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Schlamperei beim Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge

Asylverfahren

Offenbar unter hohem Zeitdruck für die Einzelentscheider produziert das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge jetzt nicht nur - wie von PRO ASYL früher kritisiert - hastig zusammengeschusterte Ablehnungsbescheide aus Textbausteinen, auch bei der Anhörung von Asylantragstellern selbst scheint die Qualitätskontrolle nicht zu funktionieren. Aus Schlamperei, unfairer Anhörung und absurder Schlusslogik der Entscheiderin ergibt sich eine brisante Mischung, wie ein aktueller Fall belegt.

PRO ASYL liegt das Protokoll über die Anhörung eines äthiopischen Asylantragstellers bei der Außenstelle des Bundesamtes im Frankfurter Flughafen vor. An vier Stellen enthält es Asterisken (*). Die so gekennzeichneten Lücken stehen für Daten, Namen und Fakten. Selbst die Sprache, in der die Anhörung durchgeführt wurde, bleibt unklar. Ob die Lücken auf technische Mängel beim Diktat, undeutliche Sprache oder andere vom Bundesamt zu verantwortende Sachverhalte zurückgehen, lässt sich nicht feststellen. Das Protokoll enthält keinen entsprechenden Vermerk.

Das Protokoll der Befragung ist auch inhaltlich in weiten Teilen unlogisch. Unklar bleibt, ob dies auf Missverständnisse durch die Dolmetscherin zurückgeht oder auf die missverständlichen und zum Teil sinnlosen Fragen der Einzelentscheiderin. So fragt die Bundesamtsentscheiderin Köhler mehrfach insistierend, wie oft der Antragsteller "Propaganda" gemacht habe, wobei unklar bleibt, was sie unter Propaganda versteht.

Obwohl Propaganda im Wortsinne nur in der Öffentlichkeit, nicht aber im privaten Bereich stattfinden kann, findet sich im Protokoll die Frage: "Und wie oft haben Sie mit den Jugendlichen im Café oder bei Ihnen zuhause Propaganda gemacht?" Die missverständliche Frage will die Einzelentscheiderin auch noch eindeutig beantwortet wissen: "Haben Sie mich jetzt verstanden mit meiner Frage, oder wollen Sie nicht antworten. Die Frage war deutlich und klar". Immerhin hat die Entscheiderin auf diese Weise ihre eigene Unwilligkeit zu einer fairen Anhörung zu Protokoll gegeben.

Der Asylsuchende selbst gibt an, er habe der Einzelentscheiderin seinen immer noch sichtbar zertrümmerten Unterkiefer gezeigt und sie gebeten, ihn zu diesem sichtbaren Zeichen der Folgen einer Demonstrationsteilnahme zu befragen. Dies sei von Seiten der Entscheiderin abgelehnt und auch nicht im Protokoll vermerkt worden.

Die vorurteilsbehaftete Haltung der Einzelentscheiderin wird auch deutlich aus einem weiteren von ihr selbst protokollierten Vermerk: "Die Anhörung gestaltete sich sehr schwierig, weil der Antragsteller dauernd ausweicht und irgendetwas erzählen will, was er sich zurechtgelegt hat." Damit fließt eine eindeutige Wertung bereits in die Befragung ein. Ob der Antragsteller tatsächlich ausweichen wollte, müsste sich aus den möglichst wörtlich protokollierten Fragen und Antworten ergeben. Es wirkt sich zu Lasten des Asylsuchenden aus, dass das Asylverfahrensgesetz eine wörtliche Protokollierung nicht vorschreibt. Die Leitung des Bundesamtes versäumt es darüber hinaus offenbar, die Bediensteten darauf hinzuweisen, dass über Fragen und Antworten hinausgehende Protokollvermerke dieser Art Hinweise auf eine mögliche Befangenheit geben und unzulässig sind.

Dass solche technisch und fachlich mangelhaften Protokolle überhaupt von Seiten des Bundesamtes verschickt werden können, deutet darauf, dass eine effektive Qualitätskontrolle trotz gegenteiliger Äußerungen des Bundesamtes nicht stattfindet. Sie ist wohl auch politisch nicht gewünscht. Ohne dass die Fehler des Protokolls inzwischen berichtigt wären, hat die Einzelentscheiderin inzwischen am 26. März 2004 den Asylantrag abgelehnt. Der Ablehnungsbescheid enthält fast ausnahmslos Textbausteine.

Wo Frau Köhler über den Standardtext des Bundesamtes hinausgeht, zeigt sich, dass in ihrem Weltbild politische Flüchtlinge überhaupt nicht vorkommen. Im Bescheid heißt es: "Zudem ist es extrem unglaubwürdig, wenn er (der Asylantragsteller, PRO ASYL) einerseits vorträgt, den Tod zu befürchten, andererseits aber dennoch angeblich nicht von der Politik lassen zu können. Jemand der um sein Leben fürchtet, tut alles, um dies sich zu erhalten, auch wenn er dabei auf seine politische Tätigkeit verzichten müsste." Menschen, die Risiken auf sich nehmen, wenn sie für ihre oppositionelle Gesinnung eintreten, kennt Frau Köhler nicht. Denn die Menschheit ist zu feige, wenn man Frau Köhlers Logik folgen will. Dann aber drängt sich eine weitere Frage auf: Wofür brauchen wir ein Asylrecht?