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Ministerin Schipanski in der Kritik

Theaterfusionen in Thüringen

In den Thüringer Theatern rückt die Kunst in den Hintergrund. Die Fusionspläne der Landesregierung sorgen für Unmut und Angst um den Arbeitsplatz. Die sechs Mehrspartentheater sollen Sparten schließen und ein Viertel der 2.400 Beschäftigten entlassen. Die Betroffenen wehren sich. Sie werfen Landeskunstministerin Dagmar Schipanski (CDU) vor, die vielfältige Theaterlandschaft im Freistaat opfern zu wollen.

Als Schipanski am Donnerstag von einer Dienstreise aus Brüssel zurückkehrte, stapelten sich in ihrem Ministerium die Protestbriefe. Die geplante Fusion des Erfurter Theaters mit dem Deutschen Nationaltheater in Weimar sowie die angestrebte Gründung eines Verbundtheaters für Eisenach-Rudolstadt-Saalfeld, Nordhausen-Sondershausen und die Philharmonie Gotha-Suhl sorgen für einen Sturm der Entrüstung. Neben den Ensembles gehen jetzt auch Lokalpolitiker und die Theaterliebhaber auf die Barrikaden. Vor allem, da Schipanski vor der Auslandsreise in einem Offenen Brief die Pläne verteidigte.

Im Mittelpunkt der Proteste steht das Weimarer Nationaltheater, das sein Opernensemble verlieren soll. Dies bekam Kulturministeriums-Vertreter Rolf Lettmann auf unangenehme Art und Weise am Mittwochabend auf einer Podiumsdiskussion in Thüringens größtem Bühnenhaus zu spüren. Im voll besetzten Nationaltheater drohte die Veranstaltung in einen Schauprozess gegen Lettmann und sein Ministerium auszuarten. Selbst Intendant Stephan Märki hatte Schwierigkeiten, die aufgeheizten Gemüter der empörten Weimarer zu beruhigen.

Dabei spielt Märki eine Schlüsselrolle in dem Streit. Er hatte das Publikum aufgefordert, Briefe an Schipanski zu schreiben. Nun überschütten Theaterfreunde aus ganz Deutschland das Kunstministerium in Erfurt mit Protestschreiben. Nach diesem Erfolg überlegt sich der Theaterchef bereits den nächsten Schritt kulturpolitischen Ungehorsams. Er will mit seinem 400 Mann starken Ensemble auf die Straße gehen. Unterstützung erhält Märki dabei von der Belegschaft. Der Personalrat forderte in einem Offenen Brief zur geschlossenen Abwehr gegen die "erpresserischen Pläne der Landesregierung" auf.

Der massive Protest in der Klassikerstadt scheint auch auf die anderen bedrohten Theaterstandorte zu wirken. Ein Erfurter Schauspieler bekannte in der Weimarer Podiumsdiskussion, er sei neidisch auf ein Publikum, das so um seine Bühne kämpft. Das Ensemble in der Landeshauptstadt sieht sich sowohl vom Kunstministerium als auch vom neuen Intendanten Guy Montavon im Stich gelassen, weil nur noch das Opernensemble erhalten werden soll. Die Schauspieler demonstrierten bereits in der Erfurter Innenstadt und sammelten Unterschriften.

Den Protesten schließt sich nun das Ensemble in Rudolstadt an. In der Kleinstadt sollen bei Gründung des Verbundtheaters das Orchester und das Schauspiel wegfallen, was faktisch das Aus des Theaterstandorts bedeutet. Denn nur das Jugendtheater soll erhalten bleiben. Musikdirektor Oliver Wendel warnt deshalb in einem Offenen Brief davor, "dass die Provinz ihre Kultur" verliert.

In dem Streit zeichnet sich nun auf Grund der gemeinsamen Probleme eine Solidarisierung der Betroffenen ab. Dann droht spätestens im August die nächste Protestwelle, wenn Schipanski präzise Sparpläne von den Trägern erwartet. Damit ist klar: Die Ministerin spielt in dem Sommertheater unfreiwillig die Hauptrolle.