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Münchner Transrapid wird offenbar nicht gebaut

Industrie gab jetzt hohe Kosten zu

Die in München geplante Transrapid-Strecke vom Hauptbahnhof zum Flughafen wird nun offenbar doch nicht gebaut. Die Kosten wären angeblich mit bis zu 3,4 Milliarden Euro fast doppelt so hoch ausgefallen wie ursprünglich geplant, sagten Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) am 27. März nach einer Krisensitzung mit Vertretern der beteiligten Industrieunternehmen in Berlin. Damit wird es keine kommerziell betriebene Transrapid-Strecke in Deutschland geben. Beckstein kritisierte die Kostenangaben von Hochtief, Bilfinger & Berger, Max Bögl, ThyssenKrupp und Siemens von vor wenigen Monaten. Das jetzige Aus für den Transrapid könnte auch mit der bevorstehenden Landtagswahl in Bayern zu tun haben. Möglicherweise wollte die Industrie nicht die CSU-Mehrheit gefährden und gab nun völlig überhöhte Kosten an, um den Rückzug für die CSU-Spitze begründbar zu machen.

Erst am 25. September 2007 hatten der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber und sein damaliger Wirtschaftsminister Erwin Huber (beide CSU) nach jahrelangem Tauziehen die Einigung über die Finanzierung bekanntgegeben.

Die Finanzierungssumme von 1,85 Milliarden Euro für die rund 37 Kilometer lange Strecke vom Münchener Flughafen in das Stadtzentrum wurde von Experten allerdings bereits damals bezweifelt, da ihr eine Studie aus dem Jahr 2002 zugrunde lag.

Die Industrie habe jetzt plötzlich von Kosten deutlich über 3,0 Milliarden Euro, genauer 3,2 Milliarden Euro bis 3,4 Milliarden Euro gesprochen, sagte Tiefensee. Der Bund sei jedoch nicht bereit, seinen Anteil von 925 Millionen Euro aufzustocken. Das Land Bayern wollte maximal 500 Millionen Euro beisteuern.

Beckstein kritisiert unseriöse Kostenangaben von Hochtief, Bilfinger & Berger, Max Bögl, ThyssenKrupp und Siemens

Beckstein kritisierte nun die am Projekt beteiligten Unternehmen. Er sei von der neuen Kostenschätzung "sehr enttäuscht". Er habe am 26. März durch einen Anruf von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn von der Kostensteigerung erfahren. Noch vor sechs Monaten hätten die Unternehmen Hochtief, Bilfinger & Berger, Max Bögl, ThyssenKrupp und Siemens ein Schreiben unterzeichnet, in dem sie die Kostensumme von 1,85 Milliarden Euro für "erreichbar" erklärt hätten. Grund für den Anstieg auf 3,4 Milliarden Euro sei vor allem der Bausektor, nicht die Teile für den Transrapid. Siemens-Chef Peter Löscher sagte stellvertretend für die am Konsortium beteiligten Unternehmen, das Konsortium sei nicht in der Lage gewesen, den Zielpreis einzuhalten.

Die bayerische Regierung will nun externe Gutachter beauftragen, Alternativen für die Anbindung des Flughafens zu suchen. "Eine Express-S-Bahn scheidet für uns aus, weil es exorbitant die Kosten nach oben treiben würde", sagte Wirtschaftsministerin Emilia Müller (CSU).

Beckstein sieht trotz des Scheiterns weiter Chancen für die Transrapid-Technologie. Er hoffe auf arabische Länder, die USA oder China als Partner, sagte er. Die Industrievertreter kündigten an, die Transrapid-Technologie weiterzuentwickeln.

Bahnchef Mehdorn bezeichnete die Ankündigung des Konsortiums, kein Angebot im bisherigen Budgetrahmen darstellen zu können, als enttäuschend. "Der Standort Deutschland hat damit ein wichtiges Leuchtturmprojekt verloren", meint der Bahnchef.

Auch CSU-Chef Huber kritisierte nun die Wirtschaft. Es sei "sehr bedauerlich, dass dieses technologische Leuchtturmprojekt von nationaler Bedeutung" an einer Kostenexplosion scheitere. "Die alleinige Verantwortung dafür trägt die Wirtschaft, die ihre noch vor einem halben Jahr zugesagten Festpreise nicht eingehalten hat."

Bayern habe Verantwortung übernommen und sei bereit gewesen, ein Viertel der Kosten für den Transrapid zu tragen, sagte der bayerische Finanzminister. "Aber es wäre nicht verantwortlich, in dieser Situation den Anteil an Steuergeldern zu erhöhen."

Wahltaktische Gründe?

Die bevorstehende Landtagswahl in Bayern könnte das Aus des Transrapid beschleunigt haben. In Umfragen sprach sich stets eine klare Mehrheit der Bayern gegen den Bau des Transrapids aus. Beckstein gab denn auch nach seinem Amtsantritt zu erkennen, wo für die CSU die Hintertür sein könnte: bei den Kosten. Er wolle die Magnetschwebebahn, aber "nicht um jeden Preis".

Das Aus für die Magnetschwebebahn erspart der CSU in den Monaten bis zur Landtagswahl Ende September viele unangenehme Diskussionen. Fest angesetzt war für den 13. April in München ein Bürgerentscheid zum Transrapid. Schon am 4. April sollte ferner der Bayerische Verfassungsgerichtshof seine Entscheidung über die Zulässigkeit eines landesweiten Volksbegehrens gegen die Finanzierungspläne für die Magnetschwebebahn verkünden.

Vor allem aber wäre der Transrapid ein brisantes Thema im Landtagswahlkampf geworden - wie schon vor der Münchner Kommunal- und Oberbürgermeisterwahl, bei der die CSU eine bittere Schlappe hinnehmen musste.

Die Opposition wittert denn auch Wahltaktik hinter der Entscheidung. "Ich halte den Termin für das Aus für nicht ganz zufällig", sagte der bayerische SPD-Landesgruppenchef im Bundestag, Florian Pronold. "Die CSU will das Thema wegräumen bis zur Landtagswahl." Der bayerische Grünen-Fraktionschef Sepp Dürr sagte: "Die CSU knickt heute ein, nicht aus Einsicht, sondern aus Angst vor der Landtagswahl."

Das Duo Beckstein/Huber hätte nach turbulenten Wochen statt einer weiteren Pleite eigentlich dringend eine Erfolgsmeldung gebraucht. Zunächst war Huber wegen der Milliardenbelastungen der Bayerischen Landesbank (BayernLB) unter Druck geraten, dann musste die CSU ihr schlechtestes Kommunalwahlergebnis seit mehr als vier Jahrzehnten hinnehmen. Es folgte eine heftige CSU-interne Debatte über eine Aufweichung des erst wenige Wochen gültigen Rauchverbots samt Kritik am Führungstandem. Hubers Oster-Vorstoß zur Wiedereinführung der Pendlerpauschale, mit der er sein bundespolitisches Gewicht untermauern wollte, stieß auch in der Schwesterpartei CDU auf Kritik.

So knallten ein halbes Jahr nach dem Champagner-Umtrunk in der Staatskanzlei am 27. März die Sektkorken bei der Opposition im Landtag. "Wir haben schon kräftig gefeiert, das ist ein schöner Tag für Bayern", sagte Dürr. "Darum bin ich so beschwingt."

CSU-Zeitung wirbt nochmals ganzseitig für Münchner Transrapid

Wegen ihres frühen Drucktermins wirbt die CSU-Zeitung "Bayernkurier" in ihrer offiziell am 29. März erscheinenden neuen Ausgabe nochmals ganzseitig für den Transrapid. Unter dem Motto "Infos und Argumente" kommt in einem Interview der Diplomingenieur Hans Georg Raschbichler als "Vater des Transrapid" zu Wort und es werden Vorteile des Transrapids vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen im Kostenvergleich zu anderen Nahverkehrsmitteln aufgezeigt.

Ferner wirbt ein Artikel für eine Mitgliedschaft im von Wirtschaftsverbänden getragene Verein "Bayern pro Rapid". "Das Fazit von 'Bayern pro Rapid' ist eindeutig: Der Transrapid ist notwendig, er ist schnell und sicher, er ist wirtschaftlich, die Eckpfeiler für die Finanzierung sind gesetzt, und er kann in wenigen Jahren seinen Betrieb aufnehmen", heißt es in dem Text.