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Hohe Kosten halten Arme von Gymnasium und Uni fern

In Ausbildung statt Studium gedrängt

Das deutsche Bildungssystem verhindert durch seine Kostenverteilung, dass Kinder aus sozial schwachen Familien eine höhere Bildung erhalten. Dies ist das Ergebnis einer am Freitag veröffentlichten Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS). Während die Kosten der Schulausbildung zu 19 Prozent, die eines Studiums gar zu 49 Prozent privat von Studenten oder Eltern finanziert werden müssen, beträgt dieser Anteil bei der Berufsausbildung nur vier Prozent. Wenn ein Kind also nach der Sekundarstufe I eine Berufsausbildung beginnt, entstehen den Eltern durch die geringeren Lebenshaltungskosten für das Kind und das Kindergeldes, das sie trotzdem erhalten, hohe finanzielle Vorteile. Dies verhindert aber einen stärkeren Zugang einkommensschwacher Schichten zu weiterführender Bildung, zunächst zur gymnasialen Oberstufe, warnte das FiBS. Die Einführung von Studiengebühren, auch in Form von Gutscheinen, sei deshalb kontraproduktiv. Im Gegenteil müsse gerade für bildungsferne Schichten der Zugang zu Kindertagesstätten, gymnasialer Oberstufe und Hochschule stärker gefördert werden.

Das FiBS hatte im Auftrag des Bundesbildungsministeriums die gesamten Ausgaben für Bildung und deren Finanzierung betrachtet. Die Studie räumt mit einigen verbreiteten Vorurteilen auf: Die Berufsausbildung beispielsweise wird nicht überwiegend durch die ausbildenden Betriebe, sondern zu zwei Dritteln durch den Staat finanziert. Der Anteil der Unternehmen beträgt nur 31 Prozent, die privaten Haushalte zahlen vier Prozent.

Dagegen ist ein Studium für die Studierenden bzw. ihre Eltern keineswegs kostenlos: Nur 51 Prozent der Kosten zahlt der Staat, den Rest müssen die Familien selbst aufbringen. "Damit ist das in Deutschland gängige Vorurteil eines kostenlosen Studiums endgültig widerlegt", fassen die Forscher zusammen.

Für den Bereich der Kindergärten zahlen die Eltern 21 Prozent der Kosten, während der Staat 63 und die Träger der Kindergärten 16 Prozent finanzieren. Das ist viel weniger als für die Hochschulausbildung - aber immer noch deutlich mehr als für die allgemeinbildende Schule, bei der die öffentliche Hand 82 Prozent übernimmt und die Eltern für 18 Prozent aufkommen müssen. Diese zu hohen Kindergarten-Kosten sind in den Augen der Forscher ein Grund für die Benachteiligung von Kindern einkommensschwacher Familien.

Die Studie errechnet die gesamten Bildungsausgaben von der Kindertageseinrichtung bis zur Weiterbildung. Sie umfasst damit auch die Mindereinnahmen des Staates aus der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bildungsausgaben und die Lebenshaltungsausgaben der privaten Haushalte, die ausschließlich durch die Bildungsmaßnahme bedingt sind und als zusätzliche Ausgaben angesehen werden können. Dies ist etwa in der gymnasialen Oberstufe oder bei einem Studium der Fall, während Auszubildende im dualen System diese Kosten über die Ausbildungsvergütung unmittelbar refinanzieren können. Durch diese umfassendere Betrachtung erhöht sich das Bildungsbudget gegenüber den Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (128,5 Milliarden Euro), um fast 40 Milliarden auf insgesamt 167,2 Milliarden Euro. Zudem zeigen sich für einige Bereiche auch erhebliche Verschiebungen in der Finanzlastverteilung.

"Im Endergebnis zeigt die Studie die tatsächlichen Belastungen für die öffentlichen und privaten Haushalte, die aus der Bildungsbeteiligung resultieren", sagt Dr. Dieter Dohmen, der Leiter des Kölner Forschungsinstituts. Sie sei damit ein wichtiger Schritt für eine Neujustierung der Finanzlastverteilung zwischen Eltern, Schülern und Studierenden sowie der öffentlichen Hand. Die demografische Entwicklung erfordere es, den Akademikeranteil in der Bevölkerung zu erhalten, um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands nicht zu gefährden. Gerade für bildungsferne Schichten müsse der Zugang zur Kita, der Übergang in die gymnasiale Oberstufe und zum Studium stärker gefördert werden. "Eine Einführung von Studiengebühren, die zu einer höheren unmittelbaren oder "gefühlten" Kostenbelastung der privaten Haushalte führt, dürfte kontraproduktiv sein", meint Dohmen. "Dies stellt hohe Anforderungen an die Konzeption von Studiengebührenmodellen, die bisher noch von keinem Modell erfüllt werden." Auch Gutscheinmodelle - ob in Kita oder Hochschule - müssten dies ausreichend berücksichtigen.