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EU-Softwarepatente bedrohen europäische Software-Industrie und freie Software

Münchner-Linux-Projekt gefährdet

Die von der Europäischen Union geplante Legalisierung von Softwarepatenten könnte freie Software und deren Anwender wie auch kleine Software-Firmen und deren Kunden vor erhebliche Probleme stellen. Auch das Projekt, die komplette Münchener Verwaltung auf Linux umzustellen, ist in Gefahr, warnte Grünen-Stadtrat Jens Mühlhaus. Durch die Einführung der Software-Patente drohte der Stadt ein unkalkulierbarer Schaden. Alleine der so genannte "Basic client", den die Stadt München auf den Computern von 14.000 Mitarbeitern installieren will, steht laut Mühlhaus im Konflikt mit über 50 europäischen Patenten. Diese sind zwar vom Europäischen Patentamt im Widerspruch zum aktuellen Recht erteilt worden und daher derzeit nicht durchsetzbar, würden aber durch die EU-Pläne nachträglich legalisiert. Deutschland müsse daher gegen die EU-Richtlinie für Software-Patente stimmen.

"Softwarepatente stellen eine existenzielle Bedrohung für die überwiegend klein- und mittelständisch geprägte deutsche IT-Branche sowie für Open-Source-Projekte dar, denn es de facto ein Ding der Unmöglichkeit, mittels Patentrecherche auf diesem Gebiet Rechtssicherheit zu erhalten", sagte Mühlhaus. Es sei davon auszugehen, dass Computerprogramme mit einer gewissen Komplexität zwangsläufig gegen die teils sehr trivialen und breit gefassten Patentansprüche anderer "verstoßen" würden. "Großunternehmen lösen dieses Problem durch gegenseitige Lizenzen für ihre gesamten Patentportfolios", sagte Mühlhaus, "doch kleinen und mittelständischen Unternehmen oder Open-Source-Entwicklern steht diese Möglichkeit nicht offen."

Als mitverantwortlich für die Bedrohung nennt Mühlhausen das deutsche Bundesjustizministerium, das entgegen allen Warnungen im EU-Rat für die breite Patentierbarkeit von Software eingetreten ist. Patentklagen könnten aber den Ausfall kompletter Referate der Münchner Stadtverwaltung bewirken. Mühlhausen - selbst großer Verfechter freier Software - hat deshalb den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude aufgefordert, die Bundesregierung zu einem Kurswechsel zu bewegen und die Konsequenzen der EU-Politik auf das Münchner Linux-Projekt zu untersuchen.

"Es stellt sich die Frage, ob Linux und andere Open-Source-Software mittel- und langfristig wettbewerbsfähig sind und den Anforderungen der Stadtverwaltung genügen, wenn deren Weiterentwicklung durch Softwarepatente massiv eingeschränkt wird", so Mühlhausen. "Europa ist in der Software-Frage drauf und dran eine historische Chance für Kosteneinsparungen und Wachstum mutwillig zu zerstören", sagte Florian Müller, Berater des Open-Source-Software-Herstellers MySQL. "Nur damit die Patentbürokratie glücklich ist und ausländische Großkonzerne den Mittelstand abwürgen können."

Erst Anfang des Monats hatte das holländische Parlament die dortige Regierung aufgefordert, bei der EU gegen Software-Patente zu stimmen. Auch in Deutschland mehrt sich der Widerstand. Neben den Grünen, der FDP und Teilen der SPD sind auch weite Teile der Wirtschaft gegen die geplanten Software-Patente.