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Vereinte Nationen untersuchen deutsches Bildungssystem

"Chancengerechtigkeit"

Nach den PISA-Studien der Jahre 2000 und 2003 wird nun das deutsche Bildungssystem wieder unter die Lupe genommen. Der Sondergesandte der UN-Menschenrechtskommission Vernor Muñoz macht sich seit Montag vor allem ein Bild von den Bildungsmöglichkeiten von Kinder aus unteren Schichten. Bundesbildungsministerin Annette Schavan und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben entgegengesetzte Einschätzungen zur Chancengerechtigkeit in den deutschen Schulen und zur "Durchlässigkeit" zwischen den Schulformen.

Schavan bezeichnete den Zeitpunkt des Besuchs als günstig. Deutschland stecke derzeit in einer tief greifenden Reform seines Bildungswesens. Das deutsche Bildungssystem vermittele in den letzten Schuljahren eine "große Chancengerechtigkeit".

Die stellvertretende GEW-Vorsitzende Marianne Demmer warf der Ministerin vor, sie rede "die Verhältnisse schön". Deutschland sei bei der Chancenungleichheit immer noch Weltspitze, betonte Demmer. Die frühe Aufteilung zehnjähriger Kinder auf unterschiedliche Schulformen benachteilige Schüler, die auf Sonderschulen für Lernbehinderte und Hauptschulen geschickt würden, "allein durch den Besuch dieser Schulen". Jeder fünfte junge Ausländer in Deutschland erreiche nicht einmal einen Hauptschulabschluss. Jeder dritte Ausländer zwischen 20 bis 30 Jahren bleibe ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Dies sei ein Skandal. Auch die berufliche Ausbildung heile "die Wunden der Chancenungleichheit nicht", so Demmer.

Die Chancenungleichheit habe in den vergangenen Jahren weiter zugenommen. Das belegen nach Auffassung der Bildungsgewerkschaft die PISA-Studien 2000 und 2003. Verbessert hätten sich lediglich die leistungsstarken Schüler vor allem an den Gymnasien. In der deutschen PISA-Studie sei bereits 2001 darauf hingewiesen worden, dass auch Zwillinge sich unterschiedlich entwickelten, wenn sie eine Hauptschule oder ein Gymnasium besuchten.

Schavan sprach sich für ein "durchlässiges System der Schulformen" aus. Die Entscheidung für die weiterführende Schule nach Klasse 5 dürfe nicht die Entscheidung für einen bestimmten Schulabschluss sein. Man müsse das Augenmerk bei der Chancengleichheit jetzt noch mehr auf die ersten Bildungsjahre richten.

Die GEW sieht in einer derartigen "Durchlässigkeit zwischen den Schulformen" offenbar keinen Sinn, da diese in erster Linie in eine Richtung funktioniere: nach unten, in eine niedrigere Schulform, nicht jedoch nach oben in Richtung Realschule oder Gymnasium.