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Pilotanlage von Vattenfall

CO2-freies Braunkohlekraftwerk von Umweltschützern als Feigenblatt kritisiert

Der Energiekonzern Vattenfall hat am Montag mit einem symbolischen Spatenstich offiziell den Bau einer Braunkohle-Pilotanlage begonnen. Laut Vattenfall handelt es sich um ein "kohlendioxid-freies Braunkohlekraftwerk". Errichtet wird zunächst - laut Vattenfall bis 2008 - eine relativ kleine 30-Megawatt-Anlage. "Mit den Ergebnissen aus der Testphase soll anschließend ein Demo-Kraftwerke mit 300 MW Leistung geplant und gebaut werden, um die Technologie zur großtechnischen Serienreife zu führen", schreibt der Energiekonzern. Die Umweltschutzorganisationen Robin Wood und BUND kritisierten das Versuchskraftwerk als "Feigenblatt". Vattenfall setze weiterhin "auf dreckige Kohleverstromung" und bleibe der zweitgrößte Klimasünder in Deutschland, so Robin Wood. Nach Darstellung des BUND reichen die verfügbaren Kapazitäten zur Kohlendioxid-Einlagerung theoretisch gerade mal für drei Jahre.

Vattenfall ist nach eigener Darstellung das erste Unternehmen, das mit dieser Technologie den Schritt aus dem Labor wage. "Mit der Clean Coal Technologie werden wir hierzulande die Verstromung der Braunkohle auf lange Sicht umweltfreundlich sichern können", sagte der Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Europe AG, Klaus Rauscher, bei der Eröffnung. Vattenfall will 50 Millionen Euro in die Pilotanlage des "CO2-freien Braunkohlekraftwerks" investieren.

"Der Klimawandel ist eine Realität, der wir uns stellen müssen. Seine Risiken fordern entschlossenes Handeln von Industrie und Wirtschaft", so Lars G. Josefsson, Präsident und CEO vom schwedischen Mutterkonzern Vattenfall AB. "Als führendes europäisches Energieunternehmen übernehmen wir Verantwortung und bereiten mit unserer Investition einer neuen, CO2-freien Technologie den Weg."

Robin Wood: "Öko-Lüge"

Die Umweltorganisation Robin Wood proklamierte auf einem Transparent: "Erneuerbare Energien statt Öko-Lüge!" Braunkohle bedeute "Verwüstung und Vertreibung". Mit dem medienwirksam zelebrierten Baubeginn der Pilotanlage "eines so genannten CO2-freien Kohlekraft­werkes" wolle der schwedische Energiekonzern Vattenfall "sein ramponiertes Image aufpolieren", vermuten die Umweltschützer.

Vattenfall gehöre wegen seiner Braunkohlekraftwerke zu den größten Klimaverschmutzern in Deutschland und Europa. Am Stand­ort Schwarze Pumpe, 30 Kilometer südwestlich von Cottbus, wolle Vattenfall in den nächsten drei Jahren eine Pi­lotanlage bauen, "um die Technik zur Abscheidung des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu erforschen und zu entwickeln". Das neue Kraftwerk am Standort Schwarze Pumpe bei Cottbus basiere technologisch auf dem so genannten Oxy-fuel-Verfahren. In der Anlage solle erprobt werden, wie das Kohlendioxid, das während der Verbrennung im Kraftwerk anfalle, abgeschieden und anschließend verflüssigt werden könne. Das verflüssigte Gas solle in geologischen Formationen gespeichert werden.

Mit der CO2-Abscheidung und vor allem der Speicherung sind aber laut Robin Wood "noch viele ungeklärte Fragen verbunden". So reduziere die Rückhaltung und Verflüssigung des Kohlendioxids den Wirkungsgrad eines Kraftwerkes um 7 bis 14 Prozent. Das bedeute, "für eine gleich bleibende Menge Strom, würde sich der Einsatz fossiler Brennstoffe um bis zu 40 Prozent erhöhen".

Außerdem würde "das kostenintensive Verfahren" die heutigen Stromkosten mehr als ver­doppeln, kritisieren die Umweltschützer. "Die Erneuerbaren Energien wären weit vor einem kommerziellen Einsatz der CO2-Abscheidung konkur­renzfähig."

"Statt in großem Maßstab in Techniken zu investieren, die schon heute zum Klimaschutz beitragen, vertagt Vattenfall das Problem für die nächsten 20 Jahre", kritisiert Bettina Dannheim von der Organisation. "Die Verwüstung der Landschaft in der Lausitz und die Vertreibung der Menschen aus ihren Dörfern wird derweil weitergehen. Mit verantwortungsvollem Umweltschutz hat das nichts zu tun."

Vattenfall betreibe derzeit in Ostdeutschland vier Braunkohlekraftwerke. "Diese Kraftwerke gehören zu den klima­schädlichsten in Deutschland", so Dannheim. Das daraus resultierende schlechte Image wolle der Konzern "gern loswerden".

Doch neben der "scheinbar klimafreundlichen Energiegewinnung durch CO2-Abscheidung" wolle der Konzern in den kommenden Jahren "auch weiterhin überwiegend in konventionelle Kohlekraftwerke investieren". Vattenfall plane den Bau eines neuen Braunkohlekraftwerkes mit einer Leistung von 675 Megawatt (MW) am Standort Boxberg sowie Steinkohlekraftwerke mit einer Leistung von 1.640 MW in Hamburg-Moorburg und 800 MW im sächsi­schen Klingenberg. Diese Kraftwerke würden die nächsten 40 Jahre ihre klimaschädlichen Emissionen in die At­mosphäre blasen und das Klima erheblich belasten.

Wenn Vattenfall diese Kohlekraftwerke wie geplant baue, werde der Konzern "auch künftig zu den größten Klima­sündern in Europa zählen", daran werde auch das jetzt gefeierte Pilotprojekt nichts ändern, so Dannheim. "Ein wirksamer und daher glaubwürdiger Klimaschutz erfordert es, auf den Bau konventioneller Kohlekraftwerke jetzt zu verzichten und in klimafreundliche Produktionsanlagen zu investieren."

BUND: "Vattenfall will seine umwelt- und klimaschädlichen Aktivitäten verstecken"

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) spricht von einem "angeblich umweltfreundlichen Braunkohlekraftwerk". In dem Bau der "Versuchsanlage" sieht der Umweltverband ein "Feigenblatt, hinter dem der Stromkonzern seine umwelt- und klimaschädlichen Aktivitäten verstecken will". Auch Brandenburg habe unter den negativen Auswirkungen dieser Aktivitäten zu leiden.

"Vattenfall erzeugt seinen Strom zu 99 Prozent aus fossilen Rohstoffen und aus Uran", sagte BUND-Bundesgeschäftsführer Gerhard Timm. Vattenfall torpediere den Klimaschutz und plane im brandenburgischen Boxberg, in Berlin und Hamburg neue große Kohlekraftwerke. Vattenfall betreibe zudem gefährliche Atommeiler und zerstöre Naturoasen wie die Lakomaer Teiche bei Cottbus. "Mit seiner Mini-Pilotanlage eines angeblich umweltfreundlichen Kohlekraftwerks direkt neben der riesigen CO2-Schleuder Schwarze Pumpe will Vattenfall vor allem sein angeschlagenes Image aufbessern", vermutet auch der BUND.

Gegen die CO2-Abscheidung und anschließende Einlagerung des Treibhausgases spreche vor allem der niedrige Wirkungsgrad solcher Anlagen. Für ihren Betrieb sei reiner Sauerstoff erforderlich, der nur unter hohem Energieaufwand herzustellen sei.

Ungeklärt seien auch die Risiken einer CO2-Lagerung unter der Erdoberfläche. Zur Lagerung größerer Mengen reichen laut BUND in Deutschland die Kapazitäten nicht aus. Die verfügbaren Kapazitäten beliefen sich auf wenig mehr als eine Milliarde Tonnen. Die deutsche Stromproduktion verursache aber jährlich einen Kohlendioxidausstoß von rund 400 Millionen Tonnen. "Damit wären die theoretisch möglichen Kapazitäten zur CO2-Einlagerung schon nach rund drei Jahren erschöpft."