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Verbraucherschützer fordern Überprüfung möglicher Schuld von RWE am Stromausfall

Strengere Haftungsregelungen

Angesichts der Ausmaße des Schneechaos' im Münsterland fordert die Verbraucherzentrale NRW ein unabhängiges Gutachten, das Aufklärung verschafft, ob der Stromausfall vorhersehbar und damit vermeidbar gewesen sei. Auf Grundlage dieses Gutachtens müsse die Bundesnetzagentur klären, ob Abweichungen von den technischen Vorgaben für einen einwandfreien Netzbetrieb oder Versäumnisse im Versorgungskonzept zu beanstanden seien. Mit einem - entsprechend den Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes - bloßen Schadensbericht für die Schublade durch RWE, der keine Sanktionen nach sich ziehe, sei weder der Aufklärungspflicht Genüge getan noch seien so Voraussetzungen für mögliche Haftungen und Verschuldensfragen zu klären. Sowohl der Schadensbericht von RWE als auch das unabhängige Gutachten müssten veröffentlicht werden. Zudem fordert die Verbraucherzentrale NRW, dass die allgemeinen Versorgungsbedingungen, die nach dem Energiewirtschaftsgesetz eigentlich bis Januar 2006 erlassen sein müssten, strengere Haftungsregelungen als bislang vorsehen.

Bewohnern der vom Stromausfall betroffenen Gemeinden im Münsterland, die zum Beispiel aufgrund aufgetauter Kühltruhen erheblichen Sachschaden erlitten haben, rät die Verbraucherzentrale NRW, Schadenersatzforderungen vorsorglich bei RWE anzumelden.

Zwar hätten Verbraucher nur dann Anspruch auf Schadenersatz gegen RWE, wenn das Unternehmen ein Verschulden an dem Stromausfall trifft. Bis zur Klärung dieser Frage müssten erst verschiedene Untersuchungen abgewartet werden. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass RWE aufgrund der vielen Beschwerden einlenke und sich zumindest aus Kulanz bereit erkläre, Schäden zu regulieren.

Für die Schadensanmeldung genüge ein formloses Schreiben. Verbraucher sollten zudem in ihren Versicherungspolicen prüfen, inwieweit die Schäden aus Stromausfall durch die Hausratversicherung abgedeckt seien.

"Netzzusammenbruch war vorhersehbar und vermeidbar"

Den vierten Tag in Folge sind über sechzigtausend Haushalte und mittelständische Betriebe im Münsterland ohne Strom. Schnee- und Eislast haben die Strommasten abgeknickt.

Erst wenn der Strom wegbleibt, merken wir, wie abhängig wir von der Stromwirtschaft sind. Nicht nur Radio, Fernsehen und Beleuchtung bleiben weg. Auch die Trinkwasserversorgung, die Wasserspülung in der Toilette, die Gas- oder Ölheizung versagen, weil sie auf elektrische Pumpen angewiesen sind. Die Telefonverbindungen brechen zusammen und in der Tiefkühltruhe gammelt das Fleisch. Was geschieht im Zoo, im Aquarium? Auf den Bauernhöfen brüllen die Kühe, die jetzt von Hand gemolken werden oder notgeschlachtet werden müssen. Melken Sie mal 100 Kühe am Stück! Was ist mit Säuglingen, Kranken und Behinderten?

"Stromversorgung gehört zur Daseinsvorsorge", schrieb der Solarenergie-Förderverein Deutschland in einer Stellungnahme. Ein Staat, der die Daseinsvorsorge einem privatisierten Unternehmen überlasse, müsse sich dann auch starke Kontrollen und wirtschaftliche Einflussnahme vorbehalten.

Der Blackout mitten in Deutschland - war für den Solarenergie-Förderverein "kein unabwendbares Ereignis", wie RWE jetzt die Medien glauben machen wolle, "sondern das Ergebnis technischer Sorglosigkeit". Es sei sträflicher Leichtsinn, heutzutage eine ganze Stadt aus Kostengründen nur noch über ein oder zwei Stromtrassen versorgen zu wollen. Stromnetze müssten enger vermascht bleiben. Sicherheitseinrichtungen und Energieversorgung müssten mehrfach (redundant) ausgeführt werden. Wenn der Strom auf dem einen Weg den vorgesehenen Empfänger nicht erreiche, müsse er eine andere Möglichkeit finden!

Die Netzbetreiber hätten aber kein wirtschaftliches Interesse an mehrfach redundanten Stromleitungen oder an teuren Erdkabeln. Und niemand könne sie zur Beachtung höherer Sicherheitsstandards zwingen. In ihrem Netzgebiet seien sie Monopolisten, also "Alleinherrscher".

Eine Schadenersatzpflicht bei großen Vermögensschäden, die der Wirtschaft einer Region durch Netzausfall zugefügt werden, wäre nach Auffassung des Solarenergie-Fördervereins "das einzige Druckmittel". Doch dies sei gesetzlich zugunsten der Netzbetreiber eingeschränkt.

Das wirtschaftliche Interesse der Netzbetreiber liege deshalb ausschließlich in der Steigerung des Gewinns durch Minimierung der Kosten. Die staatliche Aufsicht beschränke sich auf Verstöße gegen aktuelle Sicherheitsbestimmungen, stelle aber keine Forderungen an eine Verbesserung der Netze entsprechend dem fortschreitenden Stand der Technik.

Gesetzliche Einschränkungen der Haftung und mangelnde Qualitätskontrolle der Netzsicherheit durch eine staatliche Aufsicht sind nach Ansicht des Solarenergie-Fördervereins eine "unglückliche Kombination". Sie führe zwangsläufig zu einem Niedergang der Netzsicherheit.

Mehr als 250 Mitarbeiter von RWE sind nach Angaben des Unternehmens seit Freitag vor Ort in den Regionen rund um Münster, Osnabrück und Coesfeld, um zu reparieren, was durch extremes Winterunwetter an Schaden am Stromnetz angerichtet wurde. Die 250 Mitarbeiter des privaten Stromriesen lassen sich hierbei "von hunderten von Helfern" von den Feuerwehren und dem Technischen Hilfswerk unterstützen.