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Doping | Unwahrheit in der Politik | burn out

<<Wunderliche Welten>>

In der Süddeutschen Zeitung vom 21. September war die Meldung zu finden, dass die NADA (Nationale Anti-Doping-Agentur) im kommenden Jahr mit erheblich weniger Mitteln auskommen muss. Das Budget zur Bekämpfung von Doping im Sport wurde vom Bundesinnenministerium um 1,35 Millionen Euro für das operative Geschäft reduziert. Die Folge davon ist eine Reduzierung der Doping-Kontrollen. Was gut ist für den Bundeshalt, ist in diesem Fall schlecht für den Sport und für die Reputation einer eigentlich vorbildlich arbeitenden Anti-Doping-Agentur. Gerade in für das (EPO-)Doping anfälligen Ausdauersportarten wie Radfahren, Rudern, Laufen, Schwimmen, Triathlon u.a. sollten intelligente Ziel- und Trainingskontrollen weiterhin ausgebaut, statt abgebaut werden können, um einen fairen Sport zu gewährleisten. Die medialen Großereignisse Olympia und Paralympics sind Geschichte und mit ihnen wohl vorerst auch der flächendeckende und aufwendige Kampf gegen Doping. Der (faire) Sport hat durch diese Kürzung eine Niederlage erlitten.

Politisch gesehen sind zwei Lese-Fundstücke interessant. Die eine Quelle bemerkt treffend, dass „Umfang und Ausmaß der Unwahrheiten innerhalb unserer Gesellschaft (variieren). Es gibt Gruppen, die von Amts wegen prädestiniert sind Notlügen, Beschwichtigungen und Schönreden zu gebrauchen und bei Unterlassung derselben nur Schaden anrichten würden. Dazu gehört die politische Klasse, nicht minder dazu gehören die Wirtschafts- und Finanzbosse, kurzum die Führungspersönlichkeiten eines Landes. Zum Führungsstil politisch Verantwortlicher gehört in heraufziehender Wirtschafts-, Finanz- und Bankenkrisen oder sich anbahnender Konflikte, die Wahrheit zu umgehen, zu vertuschen, zu beschönigen, um die Nervosität der Bevölkerung nicht weiter anzuheizen und in Hysterie ausarten zu lassen. Oft wird dies als Verdummung des Volkes ausgelegt; denn das sogenannte Volk weiß sehr genau um den Charakter solcher Lügen. Faktum ist aber, daß eine radikale und brutale Offenlegung psychologisch nicht verdaulich wäre und einen Schock auslöste. Durch die stückweise Preisgabe wird die Wahrheit erträglich.“ Zu fragen ist, wie viele Stücke der Wahrheit hinsichtlich der Finanz- und Bankenkrise oder hinsichtlich des ausufernden Lobbyismus in der nächsten Zeit noch ans Tageslicht kommen werden und wer sie ans Licht bringen wird, die Politik selbst oder guter Journalismus.

Das andere Leseerlebnis betrifft die Interpretation des burn out als Verhexung. „Auffällig ist, daß die Krankheit oft Personen befällt, denen man sie nicht zutraut, die selbst ebenso wie ihre Umwelt davon überrascht werden. Die Personen stehen mit beiden im Leben, sind tatkräftig, geradezu arbeitsbesessen, hyperaktiv und, ehrgeizig und erfolgreich. Auf der höchsten Stufe ihrer Karriereleiter, der Erfolges und Ruhmes fühlen sie plötzlich, daß etwas mit ihnen nicht in Ordnung ist, ohne sagen zu können, um was es sich handelt; sie fühlen sich unkonzentriert, zerfahren, kraftlos der Situation ausgeliefert, gegen die sie anfangs noch ankämpfen mögen, der sie aber zunehmend erliegen. Sie fühlen sich wie ‚verhext‘, ohne etwas dagegen ausrichten zu können.“ Es handelt sich um ein ganzes Ursachenbündel, das zu diesem Zustand führen kann. Es ist aber auch eine Frage der inneren Einstellung und des Umgangs und der Haltung, wie man sich zu den Gegebenheiten wie zum Beispiel, Mobbing, Arbeitsplatzverlust, Scheidung, übermäßige Arbeitsbelastung und anderes stellt.

„Die Tatsache, daß eine Vielzahl von Faktoren für dieselbe Krankheit verantwortlich gemacht werden kann, ebenso daß ein und dieselbe Konstellation auf verschiedene Personen und selbst auf dieselbe Person zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich wirken kann, zeigt, daß es in Wahrheit nicht die äußere Konstellation ist, die krankmachend wirkt, sondern allein das Subjekt und seine Bewertung der äußeren Umstände, die im einen Fall als belastend empfunden werden und im anderen nicht. Während der eine Mensch einer bestimmten Arbeitssituation und Lebenslage gewachsen ist, zerbricht der andere an ihr.“

Aber es ist immer klar, daß Menschen mit einer hohen Sensibilität durch erfahrene Widerwärtigkeiten wie zum Beispiel Mobbing im Arbeitsleben verwundbarer sind als Menschen mit einem kalten Herz.

Und diese kalten Herzen finden sicher auch nichts daran, wenn der Sohn eines Bürgermeister, der nur ein mittelmäßiger Schüler war, jetzt in einer kommunalen Verwaltung eine gutbezahlte Ausbildung machen kann, während im Normalfall solche Fälle, die sicher keine Einzelfälle sind, eigentlich immer in der Nähe zu Vetternwirtschaft, Lobbyismus und Korruption zu sehen sind und sensibleren Naturen contrecoeur gehen - ebenso wie die Nicht- oder Zu-Wenig-Berichterstattung zu den Protesten der Menschen in Portugal und anderswo zur Austeritätspolitik ihrer Regierung.

Bertold Bär

Kleine Legende:

  • Paralympics = Behinderten-Olympiade
  • Austeritätspolitik = SPAR-Politik
  • contrecoeur ist der französische Ausdruck dafür, wenn einem etwas gegen den Strich geht oder schlimmer noch das Herz bricht...

Bertold Bär schreibt nun in der Kolumne <<Wunderliche-Welten>> zu vermeintlich kleinen Ereignissen, die am Rande geschehen und (zu) wenig Aufmerksamkeit erfahren. Sie erscheint fortan in unregelmäßigen Abständen.