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Polizei soll zur Strafverfolgung künftig digitalisierte Passfotos abrufen können

"Wortbruch"

Die Bundesregierung will das Passgesetz zugunsten der Kriminalitätsbekämpfung ändern. Das Bundesinnenministerium bestätigte am Donnerstag einen Bericht der "tageszeitung (taz)", wonach die Sicherheitsbehörden bei der Verfolgung von Straftaten künftig digitalisierte Passbilder abrufen können. Dies sei im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Passgesetzes so vorgesehen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warf der Bundesregierung "Wortbruch" vor.

Das gesamte Gesetz könnte nach Angaben der "tageszeitung" bereits im Mai in Kraft treten. Es soll die rechtlichen Grundlagen für die zweite Generation der so genannten elektronischen Reisepässe mit biometrischen Daten schaffen, die ab November ausgegeben werden.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte, dass dem Entwurf zufolge die Ordnungs- und Sicherheitsbehörden die Passdaten bei den insgesamt rund 5300 Passregistern in Deutschland im Einzelfall abfragen müssten.

Sie widersprach zugleich Angaben, wonach in Zukunft auch biometrische Passdaten auf Antrag abgefragt werden können. Eine dauerhafte Speicherung solcher Daten wie etwa Fingerabdrücken sei "gegenwärtig nicht vorgesehen". Die "taz" hatte berichtet, dass dieser Punkt in der Koalition noch strittig sei.

Die Sprecherin bestätigte zugleich, dass im Rahmen der Änderung des Passgesetzes ursprünglich lediglich eine Überprüfung von Passfotos für Verkehrsdelikte etwa zum Abgleich für eine Fahrzeughalterfeststellung vorgesehen gewesen sei. Von dieser Möglichkeit könnten die Behörden bereits jetzt Gebrauch machen. Im Zuge der Gesetzesberatungen sei "im Bundesrat der Vorschlag gekommen", diese Option "auf Straftaten auszuweiten".

Schon seit Ende 2005 enthalten neue Reisepässe einen Chip, auf dem das Passbild in digitalisierter Form gespeichert ist. Ab kommenden November soll dieser Chip zusätzlich noch die digitalisierten Abdrücke der zwei Zeigefinger enthalten. Bei Passkontrollen soll so sichergestellt werden, dass die kontrollierte Person nicht den fremden Pass einer ähnlich aussehenden Person vorlegt.

Der Innenexperte der Grünen, Wolfgang Wieland, sagte am Donnerstag in Berlin, mit den Plänen überschritten Schäuble und die CDU-geführten Länder "sämtliche rechtsstaatlichen Linien. Wir erwarten von der SPD, dass sie diesen maßlosen Überwachungswahn umgehend stoppt."

Das biometrische Passbild und die Fingerabdrücke des neuen "E-Passes" dürften nach geltendem Recht nur auf dem Pass gespeichert und zudem "ausschließlich zur Identifizierung des rechtmäßigen Besitzers" des Ausweises genutzt werden. Die Schaffung einer Zentraldatei der Biometriedaten aller Deutschen hingegen sei im Passgesetz ausdrücklich verboten. Da jeder täglich an hunderten Stellen Fingerabdrücke hinterlasse, werde mit einem möglichen Zentraldatei-Abgleich "jeder Mensch zum potenziell Verdächtigen". "Damit wird jeder rechtsstaatliche Rahmen endgültig gesprengt", sagte Wieland und warnte vor einem "Überwachungsmoloch orwellschen Ausmaßes".

Die Fraktionsvorsitzende der FDP, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, bezeichnete die Pläne Schäubles als "völlig unverhältnismäßig" und sagte "Jetzt müsse endlich Schluss sein".

Der Datenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht die Freiheit "scheibchenweise verloren" gehen. Schaar bezeichnete die Pläne als "Wortbruch". Bei Einführung der E-Pässe habe die Bundesregierung "hoch und heilig versprochen, es gäbe keine zentralisierte Referenzdatei". Nun komme man auf dem Umweg der Vernetzung der 5300 Pass- und Personalausweisregister "zu genau demselben Ergebnis".

Der Datenschutzbeauftragte warnte vor einer "vollständigen erkennungsdienstlichen Datei der gesamten Bevölkerung", die in einem nächsten Schritt mit der Videoüberwachung kombiniert werden könne. Das Bundeskriminalamt hatte kürzlich ein System getestet, das Gesichter aus Menschenmengen herausfiltert und diese sofort mit Bildern aus einer Datenbank vergleicht.