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Bundespräsident lehnt Begnadigung der Ex-Terroristen Klar und Hogefeld ab

CSU drohte Bundespräsident

Bundespräsident Horst Köhler hat das Gnadengesuch des Ex-Terroristen Christian Klar abgelehnt. Neben Klar scheiterte am 7. Mai auch die Ex-Terroristin Birgit Hogefeld mit ihrem Gnadengesuch. Das Staatsoberhaupt habe "entschieden, von einem Gnadenerweis für Herrn Christian Klar abzusehen", teilte das Präsidialamt am Montag knapp mit, ohne allerdings Gründe zu nennen. Der Entscheidung Köhlers ging eine monatelange Mediendebatte voraus. Die CSU hatte dem Bundespräsidenten zuletzt damit gedroht, im Falle einer Begnadigung Klars seine Wiederwahl zu torpedieren. In der Vergangenheit hatte es mehrere Begnadigungen von RAF-Terroristen gegeben.

Der Gnadenentscheidung betreffend Christian Klar lagen nach Angaben des Präsidialamtes "unter anderem" Stellungnahmen der Bundesministerin der Justiz, des erkennenden Gerichts, der Generalbundesanwältin und der für den Strafvollzug verantwortlichen Justizvollzugsanstalt sowie ein kriminalprognostisches Gutachten zugrunde. Der Bundespräsident habe darüber hinaus zahlreiche Gespräche, auch mit Hinterbliebenen der Opfer geführt. "Abschließend sprach der Bundespräsident am 4. Mai 2007 mit Herrn Klar." Über die Gründe der Entscheidung wurden keinerlei Angaben gemacht.

Klar bleibt damit noch mindestens bis zum Ablauf seiner Mindesthaftdauer im Januar 2009 im Gefängnis. Der heute 54-Jährige war 1982 verhaftet und unter anderem wegen Beteiligung an den Morden von Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer und dem Bankier Jürgen Ponto zu mehrfach lebenslänglicher Haft verurteilt worden. Er sitzt in der baden-württembergischen Justizvollzugsanstalt Bruchsal ein. Im Jahr 2003 reichte Klar sein Gnadengesuch ein.

Bezüglich des Gnadengesuchs von Hogefeld teilte die das Präsidialamt mit, der Bundespräsident sehee sich nicht in der Lage, dem Gnadengesuch von Frau Birgit Hogefeld, rechtskräftig verurteilt seit dem 6. Januar 1999 zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe, "derzeit - im vierzehnten Haftjahr - zu entsprechen". Der Bundespräsident werde jedoch zu gegebener Zeit erneut und von Amts wegen über das Gesuch befinden. Hogefeld verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe wegen mehrfachen Mordes und Mordversuchs in Frankfurt am Main. Das Gericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest.

Reaktionen

Bei der Union erntete Köhler Beifall. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla begrüßte die Entscheidung. Er unterstrich, für ihn zähle zur Gnade auch die Reue. "Ich finde die Entscheidung gut", sagte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU).

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sagte, er begrüße die Entscheidung und halte sie "in der Sache für richtig". Sie stehe auch im Einklang mit dem Gerechtigkeitsempfinden "einer großen Mehrheit in Deutschland".

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) sagte, der Bundespräsident habe sich seine Entscheidung nicht leicht gemacht und im Vorfeld Erkenntnisquellen bis hin zum persönlichen Gespräch genutzt. Er habe seine Entscheidung dann "in verantwortungsvoller Abwägung aller Argumente souverän und eigenständig getroffen, so wie es seitens der Verfassung vorgesehen ist".

FDP-Chef Guido Westerwelle sagte: "Keine Gnade ohne Reue, das ist ein klarer Rechtsgrundsatz." Der Bundespräsident habe souverän eine "kluge und weise Entscheidung" getroffen. Auch Westerwelle verwies darauf, dass ein Serienmörder, der keine Reue zeige, nicht begnadigt werden dürfe.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte, es handle sich um eine Entscheidung, die nur Köhler zustehe. Warnende Äußerungen aus der CSU vor einer Begnadigung Klars kritisierte er als "dreisten Versuch, den Bundespräsidenten zu nötigen". Er sei sich aber sicher, dass sich Köhler in seiner Entscheidung "davon frei gemacht" habe.

Unmittelbar vor der Entscheidung hatten Unions-Politiker den Druck auf den Bundespräsidenten noch einmal erhöht. Die Bundesregierung solle die Annordnung auf Begnadigung gegebenenfalls nicht gegenzeichnen, forderte der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Scheuer. Zudem gab es offene Drohungen aus der CSU, Köhler könne die Zustimmung der Partei zu seiner Wiederwahl einbüßen. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) brachte gar eine Abschaffung des Gnadenrechts ins Gespräch.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Ulrich Maurer, kritisierte, die CSU habe in ihrem Kampf gegen eine mögliche Begnadigung von Klar gegenüber dem Bundespräsidenten "die Grenzen des Anstandes und des Strafrechts" überschritten. "Was und wie es aus den Reihen der Christsozialen tönt, kommt einer Nötigung eines Verfassungsorgans gleich. Das aber ist ein Straftatbestand", so Maurer.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sagte, der Beschluss des Bundespräsidenten sei "vor dem Hintergrund einer von Regierungspolitikern und Medien künstlich aufgeheizten RAF-Debatte" gefallen. Weil Christian Klar sich kapitalismuskritisch geäußert habe, wollten ihn Politiker wie der bayerische Ministerpräsident Stoiber bis an sein Lebensende hinter Gittern wissen.

Es sei eine Chance vertan worden, mit einer Begnadigung von Klar und Hogefeld einer wirklichen historischen Aufarbeitung des RAF-Kapitels der deutschen Geschichte neue Wege zu öffnen. Nun stehe auch der Bundespräsident in der Verantwortung, dafür zu sorgen, "dass sich die noch inhaftierten ehemaligen RAF-Angehörigen nach den rechtsstaatlichen Regularien mit Hafterleichterungen auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereiten können und nicht mit weiteren Schikanen und Repressalien zu rechnen haben", so Jelpke. Von Christian Klar, Birgit Hogefeld und der ebenfalls langjährig inhaftierten Eva Haule gehe keine Gefahr für die Öffentlichkeit mehr aus, meint die Abgeordnete. Das sei "das entscheidende Kriterium" für ihre baldmögliche Haftentlassung.

Der Anwalt von Christian Klar wollte sich zunächst nicht zur ablehnenden Entscheidung des Bundespräsidenten über das Gnadengesuch des ehemaligen RAF-Terroristen äußern. "Ich telefoniere jetzt erst mit meinem Mandanten", sagte der Hamburger Rechtsanwalt Heinz-Jürgen Schneider. Erst danach werde feststehen, ob er die Entscheidung von Bundespräsident Horst Köhler kommentiere, sagte Schneider.