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Zahl laufender Volksbegehren und -initiativen 2008 auf Höchststand

Harrsche Kritik an Thüringen

Viele Bürgerinnen und Bürger wollen mehr direkte Demokratie. Mit insgesamt 44 laufenden Volksbegehren und Volksinitiativen hat das direktdemokratische Engagement der Bürger den höchsten Stand in der Geschichte der Bundesrepublik erreicht. Nach einem Höchststand neu eingeleiteter Volksinitiativen 2007 mit damals 22 Verfahren wurden 2008 bundesweit 17 Volksinitiativen gestartet, geht aus dem am Donnerstag (5. März) in Berlin vorgelegten Jahresbericht des Vereins "Mehr Demokratie" hervor.

Obwohl im vergangenen Jahr 43 Prozent aller Volksbegehren und -initiativen erfolgreich waren - im Gegensatz zum langjährigen Mittel von 27 Prozent - fordert der Verein, die Hürden für Volksbegehren zu senken.

Über einen längeren Zeitraum betrachtet werde direkte Demokratie in Hamburg am intensivsten genutzt: Alle 1,3 Jahre finde dort ein Volksbegehren, alle 2,6 Jahre ein Volksentscheid statt. Mit 5 Volksentscheiden liege die Hansestadt mittlerweile gleichauf mit dem langjährigen Spitzenreiter Bayern. Nach jahrelangem Gezerre habe sich die Initiative "Für faire und verbindliche Volksentscheide - Mehr Demokratie" 2008 mit den Parteien auf eine höhere Verbindlichkeit und bürgerfreundlichere Regelung des Zustimmungsquorums bei Volksentscheiden geeinigt.

In anderen Ländern, etwa in Thüringen, sei die politische Kultur im Umgang mit Volksbegehren dagegen "verbesserungsbedürftig". Dort habe die allein regierende CDU das Votum von knapp 236.000 Bürgern zum Volksbegehren 'Mehr Demokratie in Thüringern Kommunen' missachtet, indem sie noch vor dem Volksentscheid die Gesetzeslage geändert habe. "Der große Erfolg des Jahres 2008 wurde von der CDU in ein verfassungspolitisches Desaster manövriert", kritisiert der Vorstandssprecher von Mehr Demokratie, Gerald Häfner.

Auch insgesamt sieht er noch Verbesserungsbedarf: "Noch immer scheitern zwei Drittel aller Verfahren vor einem Volksentscheid an kurzen Fristen, hohen Hürden, Themenausschlüssen und Formulierungsfallen." Exemplarisch zeige sich das in Berlin: Zwar sei die Hauptstadt 2008 mit vier neu gestarteten Initiativen und zwei Volksbegehren in der zweiten Stufe Spitzenreiter. "Doch zugleich klagen gleich drei Initiativen vor dem Verfassungsgericht, weil der Senat sie für ganz oder teilweise für unzulässig erklärt hat."

Schafft es eine Initiative bis zum Volksentscheid, dann liegt die durschnittliche Erfolgsquote den Angaben zufolge bei rund 57 Prozent. "Dort wo es zusätzliche Abstimmungshürden gibt, ist fast jeder zweite Volksentscheid gescheitert, auch wenn die Bevölkerung mit 'Ja' gestimmt hat", so Häfner, "das ist frustrierend und inakzeptabel", meint er.

Je nach Thema müssten in vielen Ländern zwischen 25 und 50 Prozent aller Wahlberechtigten zustimmen. Ohne die Kopplung an eine Wahl sei das aber kaum zu schaffen. "Unsere Studie hat ergeben, dass sich an Volksentscheiden, die zusammen mit Wahlen stattfinden, durchschnittlich 62 Prozent beteiligen, allerdings nur knapp 36 Prozent an Volksentscheiden ohne Wahl, wie im Fall Tempelhof."

"Direkte Demokratie braucht nicht nur aktive Bürger, sondern auch transparente und effiziente Verfahren ohne Fußangeln", fordert Häfner. Mehr Demokratie wolle deshalb weiter dafür eintreten, dass die Hürden bei Volksentscheiden abgeschafft oder zumindest gesenkt würden.