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Ein komplettes Betriebssystem auf Plattdeutsch

Linux op Platt

Eine Handvoll tapferer Sprachritter im Norden Deutschlands versucht, dem Computer Plattdeutsch beizubringen. Als geeignete Plattform haben sich die EDV-Experten das freie Betriebssystem Linux ausgesucht. Seit Monaten wird auf diversen Ebenen programmiert und übersetzt, was menschliches und elektronisches Hirn hergeben.

In Hamburg arbeiten Sven Herzberg und Mitstreiter an einer plattdeutschen Version von "Gnome", einer Desktop-Umgebung für Linux. Im schleswig-holsteinischen Tornesch kümmert sich Heiko Evermann um die grafische Oberfläche "KDE". Über Internetforen beteiligen sich auch viele Ostfriesen an dem Projekt "Linux op Platt". Die ersten Ergebnisse werden am Samstag und Sonntag bei den Linux-Informationstagen in der Fachhochschule Wilhelmshaven vorgestellt. Veranstalter ist der Verein "Linux User Group Wilhelmshaven" (LUG-WHV), der sich ebenfalls zum Ziel gesetzt hat, den Rechner Platt schnacken zu lassen.

"Wir wollen dem Projekt damit einen kräftigen Schub geben", sagt Bernd Menzel vom LUG-WHV. In Wilhelmshaven können sich die "Friesisch-Freaks" erstmals von Angesicht zu Angesicht austauschen, statt wie bisher nur virtuell im Internet. Willkommen seien aber auch Computerlaien, die des Plattdeutschen mächtig sind, betont Menzel. Vor allem die korrekte Übersetzung ist bislang das Hauptproblem. Zunächst mussten sich die Platt-Programmierer auf eine einheitliche Version der variantenreichen Regionalsprache einigen. Das ist mittlerweile geschehen. Man verständigte sich auf das überregionale Rundfunk-Platt, wie es etwa der Norddeutsche Rundfunk propagiert.

Dennoch ist das Übersetzungsproblem nicht ganz aus der Welt, denn für einige "neumodische" Wörter aus der Computerwelt gibt es noch gar keine plattdeutsche Version. In einem gemeinsamen Online-Wörterbuch Computerenglisch-Plattdeutsch wird deshalb nach Alternativen gesucht.

Desktop könnte "Schrievdisch" (Schreibtisch) heißen. Aus "clipboard" würde "Twischenaflaag" oder "Tuskenaflaag" (Zwischenablage) und aus "bookmark" entstünde "Leesteken" (Lesezeichen). Allgemein akzeptiert sind die neuen Kreationen aber noch nicht. Anders ist das beim Notebook. Allen Beteiligten gefiel die Übersetzung "Klappreekner" (Klapprechner) so gut, dass sie sofort in den allgemeinen Sprachgebrauch aufgenommen wurde.

Menzel hält es für möglich, dass in absehbarer Zeit das komplette Linux-System auf plattdeutsch verfügbar ist. Bis dahin sei es aber noch ein weiter Weg, der viel Arbeit und Zeit kosten werde. Viel verspricht er sich von dem in die Linux-Informationstage integrierten "Friesathon". Dabei handelt es sich um eine abgewandelte Form des unter Computerexperten wohlbekannten Wettbewerbs im Ausdauerprogrammieren namens "Hackathon".

Auf diese Weise sollen noch mehr Computer-Genies nach Wilhelmshaven gelockt werden. Gemeinsam mit den plattdeutschen Sprachexperten am Rechner sitzend, könnten sie dem Projekt noch mehr Schwung verleihen. Allen Übersetzern und Programmierern winkt zudem die namentliche Erwähnung in den von ihnen geschaffenen Linux-Dateien. "Eine bessere Möglichkeit, um sich im Linux-Universum zu verewigen, gibt es nicht", sagt Menzel.