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Jeder zweite Bundesbürger verweigerte sich der Stimme

Partei der Nichtwähler gewinnt

Wer immer sich als Sieger der Europawahl 2004 fühlt - den größten Zuwachs verzeichnet die Partei der Nichtwähler. Mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten verweigerte sich am Sonntag dem Urnengang. Der Bundeswahlleiter verkündete in der Nacht zum Montag magere 43,0 Prozent Wahlbeteiligung - ein neues "historisches Tief".

Die CDU, die auf "Liebesentzug" (Angela Merkel) für Rot-Grün setzte, musste trotz aller Euphorie am Ende deutliche Verluste hinnehmen. Von den 10,6 Millionen Deutschen, die noch vor fünf Jahren ihr Kreuz bei den Christdemokraten machten, fehlten diesmal weit mehr als eine Million. Auch die CSU konnte ihr 99er Ergebnis nicht halten: Statt der 2,54 Millionen Wählerstimmen setzten diesmal 2,06 Millionen Bürger ihr Kreuz bei den Blau-Weißen. Alles in allem ein Minus von 1,7 Millionen Stimmen bei den Unions-Parteien.

Die größte Schlappe musste jedoch die SPD einstecken. Sie verlor als "Friedensmacht Europa" mehr als 2,7 Millionen Wähler! Statt der 8,3 Millionen Ja-Zettel von 1999 wurden diesmal nur 5,5 Millionen für die Sozialdemokraten ausgezählt. Das sind umgerechnet 21,6 Prozent. Der Stimmungstest für den neuen Parteichef Franz Müntefering misslang gründlich.

So richtig freuen konnten sich allein die Grünen. 1,3 Millionen neue Wähler bescherten der Ökopartei einen Zuwachs von 5,5 Prozent. Mit 11,9 Prozent steht sie nun als drittstärkste europapolitische Kraft da. Nur 1994 hatten sie schon einmal die Zehn-Prozent-Marke geschafft.

Verständlich ist auch der Jubel bei den Liberalen. Sie können mit 6,1 Prozent endlich wieder ins Europarlament einziehen - nach zehn Jahren! 1994 und 1999 waren sie an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Doch liegen die Freien Demokraten mit exakt 14 693 Stimmen hinter der PDS, für die ebenfalls 6,1 Prozent ausgewiesen wurden.

Lohnend ist ein Blick auf das Ergebnis jener Parteien, die nicht den Sprung nach Straßburg und Brüssel schafften. Regen Zulauf konnten mit der Europawahl 2004 die Tierschutzpartei und die Grauen Panther verbuchen. Auf sie entfielen 331 270 beziehungsweise 314 204 Stimmen. Für die Grauen ist das fast eine Verdreifachung. Selbst die Familienpartei - mit gerade mal 500 Mitgliedern - konnte in absoluten Zahlen kräftig zulegen: Hatten vor Fünf Jahren 4117 Bürger für sie gestimmt, waren es diesmal 267 361. Oder anders gesagt: eine Steigerung um gut 6000 Prozent.

Auch die rechten Parteien profitierten von der Unzufriedenheit mit den großen Parteien und konnten mit ihren antieuropäischen und rechtspopulistischen Slogans punkten. Die Republikaner verbesserten sich leicht auf 1,9 Prozent oder 485 691 Stimmen, und die rechtsextreme NPD verdoppelte gar ihr Stimmergebnis auf 241 678 oder 0,9 Prozent.

Selbst der Ruf der Bayernpartei, die für ein "freies Bayern in einem freien Europa" eintritt, verhallte nicht ganz ungehört: Für sie votierten 35 086 Bürger.