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Familienbericht

Fachleute fühlen sich als SPD-Wahlkampfhelfer missbraucht

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Anders als die Berliner "tageszeitung" (taz) "in ihrer offenkundigen Begeisterung" über den neuen Familienbericht berichte, sei dieses Expertengutachten am Dienstag nur übergeben, nicht jedoch veröffentlicht worden. Offiziell verfügbar ist nach Angaben des "Heidelberger Familienbüros" nur eine vierseitige Erklärung von Ministerin Schmidt, die sich und ihre Partei natürlich durch die Fachleute in ihrer Politik voll bestätigt sehe. Ausserdem gebe es noch ein achseitiges Papier "Familienbericht im Dialog", in dem eine "Auswahl politisch genehmer Aussagen" der Fachleute und "dialogbereiter" Verbände zusammenstellt sei. "Das eigentliche 500-Seiten Opus wird von der SPD-Wahlkämpferin im Ministerrang unter Verschluss gehalten", empört sich das Familienbüro. Dieses Verhalten erinnere stark an die "Veröffentlichungsblockade" des 10. Jugendberichtes der Kohlregierung im Wahlkampfjahr 1998.


Die offizielle Begründung des Familienministeriums, wonach das Bundeskabinett den Bericht noch nicht durchgesehen, abgesegnet und dazu Stellung genommen habe, überzeugt die Fachleute nicht. Dabei wäre ihres erachtens die genaue Kenntnis der wissenschaftlichen Ausarbeitung nicht nur zur Beurteilung der familienpolitischen Wahlversprechungen der Parteien für die Öffentlichkeit von Interesse. "Auch die notwendige kritische Prüfung der Analyse und Empfehlungen der Expertenkommission wäre damit schon jetzt möglich."

Beispielsweise würde erneut den Eindruck erweckt, hierzulande würde Familien 150 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung gestellt und dennoch hätten diese "gewaltigen finanziellen Anstrengungen" keinerlei Effekt auf die Geburtenrate. "Wenn die Experten sich die Mühe gemacht hätten, den Bericht ihrer Vorgänger zu lesen (5. Familienbericht, 1994), dann hätten sie erfahren, dass die Familien diese angeblichen Segnungen des Staates mit ihren Steuern und Sozialbeiträgen zum größten Teil selbst bezahlen", schreibt das Familienbüro. Diesem Urteil habe sich Frau Schmidt "als noch-nicht Ministerin" im April 2001 auch voll angeschlossen.

Das Familienbüro wirft die Frage auf, welche Hilfe das vom Erwerbseinkommen abhängige und auf 11 beziehungsweise 12 Monate begrenzte "SPD-Elterngeld" den kinderreichen Familien bringen solle. Diese würden in vielen Fällen nicht dem neuen Leitbild der doppelten Erwerbstätigkeit der Eltern "folgen können und wollen".

Das "SPD-Elterngeld" kollidiere offenkundig mit dem Wunsch der Kommission, gerade Akademikerinnen und Akademikern eine frühere Elternschaft zum Beispiel während des Studiums zu ermöglichen. Schliesslich sei der finanzielle "Achterbahn-Effekt" für Familien eine Ursache des Kinderschwundes. "Diese Kollision findet freilich nicht statt, wenn man sich auf den Standpunkt stellt, studentische Eltern seien sowieso bescheidenere Lebensverhältnisse gewöhnt, deshalb stelle das erwerbsbezogene Elterngeld in dieser Lebensphase auch keine Verschlechterung dar."

Um die neue Familienkasse einzuführen, wird nach Interpretation des Familienbüros faktisch vorgeschlagen, dass Eltern älterer Kinder, Eltern mit jüngeren Kinder unterstützen sollten. Denn die Eigenheimzulage und und das Baukindergeld sollten gestrichen werden. Hier stelle sich die Frage, weshalb die Experten der Bundesregierung zwar gern ins Ausland schauen, "aber ausgerechnet beim Thema Geld lieber keine Anleihen machen wollen". Im "Musterland" Frankreich würde die Familienkasse zu zwei Dritteln aus Beiträgen der Unternehmen finanziert.

Die familien- und gesellschaftspolitisch "lebensentscheidenden Fragen" werden nach Auffassung des Heidelberger Familienbüros "erst mit der tatsächlichen Vorlage des Siebenten Familienberichtes, - lange nach der Bundestagswahl - diskutiert werden können. "Bis dahin wird SPD-Ministerin Renate Schmidt ihren PR-Coup (vielleicht) noch geniessen koennen."

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