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Thierse will Regelanfrage abschaffen

Stasi-Akten

Der Streit über den Umgang mit den Stasi-Akten geht in eine neue Runde. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) forderte am Wochenende ein Ende der Regelanfragen bei der Stasi-Unterlagenbehörde. Die Stasi-Landesbeauftragten von Sachsen-Anhalt und Sachsen legten einen ersten Vorschlag zur Novellierung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes vor. Bürgerrechtler hatten Änderungen des Gesetzes gefordert, nachdem das Bundesverwaltungsgericht der Gauck-Behörde verboten hatte, die Stasi-Unterlagen von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl herauszugeben.

Der sächsische Stasi-Beauftragte Michael Beleites sagte, es sei "nötig, zwischen einem Funktionsträger der DDR, einer Diktatur also, und einem Funktionsträger der Bundesrepublik, einer Demokratie, zu unterscheiden". Eine solche Regelung würde bedeuten, dass die Stasi-Beauftragte Marianne Birthler künftig Unterlagen zu DDR-Funktionären Forschern und Journalisten zur Verfügung stellen kann.

Während der Innen- und Justizminister von Sachsen-Anhalt, Manfred Püchel (SPD), sich hinter den Vorschlag stellte, lehnte PDS-Vize Petra Pau eine solche Unterscheidung ab. Die Akten müssten zwar für wissenschaftliche Zwecke und für politische Debatten weiter offen gehalten werden, sagte Pau. Wichtig sei dabei jedoch, gleiches Recht für die Menschen in Ost und West walten zu lassen.

Der Grünen-Innenexperte Cem Özdemir betonte, die Grünen strebten bei der Änderung des Stasi-Unterlagengesetzes einen breiten Konsens an. Er halte an der Auffassung fest, das Gesetz so zu ändern, dass die Akten "so wie in den vergangenen Jahren für Forschungszwecke zur Verfügung stehen". Auf ihrem Berliner Parteitag sprachen sich die Grünen für ein umfassendes Informationsrecht der Bürger gegenüber den Behörden ein. Sie beschlossen, dass in staatlichen Institutionen vorhandene Informationen "grundsätzlich" offengelegt werden müssten.

Thierse schlug vor, statt der Regelanfragen bei der Stasi-Unterlagen-Behörde sollten Überprüfungen in Zukunft "nur noch im konkreten Verdachtsfall erfolgen oder bei besonders herausgehobenen Funktionen". Wer sich zwölf Jahre in der Demokratie bewährt habe, dürfe "nicht wegen einer Akte von vor 20 Jahren aus der Bahn geworfen werden", begründete der Bundestagspräsident seinen Vorstoß.

Vor einem Ende der Überprüfungen von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst oder Abgeordneten auf eine mögliche Stasi-Mitarbeit warnte indes der Vorstandsvorsitzende der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Rainer Eppelmann (CDU). "Das ist auch ein Stück Vermächtnis der friedlichen Herbstrevolution von 1989, das wir jetzt nicht auf den Müllhaufen werfen dürfen, nur weil es einigen politisch in den Kram zu passen scheint", sagte der einstige DDR-Bürgerrechtler.