NGO DIE Internet-Zeitung

September 2004

Alle Artikel aus diesem Monat und Jahr sind hier zu finden.

Schlechte Information

Gewaltopfer stellen nur selten Antrag auf staatliche Hilfe

Opfer von Gewalttaten in Deutschland nutzen nur selten ihre Ansprüche auf staatliche Entschädigung. Lediglich jeder zehnte Betroffene stelle einen entsprechenden Antrag bei den zuständigen Versorgungsämtern der Bundesländer, so die Opferschutzorganisation Weißer Ring. Mangelhafte Information der potenziell Anspruchsberechtigten von Seiten des Staates sei dafür eine der Ursachen. Zudem würden nur 42 Prozent der Gewaltopfer nach dem Gesetz auch als solche anerkannt, kritisierte der Vorsitzende der Organisation, Wolf Weber. Dies sei eine "skandalöse Bilanz" für "das Selbstverständnis eines Rechts- und Sozialstaats".

Umweltschutz hat Konjunktur

Neue Studie zum Umweltbewusstsein findet großes Interesse bei Deutschen

Das Umweltbewusstsein der Deutschen bleibt auf einem hohen Niveau: 92 Prozent der Bevölkerung halten Umweltschutz für wichtig. Die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung und der Ausbau der Windenergie finden große Zustimmung bei den Bürgerinnen und Bürgern. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der neuen Studie zum Umweltbewusstsein in Deutschland, die das Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt (UBA) in Auftrag gegeben haben.

"Stoppt Patente auf Leben!"

Neuverhandlung der EU-Biopatent-Richtlinie gefordert

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac und die BUKO-Kampagne gegen Biopiraterie haben am Mittwoch am Reichstag gegen die Umsetzung der Biopatent-Richtlinie und Patente auf Leben protestiert. Während im Rechtsausschuss des Bundestags die Umsetzung der EU-Biopatent-Richtlinie (98/44/EG) in Deutschland beraten wurde, entrollten Mitglieder von Attac und der BUKO-Kampagne vor dem Gebäude ein Transparent mit der Aufschrift "Stoppt Patente auf Leben!", um auf die skandalöse Geschichte und die schwerwiegenden Auswirkungen dieses Gesetzesvorhabens aufmerksam zu machen.

Deutsches Schulsystem

Soziale Benachteiligung wird durch frühe Auslese verstärkt

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat die Kultusministerkonferenz (KMK) aufgefordert, endlich die Kernprobleme des Schulsystems anzupacken. "Die KMK muss ihr selbst auferlegtes Tabu brechen und die negativen Folgen der deutschen Schulstruktur zur Kenntnis nehmen. Das Thema gehört jetzt auf die politische Tagesordnung", forderte GEW-Vorsitzende Eva-Maria Stange am Mittwoch mit Blick auf die KMK-Tagung "Qualitätsentwicklung im Bildungswesen", die am Donnerstag in Berlin stattfindet.

Elektrosmog

Mobilfunkindustrie muss umfassende Risikoforschung ermöglichen

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Telefonunternehmen Vodafone, T-Mobile, O2 und E-Plus aufgefordert, ihren Widerstand gegen eine Studie des Mobilfunkforschungsprogramms des Bundesamtes für Strahlenschutz aufzugeben. Die Studie soll Auswirkungen von Mobilfunkstrahlen auf das Schlafverhalten von Anwohnern in der Nähe von Funkmasten untersuchen. Die großen Netzbetreiber hätten die moralische Pflicht, den Gesundheitsschutz ihrer Kunden ernst zu nehmen. Sie dürften eine gründliche Risikoforschung nicht weiter verzögern.

Demokratie

Entwurf zur Einführung bundesweiter Volksentscheide soll im Oktober vorliegen

Die Bürgeraktion Mehr Demokratie hat die Einigung von SPD und Grünen auf einen Gesetzentwurf zur Einführung bundesweiter Volksentscheide begrüßt. Vorstandssprecher Gerald Häfner forderte die Opposition im Bundestag auf, das rot-grüne Gesprächsangebot anzunehmen. Die Koalitionsparteien hatten Anfang September angekündigt, einen bereits vorhandenen Gesetzentwurf für Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene so zu überarbeiten, dass er auch ein Referendum über die EU-Verfassung erlaubt. Eine entsprechende Ergänzung ist nun offenbar beschlossen worden, wie das Handelsblatt unter Berufung auf Kreise der Grünen-Fraktion berichtet. Der Entwurf werde derzeit vom Innen- und vom Justizministerium geprüft. Mitte Oktober soll er dem Parlament vorgelegt werden.

Protest

Verbraucherministerium erlaubt immer mehr giftige Pestizide im Essen

Die gesetzlich erlaubten Höchstmengen für Pestizidrückstände in Obst, Gemüse und Getreide wurden laut Greenpeace in den letzten fünf Jahren in Deutschland von den zuständigen Ministerien massiv angehoben. Seit Einrichtung des Verbraucherministeriums 2001 habe sich diese Tendenz sogar noch verschärft: Kam es im Jahr 2000 zu 177 Anhebungen, waren es im Jahr 2003 mit 319 fast doppelt so viele. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Pestizide am Limit", die das Greenpeace-EinkaufsNetz am Montag in Berlin vorstellt.

Nigeria

Umweltsünder soll für Verschmutzungen im Niger-Delta zahlen

Der britisch-niederländische Ölgigant Royal Dutch/ Shell muß für seine Umweltsünden im Niger-Delta zahlen. Das entschied letzte Woche eine Kammer des nigerianischen Parlaments. Die Vertretung des Volks der Ijaw aus dem Bundesstaat Bayelsa, der in der Ölförderregion liegt hatte bereits im vergangenen Jahr vom Repräsentantenhaus recht bekommen. Nun bestätigte auch der Senat, daß der Ölkonzern mit 1,25 Milliarden Euro für die angerichteten Umweltschäden in der Region aufkommen muß. Allerdings gestand Senatssprecher Henry Ugbolue gegenüber der Presse ein, daß die Parlamentskammer keine Mittel habe, die Anordnung gegen Shell durchzusetzen.

"Energy Trophy"

Europaweiter Wettbewerb sucht das energiegeizigste Unternehmen

Am 1. Oktober 2004 fällt der Startschuss für einen neuen europäischen Wettbewerb für Unternehmen. Der Name: "Energy Trophy". Insgesamt 40 Unternehmen aus sechs europäischen Ländern treten ein Jahr lang gegeneinander an - darunter so klangvolle Namen wie die Lufthansa, Deutsche Telekom oder Ducati. Bei der "Energy Trophy" geht es nicht um Aktienkurse oder verkaufte Stückzahlen. Es geht darum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, möglichst viel Energie in den Büros zu sparen. "Die Energy Trophy hilft den Unternehmen und Verwaltungen beim Energiesparen. Sie werden merken, wie einfach es ist, aktiven Klimaschutz zu betreiben. Zudem sinken die Betriebskosten und die Mitarbeitermotivation steigt", sagt Prof. Dr. Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes, zum Beginn des Wettbewerbs.

Untersucht

Weintrauben wieder stark mit Pestiziden belastet

Weintrauben sind auch in diesem jahr stark petizidbelastet. Das berichtet die Umweltorganisation Greenpeace. Das Greenpeace-EinkaufsNetz hatte wie im Vorjahr Tafeltrauben untersuchen lassen, die aus dem Angebot der sieben größten deutschen Supermarktketten Aldi, Edeka, Metro, Lidl, Rewe, Spar und Tengelmann stammen. Nur eine der 23 Traubenproben aus konventionellem Anbau sei frei von Spritzmittelresten gewesen, so die Organisation. In 35 Prozent der Proben seien die gesetzlichen Grenzwerte für Pestizide sogar erreicht oder - bis zum 14fachen - überschritten worden. Die Untersuchungen hätten damit eine massive Verschlechterung gezeigt.

Fahrverbote für Diesel ohne Filter ab 1. Januar

Städte müssen mit Klagen wegen zu dreckiger Luft rechnen

Deutschlands Großstädte müssen ab dem 1. Januar mit Klagen wegen zu schlechter Luft rechnen. Die Allianz "Kein Diesel ohne Filter" kündigte am Dienstag an, gerichtlich gegen alle Kommunen vorzugehen, die keinen Luftreinhalteplan vorlegen, obwohl die Schadstoffmenge in der Luft die zulässigen Grenzwerte überschreitet. Die dreijährige Übergangsfrist sei dann vorüber, die Kommunen jetzt verpflichtet, notfalls mit Fahrverboten für Diesel-Fahrzeuge ohne Rußfilter die Belastung mit gefährlichen Feinstäuben zu verringern. An die Bundesregierung appellierte das Bündnis, sofort eine Steuerermäßigung für Autos mit Diesel-Filter zu beschließen. Der Grenzwert dafür müsse bei 2,5 Milligramm Partikel pro Kilometer liegen, weil alle bereits auf dem Markt verfügbaren Techniken diesen Wert erreichten. Verbraucher sollten keinesfalls mehr Fahrzeuge ohne Rußfilter kaufen, denn sie müssten ab nächstem Jahr mit Fahrverboten rechnen. Zudem, so eine "Schwacke"-Untersuchung, verlören Diesel ohne Filter unverhältnismäßig stark an Wert.

Alleinerziehende, Familien und Einwanderer

Zahl der Armen in Deutschland wächst

In Deutschland hat die relative Armut im vergangenen Jahr zugenommen. Das geht nach Informationen der "Welt am Sonntag" aus ersten Zahlen für den "Armuts- und Reichtumsbericht" hervor, den die Regierung Anfang nächsten Jahres vorlegen will. Danach galten im vergangenen Jahr 13 Prozent der Bevölkerung als arm. Ein Jahr zuvor waren es noch 12,7 Prozent. Besonders oft betroffen seien Alleinerziehende, Familien mit mehr als drei Kindern und Einwanderer.

Getestet

Fast jeder zweite Laden hat mangelhafte Notausgänge

Mit Waren zugestellte oder abgeschlossene Türen und unsinnige Schilder sind bei Notausgängen in Kaufhäusern die Regel. Das zeigt ein Test der Verbraucherzentrale NRW in 30 Kaufhäusern und Fachmärkten Bonns und Kölns. Fast jeder zweite Laden sei in dem Test mit zum Teil gravierenden Mängeln aufgefallen, so das Ergebnis. Die Tester der Verbraucherzentrale nahmen dabei 30 Kaufhäuser, Bau- und Möbelmärkten, sowie große Buchhandlungen und Sportgeschäfte unter die Lupe. In 13 Läden habe es zum Teil krasse Sicherheitsmängel in punkto Fluchtwege oder Hinweisschilder gegeben. So hätten neun Läden unzureichende Wegweiser zu den Notausgängen, in zehn Geschäften seien die rettenden Ausgänge ins Freie zugestellt. Und gleich in beiden Punkten patzten sechs der dreißig Läden.

Manipuliert

Gen-Mais soll zugelassen werden

Die Umweltorganisation Greenpeace hat Landwirtschaftsministerin Renate Künast aufgefordert, sich gegen die Marktzulassung des Gen-Mais MON 863 auszusprechen, über die am Montag in Brüssel abgestimmt wird. Die Sorte des Monsanto-Konzerns war im April 2004 ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten, als die französische Tageszeitung "Le Monde" darüber berichtet hatte. Anlass war eine Studie der Französischen Gentechnik Kommission CGB (Commission du Génie Biomoléculaire) aus der hervorgeht, dass bei Fütterungsversuchen an Ratten Blutwerte und Nieren Veränderungen im Vergleich zur Kontrollgruppe aufwiesen. Zu dem zuerst zugelassenen genetisch manipulierten (GM) Mais waren auch von deutschen Experten Bedenken wegen eines Antibiotikaresistenz-Gens geäußert worden. Trotz der aufgetretenen Abnormalitäten wurde der Gen-Mais von der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) für unbedenklich erklärt.

Umwelt-Halbzeit

Verbände fordern konsequente ökologische Reformen von Rot-Grün

Fortschritte bei Erneuerbaren Energien und der Ausrichtung von Agrarsubventionen, Rückschläge beim Klimaschutz und völlige Fehlanzeige einer ökologischen Verkehrspolitik - so bilanzieren die Umweltverbände BUND, Greenpeace, NABU, WWF und DNR die Arbeit der Bundesregierung zur Halbzeit ihrer 2. Amtsperiode. Ökologische Inkompetenz bei CDU/CSU und FDP und die zeitweilige Konjunktur von Umweltthemen beim Jahrhunderthochwasser 2002 hätten vor zwei Jahren entscheidend zum erneuten Wahlsieg von Rot-Grün beigetragen. Daraus resultierende Chancen seien jedoch weitgehend ungenutzt geblieben. Die Bundesregierung müsse für die zweite Hälfte ihrer Amtszeit einen neuen Anlauf bei dringend notwendigen ökologischen Reformen machen.

Landgericht Frankfurt

Sitzdemonstration vor Airbase war keine Nötigung

Das Landgericht Frankfurt hat am 15. September 2004 entschieden, dass der Nötigungsvorwurf der Staatsanwaltschaft gegen Irak-Kriegsgegner nicht haltbar sei. Zwei Angeklagte waren von Amtsrichterin Wild wegen Nötigung zu einer vorbehaltenen Geldstrafe (20/25 Tagessätze) auf zwei Jahre Bewährung sowie zu einer Geldbuße verurteilt worden. Das Landgericht hob diese Verurteilungen nun auf und sah lediglich einen geringfügigen Verstoß gegen das Versammlungsrecht gegeben.

EUROSOLAR-Aufruf

"Erneuerbare Energien statt Atomenergie"

unterstützt von IPPNW, der Internationalen Ärtztevereinigung zur Verhütung des Atomkrieges, und IALANA, der Internationalen Anwaltsvereinigung gegen Atomwaffen veröffentlicht Eurosolar den folgenden Aufruf. "Die Mehrkosten für Erneuerbare Energien von heute sind vermiedene Umweltschäden und niedrige Energiekosten von morgen" (Hermann Scheer, Träger des Alternativen Nobelpreises)

Ex-Wirtschaftsminister Müller fordert neue Zechen und Kokereien im Ruhrgebiet

Rückkehr in die Kohlezeit?

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und jetzige Chef des RAG-Konzerns, Werner Müller, hat ein Umdenken bei der Kohle gefordert. In einem Interview mit dem Hamburger Magazin stern sagte er, Deutschland brauche neue Zechen, um die Versorgung der heimischen Industrie mit Rohstoffen und Energie zu sichern: "Die Preise für Koksimporte sind explodiert. Deutschland besitzt eine Milliarde Tonnen gute Kokskohle. Da stellt sich die Frage nach neuen Kokskohle-Zechen und Kokereien, um wieder unabhängig vom immer knapperen Weltmarkt zu werden."

Gentechnik

Umweltverbände versuchen Gen-Reis Zulassung abzuwenden

Die Umweltverbände Friends of the Earth Europe, Coordination gegen Bayer-Gefahren und Gene Campaign (Indien) wenden sich heute in einem gemeinsamen Schreiben an die 25 EU-Mitgliedsländer. Die Initiativen sprechen sich in dem Brief gegen eine Import-Zulassung von gentechnisch verändertem Reis aus. Hintergrund ist der Antrag der Firma Bayer, die Einfuhr von herbizidresistentem Reis als Tierfutter zuzulassen.

"Nicht umgesetzt" | Scharfe Kritik an Verkehrspolitik der Bundesregierung

Automobil Industrie | CO2-Emissionen des Autoverkehrs

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) e.V. zieht zur Halbzeit der Legislaturperiode der Bundesregierung eine weitgehend negative Bilanz in der Verkehrspolitik. Vor allem in den richtungsweisenden Entscheidungen bei den Verkehrsinvestitionen habe sich gezeigt, dass die Koalition ihre Versprechen für eine nachhaltige und umweltschonende Mobilität nicht umsetze. "Die Regierung hat sich im Koalitionsvertrag einem umweltfreundlicheren Verkehrssystem verschrieben. Diesen Anspruch hat sie ganz offensichtlich aufgegeben", urteilt VCD-Bundesvorsitzender Michael Gehrmann. So hätten die Investitionen in Straßenneu- und -ausbau im Bundesverkehrswegeplan unter Rot-Grün neue Rekorde erreicht, hingegen werde bei der Schiene aktuell eifrig gekürzt.

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