Die Sperrmaßnahmen seien bei den Westmächten eher mit Erleichterung aufgenommen worden, weil dadurch die Lösung der so genannten Berlin-Krise leichter wurde, sagte Steininger. Der Bau der Mauer sei Höhepunkt der Berlin-Krise gewesen, die der sowjetische Führer Nikita Chruschtschow 1958 mit einem Ultimatum an die Westmächte ausgelöst hatte. Mit der Mauer hatte die Sowjetunion Steininger zufolge die Teilung Deutschlands im wahrsten Sinne des Wortes zementiert. Die Teilung sei damit zu "einem stabilen Element in einer instabilen Situation" geworden. Der Mauerbau habe westliche Interessen nicht wirklich beeinträchtigt.
Für die DDR sei die Mauer jedoch eine katastrophale Niederlage des Systems gewesen. Schließlich seien diesem Staat die Menschen massenweise weggelaufen. Ohne die Abriegelung wäre die DDR ausgeblutet. In der Zeit der Berlin-Krise wurden nach den Worten des Wissenschaftlers auch die Grundlagen für die dann vom damaligen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) in den 70er Jahren betriebene Ostpolitik gelegt, wozu die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze sowie die de facto-Anerkennung der DDR gehörten. "Diese Ostpolitik wollten die Alliierten von Anfang an."
In seinem beim Olzog Verlag erschienenen Buch "Der Mauerbau: Die Westmächte und Adenauer in der Berlinkrise 1958-1963" untersucht Steininger auf Grundlage bislang nicht zugänglicher amerikanischer, britischer und deutscher Akten die zentrale Phase des Ost-West-Konfliktes.