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Whale Watching wird zum Problem

Vorschläge für Verhaltenskodex

Walfang ist derzeit wieder in aller Munde, denn die Internationale Walfang Kommission (IWC) tagt diesen Monat in der Bundeshauptstadt. Doch inzwischen ist es längst nicht mehr nur die direkte Bejagung, die die Wale bedroht. Neben Umweltgiften und Fischerei wird vor allem die starke Ausbreitung des Whale-Watching-Tourismus in aller Welt zunehmend ein Problem für die Meeressäuger.

Nach neuesten Schätzungen drängen inzwischen weltweit über 12 Millionen Menschen jedes Jahr aufs Meer, um die sensiblen Giganten aus der Nähe zu betrachten. Es blüht ein Milliardengeschäft mit jährlich zweistelligen Wachstumsraten, das jedoch oft auf dem Rücken der Tiere ausgetragen wird. Denn Walbeobachtungstourismus ist erst in wenigen Ländern gesetzlich reguliert, und meist ist es allein der Profit, der die Betreiber interessiert. Was einst als die Alternative zum Walfang galt, führt heute immer häufiger dazu, dass die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum gestört werden - mit noch nicht absehbaren Folgen für die Populationen.

"Mancherorts leiden die Tiere unter großem Stress", sagt Denise Wenger von der Gesellschaft zur Rettung der Delphine (GRD) in München. "Auf der Kanarischen Insel Teneriffa zum Beispiel sind es über 30 Boote, die mehrmals täglich ausrücken. Mit über einer Million Whale Watchern und zehn- bis fünfzehntausend Touren jedes Jahr ist Teneriffa Weltrekordhalter". Die hier lebenden Grindwale, Tümmler, Schnabelwale und viele andere Arten müssten mit einer ständigen Lärmbelästigung durch die Bootsmotoren leben. Die Wale könnten ihren natürlichen Verhaltensweisen, sogar der Nahrungsaufnahme nicht mehr in ausreichendem Maße nachgehen. Nicht selten führen unsensible Skipper direkt in die Gruppen hinein, trennten Mütter von ihren Jungen. Auch von Kollisionen zwischen Booten und Walen wurde schon berichtet.

"Dabei haben unsere Beobachtungen ergeben, dass jede Art unterschiedlich auf Boote reagiert", so Fabian Ritter, Biologe des Berliner M.E.E.R. e.V., der das Verhalten der Tiere seit vielen Jahren erforscht. "Manche Delfinarten zeigen überhaupt keine Scheu und schwimmen gerne in der Bugwelle direkt vor den Booten, andere wiederum sind weniger zutraulich oder meiden Boote ganz." Im Grunde müssten Verhaltensregeln im Umgang mit den Tieren aufgestellt werden, die diesen verschiedenen 'Charakteren' der einzelnen Spezies gerecht werden. Zwingend notwendig sei eine Begrenzung der Anzahl der Boote und die Einhaltung von Mindestabständen.

M.E.E.R. hat nun seine Forschungsergebnisse in einem umfassenden Bericht der Öffentlichkeit vorgestellt. Darin werden konkrete Schutzmaßnahmen dargestellt und zum ersten Mal artenspezifische Verhaltensregeln für das Whale Watching vorgeschlagen. In dem bis dato einzigartigen Bericht wird darüber hinaus ein Modell für ein Schutzgebiet aufgestellt, das speziell für die nachhaltige Entwicklung des Whale Watching gestaltet ist.

"Eine Geschwindigkeitsbegrenzung gehört ebenso zum Maßnahmenkatalog wie das Verbot von ökologisch schädlichen Aktivitäten wie z.B. Sportfischerei oder motorisierte Fun-Sportarten wie Jetskis. Außerdem plädieren wir für die Einführung von Lizenzen für Whale-Watching-Anbieter sowie einer Abgabe zur Finanzierung von Schutzprojekten", so Ritter. Generell sollten Forschung und öffentliche Bildung integrale Bestandteile des Whale Watching werden. Am wichtigsten sei jedoch, dass die Walbeobachter sich immer besser dem Verhalten der Tiere anpassten, und nicht anders herum.

Der Biologe vertritt als Mitglied der deutschen Delegation die Belange der Wale und Delphine bei der derzeitigen Tagung des Wissenschaftsausschuss der Internationalen Walfang Kommission (IWC). "Dass die diesjährige Tagung hier in Berlin stattfindet, ist eine große Chance. Wir hoffen, dazu beitragen zu können, dass der Walbeobachtungstourismus in Zukunft nachhaltiger und ökologisch vertretbarer betrieben wird als das vielerorts heute der Fall ist".