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Ölhahn zu

Keine "Freundschaft" zwischen Moskau und Minsk

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"Druschba" heißt Freundschaft. So nennt sich auch die wichtigste Erdölleitung, die Rußlands Fördergebiete via Belarus (Weißrussland) und Polen mit Deutschland verbindet. Am Montag kam das Öl aus dieser Leitung nur noch tropfenweise oder gar nicht mehr bei polnischen, ukrainischen und deutschen Raffinerien an. Angeblich soll Weißrussland die Öl-Pipeline blockiert haben. Minsk und Moskau machten sich gegenseitig für die Blockade verantwortlich. Die noch zu realsozialistischen Zeiten gebaute Pipeline ist eine der wichtigsten Energie-Adern für die Bundesrepublik.


Deutschland bezieht bis zu einem Fünftel seiner jährlichen Ölimporte aus der mehr als 3.000 Kilometer langen Leitung, die seinerzeit von hunderten DDR-Spezialisten mit erbaut worden war. Die Bundesregierung appellierte an beide Seiten, ihrer Verpflichtung zur Lieferung nachzukommen.

Allerdings gab die Ölindustrie zunächst Entwarnung. Weder der Betrieb der beiden belieferten Großraffinerien Schwedt und Leuna sei gefährdet, noch bestünde die Gefahr von Öl-Engpässen bei Tankstellen hieß es aus Brüssel vom zuständigen EU-Energiekommissar. Allerdings warnte die EU-Kommission grundsätzlich vor einer zunehmenden Abhängigkeit Westeuropas von Energie-Importen aus anderen Weltregionen. Die Versorgung sei auch bei längeren Lieferausfällen sichergestellt, beteuerte indes Bundeswirtschaftsminister Michael Glos.

In Moskau soll es nach Informationen der Onlineagentur Mosnews am Abend zu Krisengesprächen mit einer Abordnung aus Minsk gekommen sein. Beide ehemals eng verbündeten Staaten streiten seit Monaten über Gas- und Ölpreise, sowie Durchleitungsgebühren von russischem Öl und Gas. Der Nachrichtenagentur RIA-Nowosti zufolge wirft der Pipeline-Betreiber Transneft Weißrussland vor, seit Sonnabend Öl abzuzweigen, das für Westeuropa bestimmt sei.

Belarus hat selbst keine nennenswerten Energievorkommen und ist auf Importe angewiesen. Die Abnehmer dort müssen seit Jahresbeginn umgerechnet 100 US-Dollar für jeweis 1.000 Kubikmeter Erdgas an den russischen Monopolisten Gasprom zahlen. Damit hatten sich auf einen Schlag die Energiekosten für das Land verdoppelt. Die weißrussische Regierung erhob darauf rückwirkend zum 1. Januar eine Transitgebühr in Höhe von 45 US-Dollar pro Tonne russischen Öls, das über ihr Staatsgebiet Richtung Westen fließt.

Allerdings dürften weder Minsk noch Moskau an einer tatsächlichen Ölverknappung in Westeuropa Interesse haben. Laut russischen Quellen wollte Weißrussland die Lieferungen eventuell noch am Montag wieder ermöglichen. Angesichts der Lieferprobleme über die Erdölleitung "Freundschaft" stieg der Ölpreis leicht an.