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Blackouts | Angst durch die Atomindustie

Verwirrende Berichterstattung um Blackouts

Seit Wochen versucht die Atomindustrie – allen voran RWE - Angst vor Blackouts in Deutschland zu schüren. Diese Woche gab es in einigen Medien Artikel, die behaupteten, selbst das Bundesumweltministerium würde Netzzusammenbrüche befürchten. Diese Darstellung ist aus der Luft gegriffen. Aufgebauscht wurde ein Bericht der Bundesnetzagentur (BNetzA). Diese spricht aber davon, dass sich derzeit "keine Hinweise auf akute Gefährdungen der Systemsicherheit durch das Moratorium" finden ließen. Man rät jedoch "dringend davon ab, kurzfristig weitere Abschaltungen über die 7+1 Kernkraftwerke hinaus anzuordnen, die nicht ausreichend mit den Übertragungsnetzbetreibern abgesprochen und mit einem hinreichenden planerischen Vorlauf versehen sind." Der vor dem Moratorium existierende Zeitplan und Umfang für Kraftwerksrevisionen solle "genau untersucht und eventuell umgestaltet" werden.

Infobrief 10/11: Hans-Josef Fell MdB

Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen

  • verwirrende Berichterstattung um Blackouts
  • Atomausstieg benötigt keine Gelder der öffentlichen Hand
  • Offener Brief an die Umweltminister aller Staaten
  • Erneuerbare-Energien-Kapazitäten überholen global Atomenergie

Die BNetzA handelt verantwortungsvoll, indem sie darauf achtet, dass sämtliche getroffenen Maßnahmen mit ihr abgestimmt werden sollen. Das ist selbstverständlich. Nur weil bei RWE, E.ON und Co gerade die Vorstandsboni durch den Ausstieg gefährdet werden, sollte sich der Rest der Republik nicht davor beirren lassen, vorweg zu gehen.

Wenn es eine Blackout-Gefahr gibt, dann in Japan. Der Betreiber des AKWs, Tepco, hat jetzt vorgeschlagen, dass ein 2007 stark beschädigtes Atomkraftwerk jetzt wieder anfahren sollte, um Strom zu erzeugen. Dies zeigt, dass Atomkonzerne nie unterschätzt werden sollen, wenn es um Lernresistenz geht.

Atomausstieg benötigt keine Gelder der öffentlichen Hand

Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung vom heutigen Freitag rechnet die Bundesregierung für den beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie mit Mehrkosten von bis zu 3 Mrd. Euro pro Jahr.

Diese Rechnung ist Falsch, denn erstens braucht der Atomausstieg keine öffentliche Finanzierung. Es ist vielmehr so, dass das Wachstum des Ökostroms aus privaten Mitteln finanziert wird. Allein im letzten Jahr wurden 26 Mrd. Euro an privatem Kapital in die erneuerbaren Energien investiert. Auch ein beschleunigter Ausbau der Erneuerbaren wird keine Gelder der öffentlichen Hand benötigen.

Zweitens werden die im Artikel der Süddeutschen Zeitung und anderen Pressemeldungen zitierten 3 Mrd. Euro in erster Linie für Klimaschutzmaßnahmen im Altbausektor verwandt und haben nichts mit dem Atomausstieg zu tun. Durch Einsparungen im Wärmebereich lässt sich kein Strom sparen. Deshalb ist es unseriös von der Bundesregierung Maßnahmen, die aus Gründen des Klimaschutz sowieso angezeigt wären und nichts mit dem Atomausstieg zu tun haben, als Kosten für den beschleunigten Atomausstieg zu verbuchen.

Darüberhinaus verschweigt die Bundesregierung die Chancen, welche sowohl der Atomausstieg als auch die Klimaschutzmaßnahmen für die deutsche Wirtschaft bieten. Der Kommentar in der Süddeutschen Zeitung von Nico Fried zeigt auf, wie die Bundesregierung durch ihr mantraartiges Warnen vor den Kosten die Energiewende diskreditieren will. Dabei würden die getätigten Investitionen vor allem dem deutschen Handwerk und der deutschen Industrie zugute kommen und damit Arbeitsplätze in Deutschland schaffen.

Offener Brief an die Umweltminister aller Staaten

Einen besonders eindrucksvollen Brief an die Umweltminister aller Staaten zu den Folgen der Atomkraft verfasste der Präsident der International Association of Lawyers against Nuclear Arms (IALANA), Vizepräsident a.D. des Internationalen Gerichtshofs und Founder Trustee des Weeramantry International Centre for Peace Education & Research C.G. Weeramantry . Mit klaren Worten hat er aus seiner umfangreichen Erfahrung eine ethische Anklagegegen die Betreiber und politisch Verantwortlichen der Atomenergie erhoben.

Erneuerbare-Energien-Kapazitäten überholen global Atomenergie

Am Mittwoch stellte Mycle Schneider bei einer Atomkonferenz der Böll-Stiftung seinen neuesten Weltstatusreport für die Atomenergie vor. Dem Report zu Folge ist die Kapazität der Atomkraftwerke in den letzten 20 Jahren nicht gestiegen. Ihr Anteil an der weltweiten Stromerzeugung sinkt bereits seit Jahren. Da die meisten Atomkraftwerke sehr alt sind und ihr Risiko mit jedem Betriebsjahr steigt, rechnet Schneider damit, dass die Zahl der Atomkraftwerke in den nächsten Jahren weltweit spürbar zurück gehen wird. Nach Fukushima wird es für die Anlagenbetreiber noch schwerer werden, Laufzeitverlängerungen für ihre Anlagen durchzusetzen. Bereits zugestandene Laufzeitverlängerungen stehen z.T. wieder auf der Kippe.

Die Atomenergie hat allen Durchhalteparolen zum Trotz ihren Höhepunkt überschritten. Es bleibt vor allem die Erinnerung an die Atomkatastrophen und der Atommüll.

Im Gegensatz zur Atomenergien haben die Erneuerbaren Energien ihre Zukunft vor sich. In den letzten Jahren haben vor allem die Windenergie und Solarenergie ein drastisches Wachstum hingelegt. Die installierten Erzeugungskapazitäten der Erneuerbaren Energien (ohne große Wasserkraft) habe jetzt erstmals weltweit diejenigen der Atomenergie überschritten. Bald wird dies auch für die Stromerzeugung zutreffen.

Weitere Neuigkeiten gibt es auch aus anderen Ländern. Taiwan hat angekündigt, vorerst keine weiteren neuen Atomkraftwerke zu bauen. Ich selbst hatte meine guten taiwanesischen Kontakte genutzt und an Umweltminister Shen appelliert, die Nutzung der Atomenergie nach Fukushima zu überdenken und besser noch sie ganz zu beenden.

Sogar in Frankreich kommt nun Bewegung in die Atomdebatte. So hat die Stadt Straßburg die Schließung des AKW-Fessenheim am Rhein verlangt. Der Beschluss, der sich auf die problematische Sicherheitslage von Fesselheim bezieht, ist einstimmig verabschiedet worden, auch mit den Stimmen der konservativen Parteikollegen von Präsident Sarkozy.

In Japan stellt ein Energieversorger ein bereits geplantes Atomkraftwerk zu Gunsten der Windenergie zurück und in Italien denkt Ministerpräsident Berlusconi darüber nach, das Moratorium für den Bau von Atomkraftwerken auf zwei Jahre zu verlängern. Womöglich haben die italienischen Fischer und die Tourismuswirtschaft mittlerweile verstanden, welche Risiken auf sie zukämen. Dolce Vita und Atomenergie passen eben nicht zusammen.

Quellen:

Hier geht es zum offenen Brief: http://www.hans-josef-fell.de/content/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=548&Itemid=108

Link zum Artikel in der Süddeutschen Zeitung: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/atomausstieg-teure-plaene-schwarz-gelbe-energiewende-kostet-milliarden-1.1085562

Link zum Kommentar in der Süddeutschen Zeitung: http://www.sueddeutsche.de/politik/atomausstieg-kosten-der-energiewende-schwarz-gelbe-ablenkungsmanoever-1.1085587

Link zum Bericht der BNetzA: http://www.hans-josef-fell.de/content/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=555&Itemid=77

Link zur Bild-Zeitung: http://www.bild.de/politik/inland/atomausstieg/ministerium-warnt-vor-netz-kollaps-17413404.bild.html

Link Tepco Seeks to Start Reactor Idled in 2007 as Crews Battle Fukushima Leaks:http://www.bloomberg.com/news/2011-04-13/tokyo-electric-chief-defends-response-to-nuclear-crisis-pledges-pay-cuts.html

Hintergrundinfo auf Homepage der Grünen Bundestagsfraktion: http://www.gruene-bundestag.de/cms/presse/dok/378/378338.netze_sind_sicher.html

Nuclear Status report von Mycle Schneider: http://www.worldwatch.org/system/files/NuclearStatusReport2011_prel.pdf

Bloomberg: Quake-Prone Taiwan Halts Nuclear Expansion as Japan Struggles at Fukushima: http://www.bloomberg.com/news/2011-04-12/taiwan-halts-plans-to-build-atomic-reactors-after-japan-crisis.html

Industrial fuels and power: Kyushu Electric shelves plans for third nuclear reactor, utilities consider switching to wind: http://www.ifandp.com/article/0010731.html?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=sendNuclearHeadlines