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Alle Artikel zu diesem Thema
Bürgerrechtler für Boykott der neuen Steuernummern
Bürgerrechtler rufen zum Boykott der neu eingeführten Steuer-Identifikationsnummern (Steuer-ID) auf. "Ein staatlich verordnetes Personenkennzeichen wie die Steuer-ID ist der Einstieg in die zunehmende Vernetzung staatlicher Datensammlungen", kritisierte der Vize-Vorsitzende der "Humanistischen Union (HU)", Fredrik Roggan, am Montag (25. August) in Berlin. Die Organisation habe beim Finanzgericht Köln eine Musterklage gegen die neuen Steuer-IDs eingereicht. Bis zu einer gerichtlichen Grundsatzentscheidung sollten die Bürger weiter die alten Steuernummern verwenden. Die eindeutige Kennung per Steuer-ID erleichtere es den Behörden, aus verschiedenen Quellen Datenprofile der Bürger zusammenzustellen, bemängelte HU-Geschäftsführer Sven Lüders.
Burkhard Hirsch beklagt "Herumfummelei" an der Verfassung
Der frühere Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch (FDP) beklagt ein Ausufern staatlichen Sicherheitsdenkens auf Kosten der Grundrechte. "Die Herumfummelei an unserer Verfassung und unseren Grundrechten muss aufhören", sagte Hirsch am 8. Mai bei der Vorstellung des "Grundrechte-Reports 2008" in Karlsruhe. Hirsch sprach von einer "innenpolitischen Aufrüstung sondergleichen", mit der die Belastbarkeit des Grundgesetzes erprobt werde. Er habe immer mehr den Eindruck, "dass die Beschwörung der Gefahren des Terrorismus benutzt wird, um all das durchzusetzen, was man immer schon wollte". Absolute Sicherheit gebe es aber nicht einmal in einem totalitären Staat, betonte der FDP-Politiker und fügte hinzu: "Absolute Sicherheit gibt es nur auf dem Friedhof."
Kennzeichen-Scanning in vielen Bundesländern soll verfassungswidrig sein
Die Art der Erfassung von Kfz-Kennzeichen durch das sogenannte Videoscanning ist einem Gutachten zufolge in fast allen Bundesländern, die dieses Verfahren anwenden, verfassungswidrig. Nach dem am 29. Januar in Berlin vorgestellte Gutachten des Kasseler Rechtsprofessors Alexander Roßnagel halten sich die Bundesländer nicht an die grundrechtlichen Vorgaben. De ADAC hat das Gutachten in Auftrag gegeben.
Hirsch legt Verfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatengesetz ein
Das Bundesverfassungsgericht wird sich mit dem Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung befassen. Der FDP-Politiker Burkhard Hirsch kündigte am 20. Dezember an, im Namen weiterer prominenter Liberaler Verfassungsbeschwerde einzulegen. "Wir sind der Überzeugung, dass das angefochtene Gesetz grundlegende Verfassungsrechte in grober Weise missachtet, und sind nicht bereit, dem immer weitergehenden Abbau unserer Grundrechte tatenlos zuzusehen", so der frühere Bundestagsvizepräsident. Telekommunikationsunternehmen sind ab Januar verpflichtet, für sechs Monate alle Teilnehmer, Zeitpunkt und Dauer von Telefonaten auf Vorrat zu speichern. Bei Handytelefonaten muss der Anbieter zusätzlich die Funkzelle speichern, in der das Gerät zu Beginn der Verbindung angemeldet ist. Zugriff auf die Daten haben Polizei und Staatsanwaltschaft nach richterlichem Beschluss. Das ist oftmals reine Routinesache.
Karlsruhe prüft automatische Kennzeichenerfassung
Das Bundesverfassungsgericht prüft am 20. November die Rechtmäßigkeit der automatischen Erfassung von Autokennzeichen durch die Polizei. Der Erste Senat verhandelt über Verfassungsbeschwerden von Autofahrern gegen entsprechende Polizeigesetze in Schleswig-Holstein und Hessen. Demnach können auf öffentlichen Straßen und Plätzen Autokennzeichen per Kamera für einen elektronischen Abgleich mit Fahndungsdateien automatisch gescannt werden. Die Erfassung kann - wie bei Radarfallen zur Tempomessung - stationär oder mobil erfolgen.
Franz Josef Jung (CDU)
Die Ankündigung von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), im Notfall ein von Terroristen gekapertes Passagierflugzeug abschießen zu lassen und sich dabei auf das "Recht des übergesetzlichen Notstands" berufen, führte zu mehreren Strafanzeigen gegen den Minister. "Uns liegen rund ein Dutzend Anzeigen gegen den Verteidigungsminister vor. Diese werden nun geprüft", sagte der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Michael Grunwald, der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Dem Minister werde in den Anzeigen unter anderem "verfassungsfeindliche Einwirkung auf die Bundeswehr" vorgeworfen, erklärte Grunwald.
Länderverkehrsminister kritisieren Bahnprivatisierung
Vor einer Woche hatte die Bundesregierung die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG beschlossen. Am 2. August haben sich die Verkehrsminister der Länder geschlossen für Änderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung ausgesprochen. Zudem wollen die Länder ein Gutachten einholen, ob der Gesetzentwurf überhaupt verfassungsgemäß ist. Die Minister hatten auf ihrer Konferenz am Donnerstag in Berlin vor allem ihre Sorge über den regionalen Schienenverkehr zum Ausdruck gebracht. Zugleich hatten sie stärkere Mitsprache bei Investitionen eingefordert. Umweltverbände begrüßten die Kritik der Landesminister an der geplanten Privatisierung. Einer Umfrage zufolge lehnt die Mehrheit der Bevölkerung die Privatisierungspläne der Bundesregierung ab.
Bundesregierung will EU-Verfassung bis 2009 durchsetzen
Die deutsche Bundesregierung möchte weiterhin eine gemeinsame Verfassung für Europa durchsetzen. Während des deutschen EU-Ratsvorsitzes im kommenden Jahr möchte sie "dem Verfassungsprozess neue Impulse verleihen". Die Bundesregierung will aber einem Beschluss vom Dienstag zufolge offenbar weder eine Neuverhandlung des Vertragstextes noch eine Abstimmung über nur einen Teil des bestehenden Verfassungsentwurfs. Eine "Verfassung light" könne man sich nicht als Ergebnis der deutschen Ratspräsidentschaft vorstellen, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. Vielmehr wurde das Ziel erneuert, bis 2009 zu einem Abschluss über die erste EU-Verfassung zu kommen - scheinbar in der bisherigen Version, die in Referenden in Frankreich und in den Niederlanden förmlich gescheitert ist.
Ex-Verfassungsrichter hält private Flugsicherung für verfassungswidrig
Nach Ansicht des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Hans Hugo Klein verstößt die vom Bundestag beschlossene Privatisierung der Deutschen Flugsicherung gegen das Grundgesetz. "Das Grundgesetz lässt eine Übertragung der Flugsicherung auf private Betreiber nicht zu", sagte Klein der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Klein sagte, nach Artikel 87d des Grundgesetzes müsse der Bund den sensiblen Bereich des Luftverkehrs selbst verwalten. Dem Gesetzgeber werde von der Verfassung zwar freigestellt, ob er die Luftsicherung durch eine Behörde oder ein Unternehmen ausführen lasse. "Die Übertragung an ein privates Unternehmen ist aber nur zulässig, solange der Staat es als Eigentümer kontrolliert", erklärte Klein. Ein Rückzug der öffentlichen Hand sei unzulässig.
Verfassungsgericht verlangt Maßnahmen gegen Spielsucht
Die Bundesländer müssen bis Ende 2007 den Bereich der Sportwetten neu regeln und "unverzüglich" die Spielsucht aktiv bekämpfen. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag entschieden. Das staatliche Sportwettenmonopol dürfe nur dann bestehen bleiben, wenn die Lotterieverwaltungen "umgehend" vor Suchtgefahren des Wettens warnen und jede Werbung einstellen, die "gezielt zum Wetten auffordert". Der Erste Senat erklärte das staatliche Monopol für die Oddset-Sportwetten in seiner gegenwärtigen Form für verfassungswidrig, weil eine "effektive Suchtbekämpfung" nicht sichergestellt sei. Nur diese könne aber den Ausschluss privater Veranstalter rechtfertigen. Die Oddset-Sportwette werde derzeit wie eine "grundsätzlich unbedenkliche Freizeitbeschäftigung" vermarktet, rügte das Gericht.
Durchsuchung der Wohnung einer Richterin war verfassungswidrig
Die Verfassungsbeschwerde einer Richterin, die sich gegen die Anordnung der Durchsuchung ihrer Wohnung wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen gewandt hatte, war erfolgreich. Im Rahmen der Durchsuchung war unter anderem auf die im Computer der Beschwerdeführerin gespeicherten Daten sowie auf die Einzelverbindungsnachweise ihres Mobilfunktelefons Zugriff genommen worden. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hob mit Urteil vom 2. März 2006 einstimmig die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts auf. Die Verfassungsrichter sahen durch die Hausdurchsuchung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Zudem sei wegen des "äußerst geringen" Tatverdachts seitens des Landgerichts dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht hinreichend Rechnung getragen worden.
Verfassungsgericht stärkt Rechte von Gefangenen nach der Haft
Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von Strafgefangenen nach Ende der Haftzeit gestärkt. Sie könnten nachträglich die Rechtswidrigkeit ihrer Unterbringung feststellen lassen, wenn die Haftbedingungen möglicherweise die Menschenwürde verletzt hätten, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. Werde eine solche Sachentscheidung durch Gerichte abgelehnt, verletze dies das Grundrecht der Betroffenen auf wirksamen Rechtsschutz.
Klagen und verfassungsrechtlicher Diskurs über Köhlers Entscheidung
Die ersten gegen vorgezogene Neuwahlen gerichteten Klagen sind am Freitag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingegangen. Es handele sich um Verfassungsbeschwerden der Partei "Pro Deutsche Mitte" sowie der "Anarchistischen Pogo Partei Deutschlands" (APPD), sagte Gerichtssprecherin Dietlind Weinland. Beide Splitterparteien wenden sich dagegen, dass ihnen nun nicht mehr genügend Zeit bleibe, um das erforderliche Unterschriftenquorum für die Teilnahme an der Bundestagstagswahl am 18. September zu erreichen. Verfassungsexperten diskutieren derweil darüber, ob die Auflösung des Bundestages durch Bundespräsident Horst Köhler verfassungsrechtlich zulässig war.
EU-Verfassung nur von "Repräsentanten" ratifiziert
Die Debatte um die EU-Verfassung war laut Bundesausschuss Friedensratschlag "ein Tiefpunkt an politischer Ehrlichkeit und Transparenz". Dieses Fazit zog ein Sprecher der Friedensgesellschaft im Anschluss an die Abstimmung im Bundestag, die ein überwältigendes Ergebnis für die Ratifizierung des Verfassungstextes erbrachte. In der Bundestagsdebatte hätten die kritischen Einwände von globalisierungskritischer Seite oder von Seiten der Friedensbewegung so gut wie keine Rolle gespielt. Es sei "beschämend für die höchste demokratische Instanz der Bundesrepublik, wenn die EU-Verfassung nur in ihren Schönwetterpassagen" zitiert werde, so die Friedensgesellschaft.
Ungewöhnlich scharfe Kritik wegen EU-Verfassung
Am kommenden Donnerstag wird der Deutsche Bundestag über die Ratifizierung der EU-Verfassung entscheiden. Es wird eine breite Zustimmung erwartet. In der Union wollen nach Angaben des CSU-Europapolitikers Gerd Müller etwa 20 Abgeordnete von CDU und CSU mit Nein stimmen. Vertreter der deutschen Friedensbewegung nannten die Informationspolitik der Bundesregierung "skandalös". Die Regierung würde "schönen, lügen und verschweigen". Besonders empörend sei die Weigerung der etablierten Parteien, eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung zuzulassen. Gerade wenn landauf landab beklagt werde, dass in der Bevölkerung der europäische Einigungsgedanke unterentwickelt sei, wäre es gut gewesen, eine öffentliche Debatte über den Verfassungsvertrag in Gang zu setzen, meint der Bundesausschuss Friedensratschlag. Dessen Ansicht nach entwickelten Bürgerinnen und Bürger nur dann ein Interesse an Europa, wenn sie über "grundlegende Weichenstellungen der europäischen Politik" mitentscheiden dürften. Währenddessen hätten in Frankreich "Demokratie und Transparenz gesiegt", weil auch über die neoliberalen und militaristischen Aspekte der Verfassung offen und breit gesprochen worden sei.
Verfassungsrichter für GPS und gegen Rundumüberwachung
Die Polizei darf mutmaßliche Straftäter mit Hilfe des satellitengestützten Ortungssystems GPS überwachen. Das entschied am Dienstag das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Verwendung von Mitteln technischer Observation verletze im Regelfall nicht die Privatsphäre von Beschuldigten. Die Karlsruher Richter verlangten aber vom Gesetzgeber, die technischen Entwicklungen "aufmerksam zu beobachten". Er müsse "wegen des schnellen, für den Grundrechtsschutz riskanten informationstechnischen Wandels" notfalls gesetzlich nachbessern. Eine "Rundumüberwachung", mit der ein umfassendes Persönlichkeitsprofil eines Beschuldigten erstellt werden könnte, wäre laut dem Urteil "unzulässig".
Bundesregierung startet Info-Truck zur EU-Verfassung
"Die Europäische Union ist die größte und erfolgreichste Friedensgeschichte aller Zeiten." Mit diesem Zitat von Europa-Staatsminister Hans Martin Bury wirbt die Bundesregierung seit Montag für ihren "Europa-Truck", mit dem sie seit Montag für mehr Verständnis und Kenntnis der künftigen EU-Verfassung wirbt. Nach Angaben der Bundesregieung sind die drei Hauptziele des Trucks, "die Bevölkerung über die Bedeutung und den Inhalt der Verfassung zu informieren, ihr Interesse für die Arbeit der Europäischen Union (EU) zu wecken und die Rolle Deutschlands sowohl im Verfassungsprozess als auch in der EU bekannt zu machen". In dem Infomobil kann man zwar auch den "rund ein Pfund schweren Verfassungs-Text" bekommen. Doch es scheint weniger um die Lektüre des Verfassungsentwurfs im Original zu gehen. "Schließlich gibt es im Truck einiges zu entdecken: So kann man sich große europäische Vordenker und Politiker 'im Original' anhören oder sein Europa-Wissen an der Interaktionstafel 'EuropaWeit' testen", schreibt die Bundesregierung. "Na ja: mehr raten. Oder wissen Sie vielleicht wie viele Studenten an europäischen Hochschulen studieren?"
Protest gegen Wirtschaftspolitik, Kriegseinsätze und EU-Verfassung in Brüssel
Im Vorfeld der europaweiten Großdemonstration am 19. März in Brüssel hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac seine Kritik an der umstrittenen EU-Dienstleistungsrichtlinie ("Bolkestein-Richtlinie") erneuert und einen vollständigen Rückzug des Entwurfs gefordert. "Die Kommission spricht zwar von Änderungsbedarf, drückt sich aber offensichtlich um konkrete Aussagen", sagte Stephan Lindner von der Attac-EU-AG. "Die Ankündigungen dienen offenbar vor allem dazu, die Öffentlichkeit zu beruhigen und den Widerstand zu brechen. Aber für eine Entwarnung gibt es keinen Anlass."
Worüber das Volk abstimmen darf, sollte es selbst entscheiden
Rechtschreibreform oder Länderneugliederung - worüber sollen die Deutschen abstimmen dürfen? Aus Sicht der Bürgeraktion Mehr Demokratie sollte diese Entscheidung den Bürgern überlassen bleiben. Die laufende Debatte zeige, wie wichtig die Einführung bundesweiter Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide sei, erklärte Vorstandssprecher Gerald Häfner. "Die Bürger sind der Souverän und wissen selbst am besten, welche Fragen sie bewegen und worüber sie direkt entscheiden wollen", sagte Häfner. Damit dies auch praktisch möglich wird, fordert er die Einführung bundesweiter Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide. Ein entsprechender Vorschlag von Mehr Demokratie liege schon seit langem vor.
Bundestag soll Abstimmung der Bürger über die EU-Verfassung ermöglichen
Entscheiden die Bürger über die EU-Verfassung? In dieser Frage, die am Donnerstag erstmals im Bundestag debattiert wird, hinkt Deutschland hinterher. Mit Frankreich, Spanien, Portugal, Dänemark und Irland haben sich bereits fünf Länder auf ein Referendum festgelegt. Dies ist das Ergebnis der von Mehr Demokratie und Democracy International veröffentlichten Studie "Volksentscheid über die EU-Verfassung". "In allen 25 Mitglieds- und Beitrittsländern ist bei einem entsprechenden politischen Willen ein Referendum oder zumindest eine Volksbefragung möglich", sagte der Europaexperte von Mehr Demokratie, Michael Efler, am Mittwoch in Berlin.