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Öko-Institut fordert Reinheitsgebot für Saatgut

Zu viel Gentechnik

Das Öko-Institut e.V. in Freiburg fordert ein Reinheitsgebot für Saatgut. Damit kritisiert der Verein die Auffassung der EU-Kommission. Das Gremium vertritt die Position, dass Saatgut künftig in Abhängigkeit von der Nutzpflanzenart 0,3 bis 0,7 Prozent gentechnisch veränderter Sorten enthalten könne, ohne dass dies gekennzeichnet werden müsse. So solle Rapssaatgut ab 0,3 Prozent, Maissaatgut ab 0,5 Prozent und Sojasaatgut erst ab 0,7 Prozent gentechnisch veränderter Bestandteile gekennzeichnet werden. Am Montag legte die EU-Kommission ihren Vorschlag dem Ständigen Ausschuss für Saatgut in Brüssel vor, der Mitte Oktober darüber abstimmen soll.

"Wir empfehlen ein Reinheitsgebot für Saatgut", sagt Dr. Beatrix Tappeser. Die Wissenschaftlerin ist Koordinatorin des Bereichs "Biodiversität, Ernährung & Landwirtschaft" im Öko-Institut e.V. in Freiburg. "Das Saatgut sollte maximal 0,1 Prozent gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten dürfen. Das ist die technische Nachweisgrenze. Mit diesem Grenzwert ist die Wahlfreiheit der Landwirte gewährleistet, eine gentechnikfreie und ökologische Landwirtschaft zu betreiben", erläutert die Expertin.

Aus Sicht der WissenschaftlerInnen im Öko-Institut sprechen mehrere Gründe gegen die neue Richtlinie aus Brüssel: Sie schränke die Wahlfreiheit der Landwirte sehr stark ein, möglichst gentechnikfrei zu produzieren. Zudem würden durch die Zulassung von gentechnisch verändertem Saatgut die Kriterien des ökologischen Landbaus unterlaufen. Beim ökologischen Landbau sind keine transgenen Sorten zugelassen.

Befürchtet werden auch Konsequenzen für Lebensmittel. Wenn verunreinigtes Saatgut verwendet werde, werde der Schwellenwert für gentechnisch veränderte Bestandteile in Nahrungsmitteln, die eine Kennzeichnung erfordern, schnell überschritten. Der Grenzwert liegt europaweit bei 0,9 Prozent. Die Richtlinie schränke auch die Wahlfreiheit der VerbraucherInnen ein, sich bewusst für gentechnikfreie Produkte entscheiden zu können.

Nach Einschätzung des Öko-Instituts ist ein Reinheitsgebot insbesondere für das Saatgut sehr gut umzusetzen. So nehme die Saatgutproduktion einen so geringen Flächenanteil ein, dass Abstandsregelungen und die Produktion in gentechnikfreien Gebieten gut durchzusetzen seien. Reines Saatgut entschärfe zudem die "Koexistenzproblematik" zwischen Gen-Bauern und Öko-Landwirten. Gleichzeitig sorge es auch für Entspannung bei der Frage der Abstandsregeln, die in der Diskussion um das "Herüberwehen" von gentechnisch veränderten Pollen verhandelt werden.

Das Öko-Institut appelliert zudem an die Saatgutindustrie, ihre Kenntnisse und Möglichkeiten bei der Saatgutproduktion so wirkungsvoll einzusetzen, dass auf den einzelnen Landwirt eine möglichst geringe Belastung mit gentechnisch veränderten Organismen zukommt. Nur so sei es möglich, dass der Schwellenwert von 0,9 Prozent für gentechnisch veränderte Lebensmittel eingehalten werden könne.

Das Öko-Institut e.V. ist nach eigenen Angaben das führende Umweltforschungsinstitut im Bereich der angewandten Ökologie. Es erstellt Gutachten und berät PolitikerInnen, Umweltverbände, Institutionen und Unternehmen. An den drei Standorten Freiburg, Darmstadt und Berlin beschäftigt das Institut über 100 MitarbeiterInnen, darunter 70 WissenschaftlerInnen.