Seite 1 bei Google kann so einfach sein.

Arbeitsrecht: Überstunden im Arbeitsvertrag lt. Arbeitsgesetz

Überstunden und Mehrarbeit

Überstunden sind nicht immer nur Mehrarbeit. „Geleistete Überstunden und Mehrarbeit sind in der monatlichen Vergütung enthalten/mit dieser abgegolten“ ODER „Mehrarbeit und Überstunden werden nicht gesondert vergütet“ ODER „Für Über- und Mehrarbeit gibt es keine weitergehende Vergütung“. Solchen oder ähnlichen Klauseln zu Mehrarbeit und Überstunden finden sich regelmäßig in aktuellen Arbeitsverträgen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 22. Februar 2012, 5 AZR 765/10, diesen Klauseln wegen deren Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB eine deutliche Absage erteilt und in seiner Begründung ein für die Praxis endlich wieder sehr brauchbares Urteil gefällt. Wenn die Vergütung für Überstunden im Arbeitsvertrag nicht (für den Arbeitnehmer) hinreichend konkret geregelt ist, müssen Arbeitgeber nach § 612 BGB die Stunden vergüten, wenn diese den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist (wofür die Höhe des vereinbarten Bruttoentgelts maßgeblich) und zwar bis zu 3 Jahren für die Vergangenheit, also in 2012 zurück bis in das Jahr 2009.



Hier kann ihr Banner stehen

(Fast) jede Überstunde kostet Geld?

Die Vergütungspflicht für Überstunden gilt aber nur, wenn der Mitarbeiter die Mehrarbeit glaubhaft machen kann und weniger als EUR 67.200,00 (Osten: EUR 57.600,00) im Jahr verdient. Das BAG hat damit die aktuelle Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung als Trennstrich hergenommen.

Der (verständige) Arbeitnehmer muss aus dem Arbeitsvertrag erkennen können, welche Arbeitsleistung er für das regelmäßige Bruttoentgelt schuldete. Weiter muss bei Vertragsschluss absehen können, welcher Umfang an Arbeit und ggf. Mehrarbeit was auf ihn zukommt. Vorgenannten Klauseln entsprechen diesen Anforderungen des BAG nicht. Wirksam wäre z.B. die Klausel: „Bis zu 5 Überstunden im Monat sind mit der monatlichen Bruttovergütung abgegolten“.

ACHTUNG TARIFVERTRÄGE:

In den meisten (Entgelt-)Tarifverträgen sind die Klauseln zu Mehrarbeit und deren Vergütung sehr viel klarer geregelt, so dass tarifgebundene Arbeitnehmer voraussichtlich kaum Nachforderungen an ihren Arbeitgeber werden stellen können.

Allerdings ist trotz des Urteils des BAG noch immer eine hohe Hürde zu nehmen. Denn Arbeitnehmer sollten die geleisteten Überstunden penibel in einem Überstundenbuch oä notiert haben (Datum, Uhrzeit der geleistete Überstunde(n) von / bis und Ort der geleistete Überstunden), sich diese Überstunden vom Arbeitgeber quittieren lassen (was nicht jeder Arbeitgeber macht) oder sich Zeugen für die Überstunden hinzunotieren. Weiter muss der Arbeitnehmer vor Gericht beweisen können, dass der Arbeitgeber die Überstunden angeordnet hat oder dass die Arbeit ohne die Mehrarbeit nicht zu schaffen war.

ACHTUNG DIENSTE HÖHERER ART:

Wer „Dienste höherer Art“ (vgl. § 627 BGB) leistet (z.B. angestellter Architekt eines Architektenbüros, angestellter Arzt einer Arztpraxis oder angestellter Rechtsanwalt einer Rechtsanwaltskanzlei) erhält in der Regel seine Überstunden gar nicht vergütet, unabhängig von der Verdiensthöhe (siehe dazu das Urteil des BAG vom 17. August 2011, Az 5 AZR 406/10).

Soweit Angestellt keinem Tarifvertrag (natürlich nur mit wirksamer Überstunden/Mehrarbeits-Klausel) unterliegen, sie keine Dienste höherer Art leisten, ihr Jahresbruttoeinkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung liegt (West: EUR 67.200,00 brutto; Ost: EUR 57.600,00) liegt und ihr Arbeitsvertrag eine der vorgenannten oder eine ähnliche Ausschluss-/Abgeltungsklauseln zur Überstunden/Mehrarbeitsvergütung enthält, sollte seine seit 2009 geleitete Mehrarbeit zusammenzählen und den Arbeitgeber höflich bitten, diese Mehrarbeit zu vergüten. Der Anspruch auf Überstundenvergütung für geleistete Überstunden aus dem Jahr 2009 verjähren zum Ende 2012.

Sollte sich der Arbeitgeber weigern müssen die Überstunden eingeklagt werden. Hierfür setzen viele Arbeitsverträge eine Ausschlussfrist von 3 Monaten nach Ablehnung (oder nach 3-wöchigem Schweigen) durch den Arbeitgeber, die vorsorglich beachtet werden muss.

Eine kurze Abklärung ihrer Ansprüche auf Vergütung von geleisteter Mehrarbeit durch einen Rechtsanwalt ist jedenfalls ratsam. (vd)