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Tschetschenische Vertriebene werden zur Rückkehr gezwungen

Inguschetien

98 Prozent aller Tschetschenen, die derzeit in Inguschetien in Zelten leben, wollen nicht in ihre Heimat zurückkehren. Die meisten fürchten in Tschetschenien um ihr Leben. Dies ergab eine Studie der internationalen Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die am Dienstag in Moskau vorgestellt wurde. Ärzte ohne Grenzen ruft den Präsidenten der Republik Inguschetien sowie die russischen Bundesbehörden auf, die Menschen nicht zu einer Rückkehr zu zwingen.

Im Februar dieses Jahres hat Ärzte ohne Grenzen 3.209 tschetschenische Familien befragt, die in acht Zeltlagern in Inguschetien untergebracht sind. 98 Prozent wollen nicht in ihre Heimat zurückkehren. 93 Prozent der Familien gaben als wichtigsten Grund die unsichere Lage in Tschetschenien an. Sie weigern sich zurückzukehren, obwohl sie in Inguschetien unter inakzeptablen Bedingungen leben müssen. Laut Ärzte ohne Grenzen benötigen 2.827 Familien (14.443 Menschen) dringend neue Unterkünfte. 52 Prozent der Befragten leben in Zelten, die entweder undicht sind oder keinen Boden haben, der sie gegen Kälte schützt. Darüber hinaus wissen 90 Prozent der Familien nicht, wo sie Zuflucht suchen sollen, falls die Zeltlager geschlossen werden.

Die Ergebnisse des Berichts stehen auch im Widerspruch zu offiziellen Aussagen, denen zufolge die humanitäre Hilfe in Inguschetien die Menschen von einer Rückkehr nach Tschetschenien abhält. 88 Prozent der Familien gaben an, nicht wegen der humanitären Hilfsleistungen in Inguschetien zu bleiben.

Nach offiziellen Aussagen werden die Vertriebenen nicht zur Rückkehr gezwungen. Dennoch dürfen humanitäre Organisationen keine neuen Unterkünfte bereitstellen. Ende Januar 2003 erklärten die inguschetischen Behörden plötzlich, dass die von Ärzte ohne Grenzen in Inguschetien bereitgestellten Unterkünfte illegal seien. Das Programm von Ärzte ohne Grenzen war zuvor zwei Mal durch den inguschetischen Präsidenten Murat Zyazikov genehmigt worden. Bis heute wird die Organisation daran gehindert, neue Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Die schutzbedürftigsten Familien, die durch die Studie im Februar ermittelt wurden, erhielten bislang keine Erlaubnis, in die bereits fertig gestellten 180 Unterkünfte zu ziehen. Weitere, ursprünglich geplante, 1.200 Räume konnten bislang nicht gebaut werden.

Familien, die nach Tschetschenien zurückkehren, tun dies Ärzte ohne Grenzen zufolge nur, weil sie dem Druck nicht mehr stand halten können. Die Organisation ruft den inguschetischen Präsidenten sowie die russischen Bundesbehörden auf, die Grundrechte der Vertriebenen zu respektieren und die Menschen nicht zu einer Rückkehr zu zwingen. Zudem sollten humanitäre Organisationen nicht in ihrer Arbeit behindert werden und die zuständigen UN-Organisationen sollten den Schutz der Vertriebenen sicherstellen und sich deutlich gegen die Zwangsrückkehr aussprechen.