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80 Prozent ALG II

Arbeitslose unter 25 sollen bei ihren Eltern wohnen

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Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Erwachsene unter 25 Jahren für den Bezug des Arbeitslosengeldes II (ALG II) künftig als Kinder gelten. Junge Arbeitslose müssten dann in der Regel bei ihren Eltern wohnen. Sie sollen wie Kinder 80 Prozent des Regelsatzes von 345 Euro (Ost: 331) erhalten, sagte ein Sprecher des Bundessozialministers Franz Müntefering am Montag in Berlin. Das Gesetz soll ab April gelten. Vertreter der großen Koalition verteidigten die Pläne. Links-Fraktion und Grüne lehnten die Kürzungen strikt ab. Münteferings Sprecher Stefan Giffeler sagte, mit der Regelung werde eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt.


Nach den Regierungsplänen müssen die Eltern künftig für ihre arbeitslosen erwachsenen Kinder bis 25 Jahren einstehen. Wenn jemand aus zwingenden Gründen, etwa wegen einer Ausbildung, bei seinen Eltern ausziehe, habe er auch künftig vollen Anspruch auf den vollen Regelsatz für Erwachsene sowie die Übernahme der Wohnkosten.

Die Regelung soll den Angaben zufolge für alle Erwachsenen unter 25 Jahren gelten. Ein Bestandsschutz für derzeitige ALG-II-Empfänger wäre damit ausgeschlossen.

SPD: "Auszugsbewegung der unter 25-Jährigen" war nicht im Sinne des Gesetzgebers

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte nach einer SPD-Präsidiumssitzung, die Parteiführung sei gemeinsam der Auffassung, dass Münteferings Vorschlag "die absolute Linie ist, die der Koalitionsvertrag vorgegeben hat". Es gehe darum, "Fehlentwicklungen" zu korrigieren. Eine "Auszugsbewegung der unter 25-Jährigen" sei nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen. Die SPD-Politikerin Andrea Nahles sagte, es gehe nicht an, dass der Staat den Jugendlichen einen "komfortablen Weg" finanziere, von zuhause auszuziehen.

Der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner, sagte, mit den 80 Prozent des Regelsatzes würden die unter 25-Jährigen in der Summe nicht besser und auch nicht schlechter gestellt als die Ehe- beziehungsweise Lebenspartner einer Gemeinschaft, die beide zusammen 180 Prozent der Regelleistung erhielten. Ein Alleinstehender erhalte 100 Prozent der Regelleistung, komme ein Partner dazu, seien es 80 Prozent mehr. "Genauso wird künftig auch der Jugendliche unter 25 behandelt." Dies sei gerechtfertigt, da "die Generalkosten des Haushaltes wie zum Beispiel Versicherungen, Strom oder haushaltstechnische Geräte" in einer Bedarfsgemeinschaft nicht mehrfach anfielen. "Jugendliche unter 25" dürften "bei schwerwiegenden sozialen Gründen" auf künftig aus dem Elternhaus ausziehen.

Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU) sagte, es seien im ersten Jahr "Hartz IV" vermehrt jüngere Menschen auf Staatskosten aus gemeinsamen Haushalten mit den Eltern ausgezogen. Da müsse schon die Frage gestellt werden, wie man dieser Entwicklung entgegenwirken könne.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte, künftig müssten die Behörden dann bei jedem Einzelfall prüfen, ob etwa aus Mobilitätsgründen doch eine eigene Wohnung zugebilligt werden müsse. Dies sei "bürokratischer Schwachsinn".

Die Links-Fraktion hat wegen der Pläne eine Aktuelle Stunde des Bundestags beantragt. Die sozialpolitische Sprecherin Katja Kipping sagte, mit der Herabsetzung des Regelsatzes auf 276 Euro sowie durch die Neureglungen für Bedarfsgemeinschaften würden Volljährige unter 25 Jahren wie Minderjährige behandelt. Die Freizügigkeit werde unter dem Vorbehalt der "Erlaubnis durch den Leistungsträger" gestellt. Laut Gesetz gelte nur bei "schwerwiegenden sozialen Gründen" die Gründung einer eigenen Bedarfsgemeinschaft als gerechtfertigt. "Im Klartext heißt das, nur ALG-II Bezieher unter 25 Jahren mit suchtkranken und zu häuslicher Gewalt neigenden Eltern haben Anspruch auf einen eigenständigen Start ins Leben", kritisierte Kipping.

Ursprünglich hätten junge Arbeitslose mit Hartz IV besondere Förderung bekommen sollen. Stattdessen steige die Jugendarbeitslosigkeit weiter an. "Franz Müntefering setzt nun noch einen drauf", so Kipping. "Er überzieht die Betroffenen nun noch mit einer besonderen Benachteiligung."

Verschiedene Sachverständiger halten das Gesetz offenbar für verfassungsrechtlich fragwürdig und verwaltungstechnisch nicht umsetzbar. So bezweifelt das Diakonische Werk, dass die Enthaftung des Staates angesichts der neuen Haftung für nichteheliche Stiefkinder zu Lasten Dritter verfassungskonform ist. Frank Jäger von der BAG Sozialhilfeinitiativen vertrat bei der Anhörung im Ausschuss Arbeit und Soziales am Montag die Auffassung, dass die vorgesehenen Verschärfungen der Unterhaltspflicht bei Stiefkindern in nichtehelichen Partnerschaften dem BGB widersprächen. So seien gemäß Paragraph 1601 BGB nur Verwandte gerader Linie verpflichtet, sich Unterhalt zu gewähren - und nicht die nichtehelichen Partner von Alleinerziehenden für ihre neuen Stiefkinder. Mit diesem "Widerspruch zwischen Sozialgesetzbuch und Bürgerlichem Gesetzbuch" werde eine weitere Klageflut und Rechtsunsicherheit für Betroffene vorprogrammiert.

Die Bundesagentur für Arbeit verwies in ihrer Stellungnahme offenbar auf eine "technische Nichtmachbarkeit". Das System A2LL lasse die Aufnahme "volljähriger Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben" in eine bestehende Bedarfsgemeinschaft nicht zu.

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