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Gabriel will bis 2020 offenbar weniger erneuerbare Energien als die EU

16 statt 20 Prozent

Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, für die EU ein verbindliches Ausbauziel für die erneuerbaren Energien bis 2020 festzulegen. Im europäischen Durchschnitt sollen bis zum Jahr 2020 demnach 20 Prozent der Primärenergie aus erneuerbaren Quellen stammen. "Wir unterstützen dieses Ziel nicht nur, wir sind auch auf dem allerbesten Wege, einen wesentliches Stück dazu beizutragen", sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel am 27. Februar in Berlin. Der Umweltminister strebt für Deutschland als "wesentliches Stück" aber offenbar nur einen Anteil von 16 Prozent an. So präsentierte Gabriel eine so genannte "Leitstudie" des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), wonach für Deutschland bis 2020 ein Anteil der erneuerbaren Energien von 16 Prozent vorgesehen ist. Die Studie wurde im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstellt.

Dem so genannten Leitszenario 2006 ist nach Angaben des Zentrums für Luft- und Raumfahrt "ein zielorientiertes Szenario, welches darlegt, wie die Zielsetzung der Bundesregierung, die Klimagasemissionen bis 2050 in Deutschland auf rund 20 Prozent des Werts von 1990 zu senken, grundsätzlich umgesetzt werden kann". Bis 2050 sollen die Erneuerbaren Energien dem Szenario zufolge einen Anteil von 48,5 Prozent des Primärenergiebedarfs abdecken.

Von 2005 bis zum Jahr 2020 soll sich die Energieproduktion nach Vorstellung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Verdreifachen: 2005 lieferten sie demnach 665 Picajoule Energie, 2020 sollen es 1874 Picajoule sein. Damit würde der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien gegenüber der jüngeren Vergangenheit vermutlich deutlich verlangsamt.

Denn nach Angaben des Bundesumweltministeriums schritt der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland schneller voran als prognostiziert. "Allein im vergangenen Jahr legten sie um fast 13 Prozent zu", teilte das Ministerium mit.

Unterstellt man ausgehend von 2005 einen jährlichen Zuwachs von 13 Prozent - also keine Beschleunigung des Ausbaus -, dann wären schon im Jahr 2014 die in der Studie für 2020 anstrebten 1874 Picajoule weit überschritten. Gabriel scheint also den bisherigen Wachstumskurs bei den erneuerbaren Energien nicht fortsetzen zu wollen.

"Die erneuerbaren Energien beschäftigen mittlerweile rund 214.000 Menschen"

Zugleich stellte er die bisherigen Ausbau-Erfolge dieses Sektors heraus. "Das, was die erneuerbaren Energie derzeit alleine im Stromsektor pro Jahr zulegen, entspricht rein rechnerisch etwa der Jahresproduktion eines Atomkraftwerks", so Sigmar Gabriel.

In der Stromerzeugung habe der Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr 2006 bereits bei 11,8 Prozent gelegen. Die Zielvorgabe des Koalitionsvertrages, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis 2010 auf mindestens 12,5 Prozent zu steigern, werde als bereits im Jahr 2007 überschritten werden.

Der Bundesumweltminister begrüßt besonders, dass sich das Wachstum der Branche auch in einer entsprechenden Zunahme der Beschäftigten widerspiegele: Alleine im letzten Jahr seien rund 24.000 neue Arbeitsplätze entstanden. Die erneuerbaren Energien beschäftigten mittlerweile rund 214.000 Menschen. "Diese Zahlen unterstreichen, dass es mit der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gelungen ist, eine zukunftsweisende neue Industriebranche in Deutschland aufzubauen", so Gabriel.

Gabriel will offenbar die Förderung der Windenergie reduzieren

Mit dem wachsenden Volumen der erneuerbaren Energien wachsen laut Gabriel auch die Anforderungen an ihre Wirtschaftlichkeit. Der Minister hat hierbei weniger die privaten Haushaltskunden im Blick als vielmehr die Industrie: "Es kann nicht unser Ziel sein, mit steigenden Energie- und Strompreisen die energieintensive Industrie aus dem Land zu treiben." Das sei aber auch nicht der Fall.

"Im Gegenteil", sagte Gabriel. "So wird schon in wenigen Jahren die Stromerzeugung aus Windkraft in erheblichem Umfang wettbewerbsfähig sein und aus der Förderung nach dem EEG herausfallen."

Noch in diesem Jahr wolle das Umweltministerium einen Erfahrungsbericht vorlegen. In diesem Rahmen werde auch überprüft, in welchen Bereichen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten "die Vergütungssätze angepasst" werden müssten. Mittelfristig sollen nach Vorstellung des Ministers alle Formen der erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig sein und "die Förderung auf besonders innovative und viel versprechende Bereiche konzentriert werden".

Bei einer drastischen Verringerung oder gar Streichung der Vergütungen für bestimmte erneuerbare Energien wie etwa für Windkraftanlagen im Binnenland kann der Minister möglicherweise erreichen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien künftig deutlich verlangsamt wird. Das Bundesumweltministerium konzentriert sich seit Jahren auf von großen Energiekonzernen betriebene Offshore-Windparks in der Nord- und Ostsee. Äußerungen von Gabriel und seinem Parlamentarischen Staatssekrektär Michael Müller lassen deuten darauf hin, dass sie den Ausbau der Windenergie im Binnenland begrenzen wollen (ngo-online berichtete). Windkraftanlagen und andere erneuerbare Energien in der Hand von Bürgern, Landwirten und Kommunen sind offenbar nicht die zentrale Vision des Bundesumweltministeriums.