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Internationaler Gerichtshof beurteilt israelischen Mauerbau

Völkerrecht

Am Freitag, den 9. Juli 2004, wird der Internationale Gerichtshof sein Gutachten zur Rechtmäßigkeit und zu den Rechtsfolgen des Baus der Sperrmauer im Westjordanland fällen, die Teile der palästinensischen Gebiete durchtrennt. Anfang diesen Jahres hatte der EED an Außenminister Joschka Fischer appelliert, ein solches Rechtsgutachten zu Israels Mauerbau auf der Grundlage des humanitären Völkerrechts zu befürworten. Die Positionierung der Bundesregierung war eindeutig: Sie lehnte ein Gutachten ab, da es "nicht geeignet sei, die Bemühungen der Konfliktparteien um eine Wiederbelebung des politischen Dialogs zu befördern."

Die UN-Vollversammlung hatte aber trotz der Bedenken einiger westlicher Staaten den IGH um das Gutachten gebeten. Die israelischen und palästinensischen Partnerorganisationen des EED sehen in einem Richterspruch aus Den Haag eine Weichenstellung, bislang vernachlässigte Rechtsstandards durchzusetzen.

Der morgigen IGH-Entscheidung geht das vor kurzem gefällte Urteil des Obersten Gerichtshofs in Israel voraus. Das Urteil sorgte für Aufsehen, weil es der Klage von Einwohnern des palästinensischen Dorfs Beit Surik gegen den Staat Israel in Teilen stattgab. Das Urteil des israelischen Gerichts ist verbindlich: nun muss der Abschnitt des Mauerverlaufs bei Beit Surik nordwestlich von Jerusalem geändert werden.

Jessica Montell von der israelischen EED-Partnerorganisation für Menschenrechte B'Tselem trifft eine Einschätzung zur Bedeutung beider Gerichtsprozesse: "Das israelische Urteil macht die Entscheidung des IGH keinesfalls obsolet, denn bislang hat sich noch kein israelisches Gericht zur prinzipiellen Frage geäußert, ob Israel die Absperrung überhaupt innerhalb der besetzten Gebiete errichten darf".

Montell betont, dass die Klage von Beit Surik erst ein Anfang war: "Auf der Prozessliste stehen Dutzende weiterer Fälle von Orten die in ähnlicher Weise betroffen sind. Würde die Anlage entlang der geplanten Trassenführung gebaut, würden über 250.000 Menschen in 81 Orten in isolierte Enklaven eingeschlossen und Bauern von weiten Teilen ihrer Felder abgeschnitten. Gelte hingegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit überall, dann würden viele andere Bauabschnitte ebenfalls hinfällig."

Die mit Spannung erwartete Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs kann richtungsweisend sein für die Durchsetzung des humanitären Völkerrechts: "Das Urteil in Den Haag stellt eine Chance dar, dass die Verantwortlichen in Israel und den palästinensischen Gebieten sich dem öffentlichen Druck beugen, die Einhaltung der Menschenrechte zu garantieren und sie nicht zu ignorieren, Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu treffen und den Weg zu einem stabilen und gerechten Frieden zu ebnen", so Konrad von Bonin, Vorstandsvorsitzender des EED. "Eine Entscheidung zur Rechtssituation der palästinensischen Gebiete könnte auch für andere Konfliktregionen wegweisend sein: Sicherheit kann nicht hergestellt werden, wenn der Preis dafür Verletzungen des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte sind."