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Jugendgewalt

Kommunen und Türkische Gemeinde fordern Integrationsoffensive

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Um Jugendkrawalle wie in Frankreich zu verhindern, schlägt die Türkische Gemeinde in Deutschland einen nationalen Ausbildungspakt speziell für Jugendliche nichtdeutscher Herkunft vor. Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte am Donnerstag von der künftigen Bundesregierung eine milliardenschwere "Integrationsoffensive".


Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, Kenan Kolat, forderte, es sollten 10.000 Ausbildungsplätze für Jugendliche mit Migrationshintergrund geschaffen werden. Dafür sollte im Bundeshaushalt ein Extratitel geschaffen werden. Kolat verwies auf die nur halb so hohe Ausbildungsquote bei türkischstämmigen Jugendlichen im Vergleich zu Altersgenossen deutscher Herkunft.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), sprach ebenfalls von einer "ganz deutlich sichtbaren" ethnischen Diskriminierung bei der Vergabe von Lehrstellen. Dies werde von den Betroffenen als Zurückweisung empfunden und bilde den Nährboden für Proteste und möglicherweise Gewalt. Es sei im eigenen Interesse des Landes, dem entgegen zu wirken, betonte Beck.

Die Integrationsbemühungen müsse sich der Bund einige Milliarden Euro kosten lassen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindetages, Gerd Landsberg. Die Kommunen allein könnten diese Summe nicht aufbringen. Konkret müsse der soziale Wohnungsbau wieder Priorität bekommen, um eine Gettoisierung zu vermeiden, sagte Landsberg. Er bemängelte zudem, dass es viel zu wenige Migranten im öffentlichen Dienst gebe. Die Türkische Gemeinde forderte eine zehnprozentige Quote bei Einstellungen im öffentlichen Dienst.

Wichtigster Punkt sei aber, schon im Kindergarten und nicht erst in der Grundschule Chancengleichheit durch Sprachunterricht zu fördern, betonte Landsberg. Wer schon mit Sprachdefiziten in die Schule komme, hole das meist nicht mehr auf. Nach seiner Ansicht rechnen sich die Ausgaben für eine Integrationsoffensive. "Die langfristigen Schäden, die eine Entwicklung wie Frankreich verursacht, sind ungleich teurer", argumentierte er. Das Geld sei bestens angelegt und würde mehrfach verzinst werden.

Neben Kolat betonte aber auch Beck, trotz offener Diskriminierung sei das Problem der Ausgrenzung in erster Linie sozialer und nicht ethnischer Natur. Wie die Bildungsstudie PISA gezeigt habe, entscheide die soziale Schichtzugehörigkeit maßgeblich über die Bildungschancen, sagte Beck. Und dies betreffe in den sozialen Unterschichten Menschen sowohl ausländischer als auch deutscher Herkunft.

Nach Untersuchungen des Soziologen Wolfgang Lauterbach von der Universität Münster hat die soziale Herkunft den größten Einfluss auf die Bildungschancen eines Kindes. Schuld daran seien besonders der große Einfluss der Eltern, die die Leistungsfähigkeit des Kindes nicht ausreichend beachteten, und die zu frühe Festlegung auf einen bestimmten Schulabschluss. In Schweden beispielsweise sei dies besser geregelt: Dort werden die Kinder bis zur zehnten Klasse gemeinsam unterrichtet, erst danach trennen sich ihre Wege. Jugendliche würden sich im Alter von 16 Jahren sehr viel unabhängiger von ihren Eltern entscheiden können, als das bei zehnjährigen Kindern der Fall sei.

Ein weiteres Problem sei, dass die verschiedenen Schulformen in Deutschland "hermetisch voneinander abgeschottet" seien. Frühe Fehlentscheidungen können so nicht mehr korrigiert werden.

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