April 2010
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Merkel macht Druck auf Griechenland
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erhöht ihren Druck auf Griechenland. Das Land in der Schuldenkrise soll vor der angekündigten Finanzspritze zunächst so genannte "Reformen" durchführen. Das bedeutet nichts anderes als einen rigiden Sparkurs, unter dem vermutlich in erster Linie die Bevölkerung Griechenlands zu leiden hat. Nur wenn die griechische Politik diesem Diktat Deutschlands Folge leistet, möchte Kanzlerin Merkel Hilfe gewähren. Deutschland will sich dann an einem gemeinsamen Kredit von EU und Internationalen Währungsfonds (IWF) beteiligen. "Wir brauchen eine positive Entwicklung in Griechenland, verbunden mit weiteren Sparanstrengungen", sagte Merkel am Montag (26. April). "Deutschland wird helfen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Das dauert noch einige Tage." Für die Finanzspritze unter anderem aus Deutschland muss Griechenland also zunächst mit einem drakonischen Sparprogramm bezahlen. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac kritisierte unterdessen eine "zynische mediale und politische Stimmungsmache gegen Griechenland". Anstelle der Erpressung des Landes am Mittelmeer verlangen die Globalisierungskritiker einen Forderungs-Verzicht der Gläubiger-Banken.
Landtagswahl NRW mobilisiert 120.000 Atomkraftgegner
Es war unter anderem die Aussicht, bei der bevorstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen (NRW 2010) die schwarz-gelbe Bundesratsmehrheit zu kippen, die am Samstag (24. April) allein in Norddeutschland mehr als 120.000 Atomkraftgegner auf die Straße brachte. Denn: Verlieren Union und FDP bei der Landtagswahl in NRW am 9. Mai ihre Mehrheit, dann können sie ihr Vorhaben, die Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke zu verlängern, vermutlich zu den Akten legen. Die mehr als 120.000 Atomkraftgegner demonstrierten mit einer rund 120 Kilometer langen Aktions- und Menschenkette vom Atomkraftwerk Krümmel in Schleswig-Holstein quer durch Hamburg bis zum Kernkraftwerk Brunsbüttel gegen den Weiterbetrieb dieser Anlagen.
RWE wirbt für Wüstenstrom
Mit einer zweiseitigen Anzeige in der kostenlosen Jugendzeitschrift "spiesser" wirbt der Energieriese RWE derzeit für solarthermische Wüstenkraftwerke in der Sahara, besser bekannt unter der Bezeichnung "Desertec". Handelt es sich hierbei um eine Solarenergie-Konzeption für morgen oder lediglich um eine vage Vision in ungewisser Zukunft? Auf diese Frage gibt RWE-Solarenergie-Manager Frank Dinter in der Anzeige eine klare Antwort: "Desertec heißt das Projekt. Aber noch ist es Vision." RWE verweist auf den in den vergangenen Monaten immer wieder genannten Zeithorizont: Bis 2050 wolle die "Desertec Foundation", ein Zusammenschluss von Banken, Konzernen und sonstigen Institutionen, das Projekt realisieren. Und: Im Jahr 2050 sollen die Wüstenkraftwerke gerade mal 15 Prozent des Strombedarfs decken. 85 Prozent des Strombedarfs lassen sich also nicht aus der Wüste decken. Ganz abgesehen vom Energiebedarf für den Verkehr sowie für Warmwasser, Raum- und Prozesswärme in der Industrie.
Wahlkampfschlager Videoüberwachung
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat in einem "Regierungspapier" angekündigt, so genannte "Angsträume", wie Bahnhöfe, vor allem durch mehr Videoüberwachung zu verringern. Mit dieser Forderung treibe Rüttgers - wie so oft kurz vor der Wahl - die Sau "Innere Sicherheit" durchs Dorf, um seine Stammwähler zu bedienen, kritisiert die Landtagskandidatin der Partei Die Linke, Anna Conrads. Mit der Forderung nach mehr Videoüberwachung suggeriere Rüttgers im Vorfeld der Landtagswahl NRW 2010 mehr Sicherheit, "die de facto dadurch nicht geschaffen wird". Bei der CDU ist eine lange Tradition, mit dem Wahlkampfthema Innere Sicherheit ängstliche, konservative Wählerschichten an die Wahlurne zu bringen und erneut CDU zu wählen, obwohl sie es aus anderen Gründen möglicherweise nicht täten.
Roland Koch will Anti-Atom-Demo verteuern
Mit mehreren tausend Demonstranten möchte die Anti-Atom-Bewegung am kommenden Samstag (24. April) das RWE-Atomkraftwerk Biblis "umzingeln". Die Veranstalter der Anti-Atomkraft-Demo sollen nach dem Willen der Gemeinde Biblis für den Einsatz von Sanitätern mehrere tausend Euro zahlen. Sie sehen dadurch das Demonstrationsrecht in Gefahr. Mit einem gerichtlichen Eilantrag wenden sie sich nun gegen die Forderung der Gemeinde. Noch nie in der Geschichte der Anti-Atom-Bewegung gab es eine vergleichbare Kosten-Auflage. Besonders pikant: Die Gemeinde handelt auf Empfehlung der hessischen Landesregierung unter Ministerpräsident Roland Koch (CDU).
Millionen Tierversuche pro Jahr
Anlässlich des Internationalen Tags des Versuchstiers (24. April) weist der Deutsche Tierschutzbund auf die Qualen von Millionen Versuchstieren hin. Rund 2,6 Millionen Nager, Kaninchen, Hunde, Katzen und Affen werden pro Jahr in deutschen Labors bei Tierversuchen eingesetzt. "Ihr Erbgut wird manipuliert, sie werden aufgeschnitten, künstlich krank gemacht oder quälend langsam vergiftet", kritisiert der Tierschutzbund. "Wenn sie nicht mehr gebraucht werden, landen die Tiere im Müll." Die Organisation wirft Bundesforschungsministerin Annette Schavan vor, sie wende sich "gegen jegliche Einschränkung von Tierversuchen".
Wahlen im Sudan
Über die im Sudan laufenden National- und Präsidentschaftswahlen wird in deutschen und anderen westlichen Medien überwiegend negativ berichtet. Der ausgewiesene Sudan-Experte Stefan Kröpelin von der Forschungsstelle Afrika an der Universität zu Köln widerspricht im Gespräch mit ngo-online dem Negativ-Bild, welches viele Medien über das größte afrikanische Land und seinen Präsidenten Omar al-Baschir zeichnen. Nach seiner Einschätzung merken die Sudanesen, "dass es mit dem Sudan aufwärts geht". Bashir betreibe eine nützliche und pragmatische Politik und habe dadurch in der Bevölkerung extrem an Popularität gewonnen. Der Sudan-Experte weist praktisch alle in den Medien ständig wiederholten Vorwürfe als haltlos zurück. Den USA und Deutschland gehe es im Sudan insbesondere darum, in Konkurrenz zu China Zugriff auf die Rohstoffe des Landes zu bekommen. Wie so oft geht es dabei insbesondere um einen möglichst exklusiven Zugriff auf Erdölvorkommen. Daher drängen die USA, Deutschland und andere europäische Staaten auf eine Teilung des Landes.
Dachdecker und Rente mit 67
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will bestimmte Berufsgruppen nicht von der Rente mit 67 ausnehmen. "Ob Dachdecker oder Bäcker, niemand muss mit 66 noch genau dasselbe machen, was er mit 16 gelernt hat", sagte die Ministerin der "Rheinischen Post" (Mittwoch, 14. April). Wer Berufserfahrung habe, könne "auch Büroarbeit in seiner Branche übernehmen", so von der Leyen. Nach Auffassung des IG BAU-Bundesvorsitzenden Klaus Wiesehügel ist dies völlig "lebensfremd".
Solidarische Einfachsteuer vorgeschlagen
Auf die Pläne der FDP für Steuersenkungen reagierte das globalisierungskritische Netzwerk Attac am Dienstag (13. April) mit dem Vorschlag für die Einführung einer "Solidarischen Einfachsteuer (SES)". Dieses gemeinsam mit den Gewerkschaften Ver.di und IG Metall im Jahr 2004 ausgearbeitete Konzept sieht unter anderem einen hohen Spitzensteuersatz für Reiche und Superreiche sowie die "ordentliche Besteuerung" großer Vermögen und Erbschaften vor. Zudem fordert Attac eine Abgabe für die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung, die mehr 60 Prozent allen Vermögens in Deutschland besitzen. Derzeit wird das Konzept aktualisiert.
Nitrat im Grundwasser
Der Verein zum Schutze des Rheins und seiner Nebenflüsse ("VSR-Gewässerschutz") beklagt überhöhte Nitratwerte im Grundwasser als Folge der Massentierhaltung. Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union fordert, dass die Nitratkonzentration im Grundwasser den Wert von 50 Milligramm pro Liter (mg/l) nicht überschreiten soll. Der VSR-Gewässerschutz kam bei Grundwasseruntersuchungen in der Emsregion aber zu dem Ergebnis, dass dieser Wert vielerorts überschritten wird. Besonders hohe Belastungen mit Spitzenkonzentrationen von mehr als 150 Milligramm Nitrat pro Liter wurden nach Angaben der Umweltschützer dabei im Bereich Meppen – Rheine – Bramsche - Dinklage festgestellt. In mehr als einem Viertel der in den letzten zwei Jahren untersuchten 376 privat genutzten Brunnen dieser Region lag die Nitratkonzentration den Angaben zufolge oberhalb von 50 mg/l. Dieses belastete Grundwasser fließt unter anderem der Ems zu und gelangt schließlich in die Nordsee.