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Angeblich vermehrte Drohungen gegen Nazi-Aussteiger

NPD-Verbot in der Diskussion

Aussteiger aus der rechten Szene müssen nach Einschätzung von Experten verstärkt Racheakte früheren Gesinnungsgenossen befürchten. So beobachtet der Gründer der Nazi-Aussteiger-Initiative "Exit", Bernd Wagner, nach dem Anschlag auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl eine Zunahme von Gewaltdrohungen von Rechtsextremisten, die sich speziell gegen Aussteiger aus der Szene richtet. Erst kürzlich hätten NPD-Anhänger einem aussteigewilligen NPD-Kreisfunktionär mitgeteilt, dass er "nicht mehr in den Kreis der lebenswerten Deutschen" gehöre. Einem anderen, der sich absetzen wollte, sei ein Totschläger vor Augen geführt und gesagt worden, er müsse sich "auf andere Zeiten einrichten", sagte Wagner am Montag (22. Dezember) in einem Interview.

Die Szene zeige sich durch den Angriff auf Mannichl und die dadurch neu entbrannte NPD-Verbots-Debatte "amüsiert", sagte Wagner. Rechtsextreme verhöhnten und verlachten zudem das Opfer und solidarisierten sich mit den Tätern.

Unterdessen erneuerte Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister, Lorenz Caffier (CDU), seine Forderung nach einem Verbot der NPD. Er halte die Partei für verfassungswidrig, "und das nicht erst seit gestern", sagte Caffier. Es sei nicht zu leugnen, dass die NPD aggressiv und kämpferisch auftrete und versuche, in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Von einem Verbot der Partei erhoffe er sich, die Kontakte zwischen der NPD und den "freien Kameradschaften" zu unterbinden. Für die Union stellt die NPD eine besonders scharfe Konkurrenz dar.

Skeptisch äußerte sich der FDP-Innenexperte Max Stadler (FDP). "Ein NPD-Verbot greift zu kurz. Die rechtsextremistische Gesinnung verschwindet nicht mit einem Parteiverbot", sagte Stadler. Vor einem Verbotsantrag müsse man die in der NPD verankerten V-Leute abziehen.

Auch die Innenexpertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sagte, wenn die Innenmister von Bund und Ländern es ernst meinten mit ihren Überlegungen zu einem NPD-Verbot, dann müssten sie die V-Leute aus den Führungsstrukturen der NPD abziehen. Erwägungen, die hohen verfassungsrechtlichen Hürden bei Parteiverboten abzusenken, sind nach Auffassung von Jelpke allerdings unangemessen. "Parteien genießen zu Recht einen starken Rechtsstatus – solange sie nicht, wie die NPD, die Demokratie offen bekämpfen." Der Staat habe sich das Debakel beim ersten NPD-Verbotsverfahren selbst zuzuschreiben, kritisiert Jelpke: "Er kann nicht einerseits gegen die NPD vorgehen und andererseits durch eine Flut von V-Leuten die Politik der Neonazis mit gestalten." Es sei schon erschreckend genug, dass es erst eines Mordversuchs an einem Polizisten bedürfe, "um auch die CSU auf die Gefahren des Neofaschismus aufmerksam werden zu lassen – vollzogene Morde an 134 Migranten und Andersdenkenden seit 1990 haben offenbar nicht gereicht", so Jelpke.