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"Greenpeace-Forderungen nach Gas-Dampfkraftwerken lassen Weitsicht vermissen"

Erneuerbar versus fossil

Solarenergie-Verbände kritisieren energpiepolitische Forderungen von Umweltverbänden wie Greenpeace und dem Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND). Aktueller Anlass ist der Protest von Greenpeace am 11. August gegen den Neubau zweier neuer Braunkohle-Kraftwerksblöcke in Neurath. Greenpeace hatte den Energieriesen RWE aufgefordert, in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und vor allem in Erdgas befeuerte Gas- und Dampfkraftwerke statt in Braunkohle zu investieren (ngo-online berichtete). Bei allem "Respekt für den Einsatz der Greenpeace-Aktivisten" widerspricht nun der "Solarenergie-Förderverein Deutschland" dieser Zielrichtung. Auch die "klimafreundlicheren" Gas- und Dampfkraftwerke "verbrennen fossile Energieträger und erzeugen klimaschädliches Kohlendioxid". Ihren Neubau zu fordern, zeigt nach Auffassung des Solarenergieverbandes "wenig Weitsicht, denn wer heute in neue fossile Kraftwerke investiert, verlängert die Zeit der fossilen Stromerzeugung um ein weiteres halbes Jahrhundert, nämlich die voraussichtliche Betriebsdauer dieser Kraftwerke."

Nur ein fortlaufender, vollständiger Ersatz aller überalterter Kraftwerke durch Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien ist nach Ansicht des Verbandes der Klima-Situation angemessen und "bewahrt die Volkswirtschaft vor gewaltigen Fehlinvestitionen". Eine von der Europäischen Solarenergie-Vereinigung "EUROSOLAR" in Auftrag gegebene Studie zeige, dass dies möglich und bezahlbar sei.

Der EUROSOLAR-Studie "Erneuerbare Energien und Energiesparen für den Ersatz überalterter Kraftwerke in Deutschland" zufolge ließen sich "die alten Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke" vollständig durch Erneuerbare Energien ersetzen.

In dieser Studie wird nach Angaben von EUROSOLAR die Entwicklung bei den Erneuerbaren Energien auf die nächsten 15 Jahre hochgerechnet. Diese neuen Stromerzeugungskapazitäten würden mit den wegfallenden alten Kraftwerksblöcken verglichen. Ergebnis: Wind-, Sonnen- und Bioenergie sowie Erdwärme könnten sämtliche Atom-, Kohle- und Gaskraftwerke ersetzen, die bis 2020 wegfallen. Bis zum Jahre 2020 müssten etwa 40 Gigawatt Kraftwerkskapazitäten in Folge des "Atomausstieges" und aus Alterungsgründungen ersetzt werden.

Bis 2020 könnten nach Darstellung von EUROSOLAR etwa 62 Gigawatt Erzeugungsleistung neu aus Erneuerbaren Energien bereitgestellt werden. Dabei handele es sich um eine "Minimalrechnung" allein auf der Basis der Weiterentwicklung.

EUROSOLAR: "Selbstverständlich" wurde realisitsch gerechnet

"Selbstverständlich wurde in der Studie berücksichtigt, dass Wind- und Sonnenenergie nicht rund um die Uhr zur Verfügung stehen", so EUROSOLAR. Energiesparen eröffne sogar zusätzlich die Möglichkeit, über die absehbar wegfallenden Kraftwerke hinaus weitere zu ersetzen oder für den Export Ökostrom zu produzieren und so aktiv zusätzlich zum Klimaschutz beizutragen.

Der unnötige Neubau von Gas- und vor allem Kohlekraftwerken würde hingegen über Jahrzehnte hinweg "den Ausstoß von Klimagasen fortschreiben und den Zubau von Erneuerbaren Energien blockieren".

EUROSOLAR fordert die Energiewirtschaft dazu auf, auf den Neubau von Gas- und Kohlekraftwerken zu verzichten und ihre eigenen Investitionen auf den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien und Einsparinvestitionen zu konzentrieren.

Solarenergie-Förderverein: Offener Brief an den BUND

Doch nicht nur Greenpeace, sondern auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wird für seine energiepolitischen Forderungen kritisiert. In einem Offenen Brief vom 31. März setzt sich der Solarenergie-Förderverein mit den energiepolitischen "Leitlinien" des BUND auseinander. Stein des Anstoßes ist vor allem der folgende Satz in dem BUND-Papier: "Im rheinischen Braunkohlerevier ist der Kraftwerkspark dagegen überaltert und sehr uneffizient; dort sollten alte Braunkohlekraftwerke noch durch moderne, umwelt- und ressourcenschonendere ersetzt werden."

Der BUND setze sich mit dieser Leitlinie also nicht etwa für eine Ablösung alter fossiler Kraftwerke durch Anlagen der Erneuerbaren Energien ein, "sondern er fordert sogar - was RWE ohnehin plant - Neubau als Ersatz für überalterte Kraftwerke".

"Bitte betrachten Sie dies nicht als Vorwurf gegen den BUND, sondern als dringenden Appell, Ihren Kurs in dieser wichtigen Frage zu überdenken und beim Umweltministerium auf Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse zu drängen", schreibt der Solarverband unter Verweis auf "traditionell sehr gute Beziehungen" zwischen den Umweltverbänden und dem Bundesumweltministerium.

Solarenergie-Förderverein: Auch Trittin für neue fossile Kraftwerke

Der Verweis auf das Umweltministerium hatte den Hintergrund, dass auch Bundesumweltminister Jürgen Trittin in einem "Spiegel"-Interview vom 24. März die Ankündigung der Energiewirtschaft begrüßte, in Nordrhein-Westfalen fünf Milliarden Euro in neue fossile Kraftwerke zu investieren.

Eine ambitionierte Umweltpolitik müsste nach Auffassung des Solarenergie-Fördervereins alles daran setzen, den Bau neuer fossiler Kraftwerke durch forcierten Ausbau der Erneuerbaren Energien überflüssig zu machen.

Notwendig wäre dazu - so der Verband - eine konsequente weitere Verbesserung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes und "die Rücknahme aller Privilegien für den Neubau von fossilen Kraftwerken, was faktisch einem Neubauverbot nahekäme". Durch den Bau moderner fossiler Kraftwerke hingegen würde eine grundsätzliche Lösung des Kohlendioxid-Problems auf etwa 30 weitere Jahre - Lebensdauer der neuen Kraftwerke - blockiert "und eine gewaltige Fehlallokation von Kapital in Gang gesetzt".

RWE will neue Braunkohle-Kraftwerke

Der Energiekonzern RWE möchte in Neurath bei Neuss zwei neue Braunkohle-Kraftwerksblöcke errichten. Damit käme es zu einer "spezifischen Kohlendioxid-Minderung von rund 30 Prozent im Vergleich zu Altanlagen".

Unstrittig unter den Umwelt- und Solarenergie-Verbänden ist die Kritik an den neuen und - von Trittin begrüßten - Braunkohlekraftwerken. Nach Angaben von Greenpeace würde das neue Braunkohle-Kraftwerk in Neurath zusätzlich 14 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich in die Luft blasen. Die offiziellen Klimaschutzziele Deutschlands wären dann nicht mehr einhaltbar, meint die Organisation.

Schon heute sei RWE in Deutschland der größte Betreiber von Braunkohle-Kraftwerken. In Europa sei der Energieriese für 15 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen aus der Stromproduktion verantwortlich und mit jährlich 168 Millionen Tonnen Kohlendioxid größter Produzent von Treibhausgasen.