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Seehofer wehrt sich gegen Vorwurf der Vertuschung im Gammelfleisch-Skandal

In Bayern "nachgehört"

Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) setzt sich gegen den Vorwurf der Vertuschung im Gammelfleischskandal zur Wehr. Der CSU-Politiker nannte am Sonntag Vorhaltungen, er habe die Bürger zu spät über den Skandal informiert, "absurd". Seehofer sprach von einem "durchsichtigen parteipolitischen Manöver". Seehofer erklärte, am 25. August sei erstmals in Meldungen von einem Verdacht auf Umetikettierung abgelaufener Lebensmittel in einem Betrieb in Gröbenzell die Rede gewesen. Hinweise auf den Umfang von beanstandeten Waren habe es nicht gegeben. Nach weiteren Meldungen über Beanstandungen in Bayern habe der Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium, Gert Lindemann, am letzten Augustwochenende Mitarbeiter beauftragt, "in Bayern nachzuhören, ob man es mit einem größeren Geschehen zu tun habe". Aus dem Ministerium in Bayern sei jedoch lediglich zu hören gewesen, dass die Ermittlungen andauerten und nähere Informationen nicht vorlägen.

Erst am 31. August sei seinem Ministerium wieder über Agenturmeldungen bekannt geworden, dass in einem zweiten Betrieb in München "nicht verkehrsfähiges Fleisch" sichergestellt worden sei und die Staatsanwaltschaft davon ausgehe, dass Ware auch in andere Bundesländer und möglicherweise in das Ausland geliefert wurde. Nachfragen in Bayern hätten daraufhin "zu ersten belastbaren Informationen" am 1. September abends und zu ergänzenden Meldungen für das europäische Schnellwarnsystem am späten Abend geführt.

Seehofer war zuvor von der Opposition scharf angegriffen worden. So hätte der Minister die Bürger bereits am 25. August vor dem Gammelfleisch warnen müssen. Stattdessen habe er offensichtlich sechs Tage gebraucht, um abzustimmen, was zu tun sei, "und damit den Skandal unter der Decke gehalten". Seehofer habe die Schlampereien in Bayern ganz offensichtlich vertuscht.

Lebensmittel zu Dumping-Preisen sollen jetzt verboten werden

Der Verkauf von Lebensmitteln zu Dumping-Preisen soll verboten werden. Das Bundeswirtschaftsministerium bereite derzeit ein Gesetz vor, das den Verkauf unter Einstandspreis untersagt, berichtete die "Berliner Morgenpost". Das Gesetz, das eigentlich schon im Koalitionsvertrag habe stehen sollen, werde nun durch den Gammelfleisch-Skandal beschleunigt, hieß es. Der seit langem ruinöse Preiswettbewerb gilt als ein Grund dafür, dass immer wieder Fleisch mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum in den Handel gelangt.

Das Wirtschaftsministerium dringt aber auf Ausnahmeregelungen für Wochenmärkte. So müsse es möglich sein, dass ein Obsthändler kurz vor Ende des Marktes seine Waren günstiger anbieten kann, sagte ein Ministeriumssprecher. Eine Sprecherin von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) ergänzte, man sei bereit, bei verderblichen Waren und Saisonartikeln die strenge Regelung zu lockern. Zwar gibt es dem Bericht zufolge schon ein Verbot, Waren unter Einstandspreis zu verkaufen. Jedoch sei das gelegentliche Anbieten von Waren zu noch niedrigeren Preisen erlaubt.

Der Vorsitzende des Verbandes der Lebensmittelkontrolleure, Martin Müller, forderte eine Verdoppelung der Zahl der Prüfer. "Wir sind um die Hälfte zu wenig", sagte er. Derzeit liege die Zahl amtlicher Lebensmittelkontrolleure bei 2500.

Bundesamt rüffelt Bayerns Behörden

Der Präsident der Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, Christian Grugel, hat den Umgang der Behörden in Bayern mit dem Gammelfleisch kritisiert. "Im aktuellen Fall ist dort nicht ausreichend professionell reagiert worden", sagte Grugel der "Westfalenpost". Die Informationen seien "nur spärlich" geflossen.

Der Fraktionschef der SPD im bayerischen Landtag, Franz Maget, kritisierte die jüngsten personellen Konsequenzen aus dem Gammelfleischskandal. "Das sind Bauernopfer, denen die Schuld alleine in die Schuhe geschoben wird", sagte Maget dem "Münchner Merkur". Zuvor waren der Leiter des Staatlichen Veterinäramts und ein Lebensmittelkontrolleur ihrer Aufgaben enthoben worden.

Maget machte erneut den bayerischen Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) für die Missstände verantwortlich: "Hier liegt eindeutig ein Versagen des Ministers vor." Der SPD-Politiker bekräftigte seine Forderung nach dem Rücktritt Schnappaufs. "Schnappauf ist für die Verbraucher kein Schutz, sondern ein Sicherheitsrisiko", meint Maget.

Bayerische Tierärzteverbände wehren sich gegen Vorwurf der "Kumpanei" - Eigenkontrollen der Wirtschaft und Entbürokratisierung

Die bayerischen Tierärzteverbände wehrten sich unlängst gegen Vorwürfe von Bundesverbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) im Zusammenhang mit dem Gammelfleischskandal. Die Lebensmittelkontrollen erfolgten "unangemeldet, in unregelmäßigen Zeitabständen und auch außerhalb der regulären Dienstzeiten", behaupteten die Landestierärztekammer sowie die Organisationen der beamteten und praktizierenden Tierärzte am Donnerstag in München. Es gebe keine "Kumpanei" der Kontrolleure mit den Fleischbetrieben, versicherten die Tierärzteverbände.

"Kriminelle Machenschaften wie im Falle des Münchner Fleischunternehmens könnten letztlich nur dann mit sehr hoher Sicherheit verhindert werden, wenn in allen Betrieben ständig amtliche Tierärzte zur Kontrolle anwesend sind." Dies stehe jedoch im Gegensatz zum Trend in der Politik, immer mehr auf Eigenkontrollen der Wirtschaft, Entbürokratisierung und letztlich Kosteneinsparungen zu setzen.

Als effektivste Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit beim Fleisch fordern die Tierärzte ein Kodierungssystem zur Identifizierung von eingefrorenem Fleisch, höhere Strafen für Verstöße gegen das Lebensmittelrecht, lebenslange Berufsverbote für überführte Täter und die Veröffentlichung der Namen der Verantwortlichen. Zudem müssten die Gastwirte verpflichtet werden, bei Gammelfleischverdacht die Behörden zu informieren.