verfassungsgerichts zu befürchten, dass es auch an den Tagen des Gipfeltreffens selbst zu gewalttätigen Ausschreitungen kommen würde. Es bestehe die Gefahr, dass der geplante Sternmarsch zu einem "besonderen Anziehungspunkt für militante Störer" werde. "Dem Gericht liegen keine Anhaltspunkte vor, nach der diese aktualisierte Einschätzung der Gefahrenlage offensichtlich fehlsam ist", so das Bundesverfassungsgericht.

Das "Sternmarsch-Bündnis" hatte die mit einem Eilantrag verbundene Verfassungsbeschwerde in der Nacht zum Montag eingereicht. Zuvor hatte bereits das Oberwaltungsgericht (OVG) in Greifswald das Versammlungsverbot bestätigt, nachdem es vom Verwaltungsgericht Schwerin zunächst teilweise aufgehoben worden war. Die Initiatoren des Sternmarsches verfolgten das Ziel, ihre Demonstration in Sicht- und Hörweite der Gipfelteilnehmer abhalten zu können. (AZ: 1 BvR 1423/07)

Sternmarsch-Bündnis: Gefühle von Staatsbesuchern wichtiger als Demonstrationsrecht gegen eine "ungerechte Politik"

Das Sternmarsch-Bündnis verwies in einer Stellungnahme darauf, dass auch Ersatzveranstaltungen außerhalb der Verbotszonen von dem "Totalverbot" betroffen seien. Damit sei faktisch eine dritte Verbotszone außerhalb des Zauns und der so genannten "Sicherheitszone" eingerichtet worden.

Laut Sternmarsch-Bündnis soll "die Sonderbehörde Kavala" in ihrer Verbotsbegründung angeführt haben, Delegierte könnten sich durch die "emotionale Nähe" von Protest "gestört fühlen". Gute Beziehungen zu anderen Staaten seien damit gefährdet.

Nach Auffassung der Anmelder der Demonstration ist das "ein einmaliger und skandalöser Akt gegen die Artikulation politischer Meinung. Die Gerichte erachten die Gefühle von Staatsbesuchern als wichtiger als das Recht gegen deren ungerechte Politik zu demonstrieren", so die Gegner des G8-Gipfels.

Als weitere Begründung werde in der Verbotsbegründung ein "polizeilicher Notstand" ins Feld geführt. Die Polizei habe mit 16.000 Beamten nicht genügend Kräfte, den Aufzug angemessen zu begleiten. Dem Sternmarsch-Bündnis werde eine generelle Blockade-Absicht unterstellt. Zugleich werde den VeranstalterInnen abgesprochen, mit der Demonstration die politischen Inhalte der globalisierungskritischen Bewegungen sichtbar machen zu wollen.

Dem widerspricht Susanne Spemberg vom Sternmarsch-Bündnis. Der weltweite Protest gegen das G8-Treffen mache deutlich, "dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung die Politik der G8 ablehnt". Es sei "politisch motiviert", den Widerstand vor Ort unsichtbar zu machen oder gar zu kriminalisieren. Die Polizei setze diese Entscheidung um, "nicht selten auf brutalste Art und Weise", so Spemberg.

Das Sternmarsch-Bündnis kündigte an, nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts keine weiteren Versammlungen mehr anzumelden. Das Bündnis geht offenbar davon aus, dass es dennoch zahlreiche Proteste geben wird: "Wir sehen uns ab jetzt in keinerlei Verantwortung mehr für den Ablauf von Aktionen und Demonstrationen. Der demokratische Weg wurde für uns geschlossen", so Spemberg.

Für Donnerstag seien neben den Blockaden des Block G8-Bündnisses "weitreichende dezentrale Aktionen" gegen das G8-Treffen angekündigt.