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Gewerkschaft Ver.di gegen Privatisierung der Deutschen Bahn AG

"Vollwertige Alternative zum Individualverkehr"

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di wendet sich gegen einen "Ausverkauf der Bahn". Die Privatisierung der Deutschen Bahn AG sei "verkehrspolitisch falsch", meint die Gewerkschaft. Sie solle "als integriertes Unternehmen im vollständigen Staatseigentum" bleiben. Diesen Willen hat der ver.di-Bundesvorstand mit Beschluss vom 22. Januar 2007 in Berlin bekundet. Ihm geht es vor allem darum, die Schiene als "strategisch wichtigen Verkehrsträger" zu bewahren. Eine Privatisierung widerspräche dem Ziel der Bahnreform, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.

Das wesentliche verkehrspolitische Ziel der "Bahnreform" der 1990er Jahre ist nach Auffassung der Gewerkschaft, "mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen". So jedenfalls wurde die "Bahnreform" damals von offizieller Seite aus begründet. Damit dieses Ziel umgesetzt wird, fordert ver.di die politisch Verantwortlichen auf, im Rahmen der Aufgaben der staatlichen Daseinsvorsorge "ein dichtes Schienennetz und attraktive Angebote auf der Schiene" zu ermöglichen.

Bahn als "vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr"

Angesichts der Herausforderungen bei den Themen Zukunft der Mobilität, Effizienzsteigerung des Verkehrssektors, Bekämpfung des Klimawandels, Schonung der Energieressourcen, Schonung der Umwelt und Flächen sowie Verbesserung der Verkehrssicherheit müsse der Verkehrsträger Schiene seitens des Staates als "strategisch wichtiger Verkehrsträger" betrachtet werden. Notwendig sei die Fortentwicklung des Verkehrsträgers Schiene und des öffentlichen Personennahverkehrs als "vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr" und eine "deutliche Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene".

Nach Auffassung der Gewerkschaft darf es in Deutschland und in Europa nicht zu einer "Einschränkung des Schienenverkehrs auf wenige Verbindungen in und zwischen Metropolen" und auf "wenige Korridore" kommen. Gerade strukturschwache Regionen dürften vom Schienenverkehr nicht abgehängt werden. Deshalb müssten "die notwendigen Rahmenbedingungen" für den Verkehrsträger Schiene geschaffen werden. "Eine in öffentlichem Eigentum stehende DB AG muss dabei das Rückgrat des Verkehrssystems Schiene in Deutschland bilden", meint die Gewerkschaft.

Der Bund solle sich zu seiner Rolle als Eigentümer des Unternehmens DB AG bekennen. Wenn notwendig, müsse er fehlendes Eigenkapital der DB AG durch Bundesmittel zur Verfügung stellen. Dabei müsse es in erster Linie um die Ermöglichung der "notwendigen Investitionen zur Sicherung und Weiterentwicklung des Schienenverkehrs" in Deutschland gehen. "Die Risiken einer Kapitalprivatisierung der DB AG für den Bundeshaushalt sind derzeit ungeklärt und werden von der Gewerkschaft ver.di abgelehnt."

Eine staatliche Finanzierung von Investitionen in die Schieneninfrastruktur findet die Gewerkschaft unverzichtbar, notwendig und sinnvoll. Eine Finanzierung privater Gewinne durch den Staat lehnt die Gewerkschaft hingegen ab: "Eine langjährige Festlegung des Haushaltsgesetzgebers zur Absicherung von Dividenden und Renditen für private Anteilseigner wird von ver.di jedoch entschieden abgelehnt."

Kapitalprivatisierung: "Gefährdung von Arbeitsplätzen" und "Verschlechterung der Arbeitsbedingungen"

Eine mit der Kapitalprivatisierung einhergehende Gefährdung von Arbeitsplätzen und eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten bei der DB AG sowie der von der DB AG abhängigen Wirtschaftsbereiche wie beispielsweise in der Bahnindustrie und im Verkehrswegebau wird von ver.di entschieden abgelehnt. Eine Beschäftigungssicherung müsse auch über den Zeitraum nach 2010 hinaus bei der DB AG Bestand haben. Die Gewerkschaft lehnt auch eine Absenkung der Löhne und Gehälter der Beschäftigten zur Ermöglichung der Kapitalprivatisierung der DB AG entschieden ab.

"Die Auffassung der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung und der Beschäftigten der DB AG für eine DB AG in öffentlichem Eigentum müssen in der Politik Berücksichtigung finden", fordert die Gewerkschaft. Notwendig sei "deshalb" eine breite öffentliche Debatte über die "Stärkung des Schienenverkehrs" in Deutschland und in Europa.

Der Infrastrukturauftrag des Bundes nach dem Grundgesetz

"Eine Debatte, ob es sinnvoll ist, die DB AG zu privatisieren oder nicht, wurde bisher nicht ernsthaft geführt", kritisiert die Gewerkschaft. Die Gutachter der Bundesregierung hätten lediglich verschiedene "Privatisierungsvarianten" zu untersuchen gehabt, "jedoch nicht die Variante ohne Privatisierung".

Weder mit der Bahnreform von 1993 noch in der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 24. November 2006 sei die Notwendigkeit einer Privatisierung begründet worden. Die in der Entschließung genannten Zielsetzungen und Gesichtspunkte seien "inhaltlich widersprüchlich und nicht miteinander vereinbar". Dies betreffe insbesondere die wichtige Frage der Eigentumsrechte in Bezug auf die Schieneninfrastruktur und die damit zusammenhängende "Frage des Infrastrukturauftrags des Bundes nach dem Grundgesetz". Der zwischenzeitlich bekannt gewordene Entwurf eines Privatisierungsgesetzes sei bereits in der Regierungskoalition auf deutlichen Widerspruch gestoßen.

"Verschleuderung öffentlichen Eigentums"

Die Privatisierungserlöse würden laut ver.di "nur einen Bruchteil der vom Bund bisher in die Schieneninfrastruktur investierten öffentlichen Mittel betragen. Dies würde einer Verschleuderung öffentlichen Eigentums gleichkommen." Zudem lägen die Haushaltsrisiken weit über den zu erwartenden Privatisierungserlösen". Risiken für den Bundeshaushalt ergeben sich nach Auffassung der Gewerkschaft "durch mögliche spätere Kapitalerhöhungen auf Wunsch eines privaten Anteilseigners und durch unzureichende Zugriffe des Bundes auf die Schieneninfrastruktur. Deshalb wäre es für den Bund haushaltspolitisch günstiger, wenn er selbst die notwendige Eigenkapitalaufstockung der DB AG durchführen würde."

"Bei Privatisierung stehen Renditeinteressen im Vordergrund"

"Bei einer Kapitalprivatisierung der DB AG würden die Interessen des privaten Anteilseigners bzw. der privaten Anteilseigner an einer möglichst hohen Rendite in den Vordergrund rücken." Bereits der Verkauf eines Minderheitenanteils an einen privaten Investor beziehungsweise an private Investoren würde nach Auffassung der Gewerkschaft "diese Wirkungsmechanismen" in Gang setzen. Die Hebel hierfür seien insbesondere verschärfte "Kostensenkungen" und "Produktivitätserhöhungen", wie auch die Erfahrungen aus zahlreichen anderen privatisierten Unternehmen zeigten.

Die Folge einer kapitalprivatisierten DB AG wäre "die reine Ausrichtung auf die ertragsstärksten Relationen und die Gefährdung des gesamten Schienenverkehrs einschließlich der Infrastruktur, insbesondere außerhalb der Ballungsräume". Dies bedeute nicht mehr, sondern weniger Verkehr auf der Schiene und widerspreche damit den Zielen der Bahnreform, so ver.di. Zudem seien negative Auswirkungen auf zahlreiche Regionen und Wirtschaftsräume zu befürchten. "Weiterhin besteht die Gefahr, dass einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen von der Mobilität ausgeschlossen werden."

Rückzug aus der Fläche - Abbau der Angebote des Güterverkehrs

Für den Güterverkehr bestehe die Gefahr, "dass durch die zu befürchtende Einstellung des Einzelwagenladungsverkehrs erhebliche Verkehrsanteile auf die Straße verlagert werden". Für den Schienenpersonenverkehr drohe ein "weiterer Rückzug des Schienenverkehrs aus der Fläche".

Für die Schieneninfrastruktur befürchtet die Gewerkschaft weitere massive Stilllegungen. "Schon heute befindet sich das Schienennetz durch die Orientierung des Bahnmanagements auf eine Kapitalprivatisierung und durch die Kürzung öffentlicher Schieneninfrastrukturmittel in einem bedenkenswerten Zustand", so ver.di und verweist hierbei darauf, dass so genannte "Langsamfahrstellen" seit einigen Jahren wieder "deutlich" zunähmen. Dies entspreche in seiner Ausrichtung nicht den verkehrspolitischen Erfordernissen der Gegenwart und Zukunft.

Ver.di: Erfahrungen aus anderen Ländern berücksichtigen

Die negativen Folgen von Privatisierungen in zahlreichen Ländern für die Versorgung in der Fläche und die hohen Folgekosten für den Steuerzahler sollten nach Auffassung der Gewerkschaft bei der Privatisierungsentscheidung besondere Berücksichtigung finden. "Zudem sollten positive Beispiele öffentlicher Bahnen wie insbesondere in der Schweiz verstärkte Berücksichtigung in der politischen Debatte finden." Im Gegensatz zu Deutschland solle in der Schweiz die SBB weiterhin in öffentlichem Eigentum geführt werden.

"71 Prozent der Bevölkerung befürworten laut einer Umfrage von emnid die Fortexistenz der DB AG in öffentlichem Eigentum. Dieser breite Wille muss von der Politik bei ihren Entscheidungen Berücksichtigung finden", fordert die Gewerkschaft.

"Bahn für Alle" begrüßt Nein von Verdi zu Bahnprivatisierung

Der Beschluss der Gewerkschaft ist beim Bündnis "Bahn für Alle" auf deutliche Zustimmung gestoßen. "Damit ist endlich der fatale Burgfrieden im DGB gebrochen", sagte Verkehrsexperte Winfried Wolf vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac, das Mitglied im Bündnis ist. Bisher habe "falsche Rücksichtnahme auf die Eisenbahngewerkschaft Transnet" eine klare Positionierung anderer DGB-Gewerkschaften für eine Bahn in öffentlicher Hand verhindert.

"Bahn für Alle" sieht sich durch die "klare Stellungnahme der größten DGB-Gewerkschaft" in seinem Engagement gegen einen Bahn-Börsengang bestärkt. "Auch der Transnet-Vorsitzende Norbert Hansen muss jetzt endlich einsehen, dass die Bahngewerkschaft die Interessen ihrer Mitglieder nur vertreten kann, wenn sie sich für sichere Arbeitplätze bei einer verbesserten Bahn in öffentlichem Eigentum einsetzt", meint Wolf.

"Hansens privatisierungsfreundlicher Kurs" habe Transnet in eine tiefe Krise geführt. So seien zum Jahreswechsel bereits zwei politische Vorstandssekretäre ausgeschieden. "Sie begründen diesen Schritt mit der Unterstützung der Transnet-Führung für den Privatisierungskurs, wie er vom Arbeitgeber Hartmut Mehdorn verfolgt wird", so Wolf.

Banker setzen in Frankfurt Streik fort

Mehrere tausend Bankangestellte haben am Freitag in Frankfurt am Main ihren Streik für mehr Lohn und Gehalt fortgesetzt. Auf dem Goetheplatz in der Frankfurter Innenstadt versammelten sich am Vormittag nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di rund 2.500 Streikende. Während der Kundgebung wurde die Resolution "Denkzettel an Arbeitgeber" verabschiedet. In dieser fordert ver.di die Rückkehr an den Verhandlungstisch mit den Arbeitgebern. Sollte diese nicht erfolgen, drohen die Gewerkschaftler mit Streiks im 14-Tage-Rhythmus.

Am zweiten Streiktag waren auch Mitarbeiter der DZ-Bank, der Hessischen Landesbank und der Nassauischen Sparkasse zur Demonstration erschienen, sagte ein Gewerkschaftssprecher. Zum Abschluss der Proteste am Freitag marschierten die Streikenden am Mittag zum Frankfurter Hauptbahnhof, wo die Gewerkschaft zu einer Abschlusskundgebung aufgerufen hatte. "Wir lassen uns kein X für ein U vormachen", sagte Marc Roach, Mitglied der Verhandlungskommission bei ver.di. Den Banken gehe es nach wie vor gut, daher wolle man auch "gutes Geld für gute Arbeit".

Bereits am Vortag waren knapp 4.000 Bankmitarbeiter in Sternmärschen in die Frankfurter Innenstadt gezogen, um für mehr Lohn zu demonstrieren. Die geringere Zahl der Teilnehmer am Freitag begründete der ver.di-Sprecher mit dem Beginn des Wochenendes und dem zweiten Ferientag in Hessen.

Die Gewerkschaft verlangt 6,5 Prozent mehr Geld für die bundesweit insgesamt 460.000 Beschäftigten der privaten, öffentlichen und genossenschaftlich organisierten Banken. Der Arbeitgeberverband hat sich für eine einseitige Gehaltserhöhung von 3,1 Prozent bei gleicher Möglichkeit zur Gehaltskürzung bei Vertriebsmitarbeitern von nach ver.di-Berechnungen bis zu 35 Prozent ausgesprochen. Die Verhandlungen waren daraufhin ergebnislos abgebrochen worden.

In der vergangenen Woche hatten sich die Mitarbeiter der Frankfurter Banken bei zahlreichen Abstimmungen mit großer Mehrheit für einen Arbeitskampf ausgesprochen. Für die Gewerkschaftsforderung waren während der laufenden Tarifrunde zudem mehrere tausend hessische Banker in Warnstreiks getreten.

Am 28. Jun. 2002

Seit Frühjahr kein Tarifvertrag

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di will mit einer Verschärfung der Streiks im Bankgewerbe die Arbeitgeber zur baldigen Rückkehr an den Verhandlungstisch zwingen. Seit Frühjahr gibt es keinen Tarifvertrag für die rund 460 000 Bankangestellten. Die Bankarbeitgeber zahlen aber seit Juli 3,1 Prozent mehr Gehalt. "Mittlerweile muss man schon von einem brutalen Verhandlungsvorgehen der Arbeitgeber sprechen", sagte der für Finanzdienstleistungen zuständige Bereichsleiter im ver.di-Bundesvorstand, Uwe Foullong, am Donnerstag in Essen. Nach vielen Tarifabschlüssen in diesem Jahr sei allein das Bankgewerbe noch tariflos.

In drei Bundesländern werde am Donnerstag und Freitag gestreikt. Am Donnerstag waren allein in der Finanzmetropole Frankfurt etwa 5000 Streikteilnehmer zusammengekommen, in Essen waren es 4000 und in Berlin 2000, sagte ein ver.di-Sprecher. Die Gewerkschaft fordert eine deutliche Gehaltserhöhung wie in vergleichbaren Branchen, lehnt aber gleichzeitig die Vorbedingungen der Bankarbeitgeber ab, die über eine Absenkung der Gehälter in einigen Teilbereichen verhandeln wollen.

Foullong warnte die Arbeitgeber davor, ihre Verzögerungstaktik bis nach der Bundestagswahl auszudehnen, um bei einem Regierungswechsel möglicherweise bessere Karten zu haben. ver.di werde auch nach dem 22. September Vorbedingungen und Gehaltsabsenkungen auf betrieblicher Ebene nicht akzeptieren. Die hohe Streikbeteiligung zeige, dass der Unmut der Beschäftigten wachse. Am 19. September wird die große Tarifkommission von ver.di in Frankfurt am Main zusammenkommen, um über das weitere Vorgehen im Tarifkonflikt zu beraten.

Am 29. Aug. 2002

Tarifstreit im Öffentlichen Dienst

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ist nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst offenbar trotz des bevorstehenden Schlichtungsverfahrens auf Streik eingestellt. "Wir haben mit den Vorbereitungen für eine kräftige Welle von Streiks bereits begonnen", sagte ver.di-Chef Frank Bsirske der Tageszeitung "Die Welt". Er fügte hinzu: "Mit der Anrufung der Schlichters wollen wir den Arbeitgebern die Chance geben, auf den Weg der Vernunft zurückzukehren. Sicherheitshalber stellen wir uns aber auf eine harte Auseinandersetzung ein."

Für eine Angleichung der Ost-Tarife im öffentlichen Dienst an das Westniveau kann es nach Ansicht des Verhandlungsführers der neuen Länder, Horst Metz, keine konkreten Termine geben. Der sächsische CDU-Finanzminister sagte der "Leipziger Volkszeitung", die gegenwärtige Finanzsituation biete "keinerlei Spielräume sondern nur Sparzwänge". Die mittelfristige Finanzentwicklung als Voraussetzung einer Angleichung sei derzeit nicht vorhersehbar. "Konkrete Termine konnten daher nicht festgelegt werden", sagte Metz nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen am Donnerstagmorgen in Kassel.

Bei einer so desolaten Finanzlage wie derzeit müsse die Politik darauf achten, dass trotz der abnehmenden Mittel der Aufbau fortgesetzt werden könne, sagte Metz. "Dazu müssen wir die Personalausgaben in Griff behalten. Die Bevölkerung hätte kein Verständnis, wenn unsere Aufbauanstrengungen durch dynamisch wachsende Personalkosten unvertretbar belastet würden." Schon ein Abschluss auf der Basis des Angebots von Donnerstagfrüh, das die Gewerkschaften als unzureichend abgelehnt hatten, würde nach Metz’ Angaben den sächsischen Haushalt 2003 mit rund 38,7 Millionen Euro, für das gesamte Jahr 2004 insgesamt mit 90 Millionen belasten.

Am 20. Dez. 2002

Tarifverhandlungen

Die Chancen zur Abwendung des ersten Streiks im öffentlichen Dienst seit zehn Jahren sind einen Tag vor der entscheidenden Tarifverhandlungsrunde leicht gestiegen. Die Arbeitgeber sind einem Zeitungsbericht zufolge zu Zugeständnissen bei der Höhe des Abschlusses bereit, verlangen aber Kompensationen bei Laufzeit und Wochenarbeitszeit. Damit könnte die Gewerkschaft ver.di, die auf Einkommensverbesserungen von drei Prozent setzt, das Gesicht wahren. Den Schlichterspruch will ver.di auch dann zur Grundlage der Gespräche machen, wenn die Arbeitgeber ein neues Angebot vorlegen. Ökonomen kritisierten die Haltung der Gewerkschaft.

Die Tageszeitung "Die Welt" berichtete, die Arbeitgeber wollten bei der Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen in Potsdam ein Angebot vorlegen, das im Volumen auf drei Prozent hinauslaufen würde. Voraussetzung sei jedoch eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit um eine halbe Stunde und eine Laufzeit des Tarifvertrages zwischen 20 und 24 Monaten. Der Schlichterspruch sieht eine Laufzeit von 18 Monaten sowie Gehaltserhöhungen im Gesamtvolumen von drei Prozent vor. Eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit war dagegen in dem Kompromissvorschlag nicht vorgesehen.

Ein ver.di-Sprecher wollte den Bericht nicht kommentieren. "Wir haben bisher keine neuen Angebote bekommen", sagte der Sprecher in Berlin. Für die Gewerkschaft sei entscheidend, "was die andere Seite am Mittwoch auf den Verhandlungstisch legt". Der Sprecher bekräftigte, ver.di werde auf der Grundlage des Kompromissvorschlags der Schlichter verhandeln. Die in der Schlichtungskommission mit nur einer Stimme Mehrheit gegen das geschlossene Votum der Arbeitgeber zu Stande gekommene Empfehlung war am Montag von der Bundestarifkommission der Gewerkschaft gebilligt worden.

ver.di-Bundesvorstandsmitglied Kurt Martin zeigte sich mit Blick auf eine Einigung vorsichtig optimistisch, demonstrierte aber zugleich Streikbereitschaft. Er halte einen Durchbruch noch für möglich, nachdem die Schlichter klar gemacht hätten, dass eine Einigung an der Haltung der Arbeitgeber gescheitert sei, sagte Martin im Deutschlandradio Berlin. Wenn die Arbeitgeber aber kein für ver.di akzeptables Angebot vorlegten, seien die Verhandlungen endgültig gescheitert. "Wir würden dann Mitte Januar in einen unbefristeten Arbeitskampf eintreten", kündigte Martin an.

Harsche Kritik an der Haltung der Gewerkschaft übte der Präsident des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs (HWWA), Thomas Straubhaar. Im öffentlichen Dienst werde zu leicht vergessen, welch wichtiges Gut Arbeitsplatzsicherheit gerade in der heutigen Zeit sei, sagte Straubhaar in Hamburg. Eine Erhöhung der Löhne im öffentlichen Dienst koste den Steuerzahler letztlich mehr Geld und habe negative Auswirkungen auf die Beschäftigungsentwicklung.

Der Finanzwissenschaftler Rolf Peffekoven äußerte Verständnis für die Position der Arbeitgeber. Um den Schlichterspruch zu finanzieren, müsste der Staat die Steuern erhöhen oder weitere Schulden aufnehmen, sagte der frühere Wirtschaftsweise der "Berliner Zeitung". Eine Nullrunde sei aber ebenso unrealistisch. Er halte eine Erhöhung der Löhne und Gehälter zwischen 1,2 und 1,5 Prozent für vertretbar.

Unterdessen kündigte das Land Berlin seinen Austritt aus den beiden kommunalen Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes an. Wie Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Dienstag mitteilte, sei Anlass für den am Mittwoch in Kraft tretenden Schritt Befürchtungen, dass auf das Land nach den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst zusätzliche Belastungen zukommen könnten.

Am 07. Jan. 2003

177 000 Lehrstellen fehlen noch

Der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke fordert von der Bundesregierung die schnelle Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) solle die "Phase der Ankündigungspolitik" beenden, um das sinnvolle Instrument der Umlage nicht zu entwerten, sagte Werneke am Freitag in Berlin. Noch immer fehlten für das gerade begonnene Ausbildungsjahr über 100 000 Ausbildungsplätze, zudem seien rund eine halbe Million Menschen unter 25 Jahren arbeitslos.

Die vorliegenden Daten deuteten darauf hin, dass Deutschland im nächsten Jahr bei der Frage der Ausbildungsplätze "mindestens vor genau dem gleichen Problem stehen" werde. Da sich nun erstmals eine "realistische Chance" biete, eine Ausbildungsplatzabgabe einzuführen, solle diese genutzt werden. Betriebe ohne Lehrstellen müssten dementsprechend eine Abgabe zahlen. Profitieren würden Betriebe, die über Gebühr ausbilden.

Werneke ergänzte, es müsse möglichst schnell die Zahl der ausbildenden Betriebe erhöht werden. Wenn künftig 40 Prozent statt bislang 30 Prozent aller Betriebe Lehrlinge ausbildeten, bedeute dies ein Plus an 200 000 Ausbildungsplätzen.

Die vier Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft betonten in einer gemeinsamen Erklärung, zwar stünden 54 600 unbesetzten Ausbildungsplätzen noch 176 700 unversorgte Bewerber gegenüber. Es gebe aber immer noch Regionen, in denen mehr unbesetzte Lehrstellen als unvermittelte Bewerber vorhanden seien. Genannt wurden München, Bonn, Düsseldorf, Würzburg, Nienburg und Verden.

Am 19. Sep. 2003