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"Vorbereiter der DDR" wird Vorstandssprecher der Großbank

Commerzbank

Mit der heutigen Hauptversammlung der Commerzbank scheidet Vorstandssprecher und Multiaufsichtsrat Martin Kohlhaussen aus seinem Amt und wird den Vorsitz des Aufsichtsrats der Großbank übernehmen. Nachfolger als Vorstandssprecher wird Klaus-Peter Müller, der mit der Abteilung "Vorbereitung DDR" das ostdeutsche Filialnetz der Bank aufbaute. Die oppositionelle Aktionärsgruppe um die Beteiligungsgesellschaft CoBRa hat auf der Commerzbank-Hauptversammlung ihre Sonderanträge gegen den Vorstand überraschend zurückgezogen.

Kohlhaussen wies Vorwürfe von Politik und Verbänden zurück, wonach sich die Commerzbank wie andere große Bankhäuser aus der Mittelstandsfinanzierung zurückgezogen habe. Das Institut habe entgegen solchen Meinungen unter mittelständischen Unternehmen laut einer Untersuchung der Zeitschrift "Impulse" in einer Zufriedenheitsskala die betonte Noten vor allen anderen Banken erzielt. Die Geschäftsbeziehungen zum Mittelstand seien gut.

Um Kohlhaussen einen Platz im Aufsichtsrat freizumachen, scheidet Wilhelm Werhahn aus dem Kontrollgremium des Vorstands aus. Aus der Einladung zur Hauptversammlung geht hervor, dass Kohlhaussen zahlreiche Mandate in anderen Großkonzernen wahrnimmt. So bei den Chemiekonzernen Bayer und Schering, beim Baukonzern Hochtief, bei der Infineon Technologies AG, bei der Karstadt Quelle AG und bei der Linde AG.

Kohlhaussen war fast 20 Jahre lang im Vorstand der Commerzbank und 10 Jahre lang ihr Sprecher. Trotz einiger Übernahmen und Wachstum konnte die Commerzbank während seiner Amtszeit ihre Stellung als drittgrößte Bank Deutschlands nicht halten. Eine geplante Fusion mit der Dresdner Bank kam nicht zustande.

Der Pfarrerssohn hält wenig von Visionen, wie er am 23. Juli 1994 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung bekundete: "Ich bin kein Visionär und will auch keiner sein. Alles Visionäre ist mir zu dicht am Illusionären. Ich halte dagegen sehr viel von der Beherrschung des Handwerkszeugs." Moral habe im Bankgeschäft nichts zu suchen: "Kapital darf sich nicht verplempern", sagte er. "Die Erträge deutscher Banken dürfen nicht nach moralisch-emotionalen Kategorien verurteilt werden, sondern müssen nach ökonomisch-rationalen Maßstäben beurteilt werden."

1993 hatte Kohlhaussen gemeinsam mit Hilmar Kopper von der Deutschen und Wolfgang Röller von der Dresdner Bank mit dem Verein "Wir Wirtschafts-Initiativen für Deutschland" Wahlkampfhilfe für Helmut Kohl gemacht. Der Bankier wandte sich Mitte der 90er Jahre gegen eine klimapolitisch motivierte Kohlendioxid-Steuer. Gleichzeitig berief er sich bei der Bewertung der Atomenergie auf den Klimaschutz: "Ich denke dabei vor allem an die Kernenergie, die - so meine ich - trotz aller Kontroversen einen entscheidenden Beitrag zum Abbau der ökologischen Belastungen leisten kann."

Kohlhaussens Nachfolger Müller durchlief zahlreiche Stationen in der Commerzbank. Den ersten beruflichen Einsatz absolvierte er 1966 in der Commerzbank-Filiale seiner Heimatstadt Düsseldorf. Drei Jahre später wechselte er in die New Yorker Niederlassung der Bank wo er zuletzt Mitleiter war. Bei seiner Rückkehr nach Frankfurt wurde er 1986 Leiter der Zentralabteilung für Firmenkunden.

Ab Februar 1990 übernahm Müller die neu gegründete Abteilung "Vorbereitung DDR". In dieser Funktion baute Müller mit seinem Team eine flächendeckende Präsenz von 130 Filialen in Ostdeutschland außerhalb Westberlins auf und verhalf der Commerzbank in den neuen Bundesländern zu einer ähnlich starken Marktstellung wie vor dem Krieg. Im November 1990 wurde er in den Vorstand berufen mit Zuständigkeit insbesondere für das International Banking. Regional ist er derzeit für das Geschäft in Nord- und Südamerika verantwortlich, zuvor auch noch für Mittel- und Osteuropa.

Müller gehört verschiedenen Aufsichtsräten in Deutschland, Belgien, Polen und den USA an.

Nach BVerwG-Urteil zu Kohls Stasi-Akten

Nach dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Umgang mit Stasi-Akten Prominenter mehren sich Stimmen für eine Novellierung des Stasi-Unterlagengesetzes. Mehrere DDR-Bürgerrechtler sprachen sich am Wochenende für Klarstellungen in dem Gesetz aus, um eine Begünstigung von Tätern auszuschließen. Andernfalls werde die Aufarbeitung der Stasi-Machenschaften erheblich behindert, warnten sie. Das Gericht hatte am Freitag entschieden, dass Stasi-Akten von Personen der Zeitgeschichte unter Verschluss bleiben müssen. Anlass war der Streit um die Stasi-Dokumente von Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU). Der Chef des Beirates der Stasi-Unterlagenbehörde, Richard Schröder, unterstrich: "Das Parlament ist jetzt gefragt." Der SPD-Politiker sprach sich für eine rechtliche Klarstellung aus, die "dazu führt, dass Akten der Personen der Zeitgeschichte - unter Ausschluss von Berichten über ihr Intimleben - Forschung und Öffentlichkeit weiter zugänglich gemacht werden können". Auf keinen Fall dürften von dem jetzigen Gerichtsurteil Personen profitieren, die Täter oder Begünstigte der Stasi waren, mahnte Schröder.

Auch der DDR-Bürgerrechtler Wolfgang Templin sagte: "Ich hoffe auf eine Änderung des Gesetzes, die weiter den Zugang zu den Stasi-Akten ermöglicht." Der ostdeutsche SPD-Bundestagsabgeordnete Markus Meckel äußerte sich kritisch über das Gerichtsurteil, räumte aber ein, dass das Stasi-Unterlagengesetz hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre offensichtlich nicht klar genug formuliert gewesen sei.

Als unnötig bewertet hingegen der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob eine Klarstellung des Gesetzgebers. Er wies den Verdacht zurück, dass alte DDR-Kader das Stasi-Unterlagengesetz nun zu ihrem Vorteil auslegen könnten. Nach den Worten Jacobs wird vielmehr die Arbeit der Gauck-Behörde durch das Gerichtsurteil kaum betroffen.

Die Kritik ostdeutscher Politiker an dem Urteil vom Freitag hielt auch am Wochenende an. Der frühere Chef der Stasi-Aktenbehörde, Joachim Gauck, beklagte, das Gericht habe "ein innovatives Gesetz, das der zeitnahen Aufklärung einer Diktatur dienen sollte, auf das klassische Maß zurückgestutzt". Es sei "fatal, dass sich nun hinter Kohls breitem Rücken auch viele alte DDR-Kader verstecken können." Gauck verteidigte zugleich die bisherige Praxis der Akten-Herausgabe der Stasi-Unterlagenbehörde. Die Privatsphäre der Opfer sei dabei immer respektiert worden.

Templin äußerte die Befürchtung, dass die Ostdeutschen das Urteil als "nachträgliche Demütigung empfinden", da der Eindruck entstehe, dass die Praxis der Gauck-Behörde erst jetzt gekippt werde, da die Akten von westdeutschen Politikern herausgegeben werden sollten. Für den Westen sei das Urteil ein "Signal, sich zurückzulehnen und das Desinteresse an der deutsch-deutschen Aufarbeitung zu pflegen". Der DDR-Oppositionelle und jetzige SPD-Bundestagsabgeordnete Stephan Hilsberg kritisierte, mit dem Urteil würden die alten Strukturen konserviert, statt offen gelegt.

Am 10-03-2002

Oberlandesgericht Wien entschied

Deutschland bekommt rund 110 Millionen Euro aus veruntreutem DDR-Vermögen zugesprochen. Das entschied das Oberlandesgericht Wien in einem der letzten Zivilrechtsprozesse um DDR-Vermögen, berichtet die "Berliner Zeitung" (Samstagausgabe). Die Geldsumme gehörte dem Bericht zufolge zum Vermögen der Ost-Berliner Firmengruppe "F. C. Gerlach". Das Gericht habe entschieden, dass dieses Unternehmen in Liechtenstein eine DDR-Staatsfirma gewesen sei und ihr Vermögen daher der Bundesrepublik zustehe. Die Richter wiesen damit auch in zweiter Instanz die Klage eines israelischen Staatsbürgers zurück, der das Geld zu sparen der Firma als sein von der DDR treuhänderisch verwaltetes Privatvermögen reklamiert hatte. Wie die Zeitung schreibt, war die Firma in der DDR in den Bereich Kommerzielle Koordinierung (KoKo) eingeordnet. Nach dem Fall der Mauer habe Firmenchef Michael Wischnewski einen Teil des auf Konten der Wiener Schoeller-Bank geparkten Firmenvermögens auf eine Briefkastenfirma in Liechtenstein übertragen.

Am 06-09-2002

Gedenkstätten-Chef

Mit heftiger Kritik hat der Direktor der Gedenkstätte im ehemaligen Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, auf das Programm des Ökumenischen Kirchentages reagiert. Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit werde fast völlig ignoriert, sagte Knabe dem "Berliner "Tagesspiegel". So gebe es keine einzige Veranstaltung zum Thema 17. Juni 1953. "Die Christen in der DDR standen damals unter massivem Verfolgungsdruck, dem insbesondere junge Christen zum Opfer fielen", sagte der Gedenkstättendirektor. Zur DDR-Vergangenheit finde sich im Programm des Kirchentages aber nur ein Forum.

Die Ursache für die Zurückhaltung sieht Knabe darin, dass viele Kirchenvertreter, die eine Aussöhnungspolitik mit dem SED-Regime vertraten, noch großen Einfluss in der Kirche besäßen. "Diese haben nur wenig Interesse an einer kritischen Aufarbeitung ihrer Vergangenheit", sagte der Wissenschaftler.

Der katholische Pressesprecher des Kirchentages, Theodor Bolzenius, wies Knabes Kritik zurück: "In der Vorbereitung des Kirchentages ist das Gedenken an die DDR-Vergangenheit als wichtiges Thema ausdrücklich gewollt gewesen", sagte er. Im Übrigen sei die Beauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, Mitglied im Präsidium des Kirchentages.

Am 28-05-2003