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Eklat im VW-Aufsichtsrat

40.000 demonstrierten für Erhalt des VW-Gesetzes

Es war die größte Protest-Aktion der Konzern-Geschichte: Nach Angaben der IG Metall haben sich am Freitag (12. September) in Wolfsburg mehr als 40.000 Volkswagen-Beschäftigte versammelt, um für den Erhalt des VW-Gesetzes zu demonstrieren. Die EU-Kommission in Brüssel und der Sportwagenbauer Porsche, der VW in Kürze mehrheitlich übernehmen will, wollen die Regelung abschaffen. Für einen Eklat im Aufsichtsrat sorgte am Freitag VW-Patriarch und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch. Der Miteigentümer von Porsche fiel dem Sportwagenbauer bei einer Abstimmung in den Rücken.

Das VW-Gesetz gibt dem Land Niedersachsen mit seinem Anteil von gut 20 Prozent am Wolfsburger Autobauer ein Vetorecht bei bedeutenden Entscheidungen und sichert der Arbeitnehmerseite wichtige Mitbestimmungsrechte. Der VW-Aufsichtsrat beschloss am Freitag auf Antrag des niedersächsischen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), an der Sperrminorität festzuhalten. Er gehe davon aus, dass die 20-Prozent-Klausel gerichtsfest sei, sagte der Regierungschef. Der Beschluss sei einhellig gefallen, nur die Porsche-Vertreter hätten sich enthalten.

Aus der Satzung des Konzerns gestrichen wurden die Beschränkung des Stimmrechts sowie das dem Bund und dem Land Niedersachsen eingeräumte Recht, Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden. Diese Punkte hatte zuvor der Europäische Gerichtshof beanstandet.

IG-Metall-Chef Berthold Huber verteidigte während der Kundgebung die Sonderregelung. "Wir brauchen im Zeitalter von Globalisierung und Finanzmarktkapitalismus mehr Demokratie und nicht weniger", sagte der Hauptredner vor der Konzernzentrale, in der gleichzeitig der Aufsichtsrat des Unternehmens tagte. "Wir wollen an wichtigen Unternehmensentscheidungen beteiligt werden."

Wenn das VW-Gesetz falle, wäre für Porsche der Weg frei zur Beherrschung von VW. Aufsichtsrat und Management von VW wären dann "Marionetten" an den Fäden des Porsche-Vorstandschefs. Auch DGB-Chef Michael Sommer setzte sich für die gesetzlichen Sonderregelungen ein. "Das VW-Gesetz muss bleiben, damit VW bleibt", sagte Sommer.

Der jahrelange Streit um die Sonderregelungen bei VW hatte in dieser Woche einen neuen Höhepunkt erreicht. EU-Kommissar Charlie McCreevy kündigte an, auch gegen die von der Bundesregierung vorgelegte Neuauflage des VW-Gesetzes vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen. Auch Porsche drängt seit Monaten massiv auf eine ersatzlose Streichung.

Ministerpräsident Wulff griff McCreevy am Freitagmorgen im ZDF scharf an. Der Kommissar müsse akzeptieren, dass es "ein paar Gesetze" gebe, bei denen Brüssel kein Mitspracherecht habe. Wulff sagte, die Sperrminorität sei auch wichtig, um zu verhindern, dass Porsche den Sitz des VW-Konzerns von Wolfsburg nach Stuttgart verlagere.

Der Linksabgeordnete im Bundestag, Diether Dehm, sagte, beim Erhalt des VW-Gesetzes gehe es darum, "dass die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat willkürliche Betriebsverlagerungen blockieren können. Mit der Sperrminorität des Landes Niedersachen soll zudem verhindert werden, dass Hedgefonds und andere Heuschrecken das Unternehmen ihren kurzfristigen Profitinteressen unterwerfen können. Dabei muss es bleiben", fordert Dehm. Die Linke setze sich für eine Reform der Unternehmensverfassung ein, "die der Willkür von Kapitaleigentümern Grenzen setzt".

"Die EU-Kommission, die das VW-Gesetz schleifen will und damit ein weiteres Mal die Axt an die Konzeption eines sozialen Europa legt, muss endlich begreifen, dass sie damit die europäische Integration insgesamt in Gefahr bringt", so Dehm. Die EU werde entweder sozial sein "oder sie wird auf Dauer nicht sein".