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SPD kritisiert "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" als "Tarnorganisation"

Angst vor Industrie und Medien

Nach Auffassung von SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter greifen die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie mit ihrer "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" tief in die Tasche, "um die marktradikalen Konzepte" der Union und insbesondere von Friedrich Merz zu bewerben. Benneter bezeichnete die Wirtschaftsinitiative als "Tarnorganisation". Geschätzte 150 Millionen Euro sei der Industrie die Kampagne wert, die kurz vor der sächsischen Landtagswahl bereits den sächsischen CDU-Ministerpräsidenten Milbradt zum "Ministerpräsidenten des Jahres" kürte und die jetzt den zurückgetretenen "marktradikalen Merz" zum "Reformer des Jahres" und SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles zur "Blockiererin des Jahres" ernannt habe.

"Dieses Vorgehen ist durchsichtig, parteiisch und zielgerichtet", kritisierte Benneter. Friedrich Merz sei mit seinen Konzepten sogar innerhalb der eigenen Partei gescheitert und von seinen Ämtern zurückgetreten. Andrea Nahles habe das Konzept zur Bürgerversicherung vorgelegt, "das eine klare Alternative zur vermurksten Kopfpauschale der Union und einen solidarischen Weg in die Zukunft der Sozialversicherung aufzeigt."

Benneter vermutet, dass die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" Anfang des nächsten Jahres Jürgen Rüttgers und kurz vor der Bundestagswahl Angela Merkel auszeichnen wird.

Wirtschaft, Wirtschaftswissenschaft und Medien

In den Medien wurde breit über die Auszeichnung von Friedrich Merz als "Reformer des Jahres" berichtet. Medienbeobachter kritisieren, dass es einer Allianz von Wirtschaft und Medien gelänge, Stimmungen für oder gegen bestimmte Personen, Parteien und politische Inhalte zu erzeugen. 1998 habe ein Interesse daran bestanden, den "Reformer" Gerhard Schröder zum Kanzler zu machen, da sein Vorgänger Helmut Kohl nicht mehr das gewünschte "Reformtempo" an den Tag gelegt habe. Der als Blockierer wahrgenommene Bundesfinanzminister Oscar Lafontaine sei nur wenige Monate nach dem Regierungwechsel durch systematische Negativ-Berichterstattung in den Medien faktisch zum Rücktritt gezwungen worden. Nun werde in Hinblick auf die Bundestagswahl 2006 wieder Stimmung für einen Wechsel zur Union gemacht.

Auch der CDU-Politiker Heiner Geißler schimpfte kürzlich in einem Beitrag in der "Zeit" über eine gezielte Stimmungsmache in den Medien. Er kritisierte das "Meinungskartell von Ökonomieprofessoren und Publizisten", die meinten, "die menschliche Gesellschaft müsse funktionieren wie DaimlerChrysler, und die sich beharrlich weigern, anzuerkennen, dass der Markt geordnet werden" müsse. Unter Berufung auf "angebliche Gesetze des Marktes" redeten die Wirtschaftswissenschaftler "einer anarchischen Wirtschaftsordnung, die über Leichen geht, das Wort".

Die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft"

Die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" wird nach eigenen Angaben "derzeit" von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektro-Industrie getragen und "von weiteren führenden Wirtschaftsverbänden unterstützt". Wissenschaftlich begleitet werde die Initiative vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW).

Repräsentiert wird die Organisation von einem 7-köpfigen Kuratorium. Vorsitzender ist der ehemalige Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer. Zu den Kuratoren zählen beispielsweise der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, der Aufsichtsratschef der Rodenstock GmbH, Randolf Rodenstock, sowie der Grünen-Politiker Oswald Metzger.

Zu den "Botschaftern" der Initiative gehören neben vielen anderen der Unternehmensberater Roland Berger, der Rektor der Universität Mannheim, Hans-Wolfgang Arndt, der Finanzminister des Landes Sachsen-Anhalt, Karl-Heinz Paqué, die Grünen-Politikerin Christine Scheel und der ehemalige Baden-Württembergische Ministerpräsident Lothar Späth, jetzt Aufsichtsratschef der Jenoptik AG. Auch Arend Oetker, zugleich Unternehmer, Präsident des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft und Vizepräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) ist ein "Botschafter der Sozialen Marktwirtschaft".

Die Wirtschaftswissenschaft ist in der Marktwirtschaftler-Initiative zum Beispiel mit Prof. Christoph Burmann von der Universität Bremen, den Professoren Juergen B. Donges und Johann Eekhoff von der Universität zu Köln und mit Prof. Rolf Peffekoven von der Universität Mainz vertreten.

Auf der Website der Initiative läuft der Nachrichtenticker der "Financial Times Deutschland".