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Diskussion über zivil-militärische Zusammenarbeit

Welthungerhilfe & Bundeswehr

Die Bundeswehr und die von der Gattin des deutschen Innenministers, Ingeborg Schäuble, geleitete Welthungerhilfe arbeiten im Rahmen der "zivil-militärische Zusammenarbeit" in mehreren, von westlichen Truppen besetzten Ländern eng zusammen. Das Hauptproblem für die Welthungerhilfe besteht offenbar inzwischen darin, dass sich ihre "Entwicklungshelfer" durch die Zusammenarbeit mit westlichen Militärs zunehmend Gefahren ausgesetzt sehen. Zudem sprach die Organisation der Bundeswehr gewisse Kompetenzen ab. So setzt sich der Deutsche Bundeswehrverband gegen die Kritik der Welthungerhilfe zur Wehr, deutschen Soldaten fehle es an entwicklungspolitischem Sachverstand. Die Welthungerhilfe forderte von den "Interventionsstaaten" in bewaffneten Konflikten wie Afghanistan zudem, sie sollten Hilfsorganisationen nicht "instrumentalisieren".

Gerade im Norden Afghanistans leisteten Bundeswehrsoldaten anerkanntermaßen exzellente Arbeit, sagte Verbands-Vize Ulrich Kirsch der "Frankfurter Rundschau". Dies betreffe sowohl die Schaffung eines stabilen Umfeldes als auch vertrauensbildende Maßnahmen. Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Hans-Joachim Preuß, hatte zuvor eine "erschreckende Unkenntnis" der deutschen Streitkräfte in Sachen humanitäre Einsätze beanstandet und gefordert, die Bundeswehr solle sich aus Wiederaufbauprojekten heraushalten.

Kirsch erwiderte, dem Eindruck, die Bundeswehr arbeite bei Kriseneinsätzen nicht zielführend oder sie sei dafür nicht ausreichend vorbereitet, müsse massiv widersprochen werden. "Vertrauen kann man nur bilden, wenn man auch Einzelprojekte im Infrastrukturbereich durchführt", sagte er. Die zivil-militärische Zusammenarbeit gehöre zum Kern des Auftrags der internationalen Schutztruppe ISAF, an der die Bundeswehr beteiligt ist.

"434 Helfer bezahlten ihren Einsatz mit dem Leben"

Preuß hatte auch auf eine gestiegene Gefahr für Entwicklungshelfer hingewiesen. Die Deutsche Welthungerhilfe habe im letzten Vierteljahr den Tod von zwei Mitarbeitern zu beklagen gehabt, so Preuß. "Der deutsche Bauingenieur Dieter Rübling wurde im Norden Afghanistans er-schossen, als er gemeinsam mit einheimischen Kollegen Baustellen besichtigte. Seine afghanischen Kollegen kamen mit dem Schrecken davon. Und vor vier Wochen wurde ein afghanischer Fahrer in der Nähe von Kunduz ermordet, als er mit seinem Lkw Baugeräte zur Basis zurückbringen wollte."

Nach einer aktuellen Studie habe sich die Zahl gewaltsamer Angriffe - Morde, Entführun­gen, At­tentate mit der Folge schwerer Verletzungen - auf "Helfer" zwischen 1997 und 2005 verdreifacht. Insgesamt habe es in diesem Zeitraum 408 Zwischenfälle gegeben, von denen 941 Menschen betroffen gewesen seien. "434 Helfer bezahlten ihren Einsatz mit dem Leben", so Preuß.

Welthungerhilfe: Wir sprechen uns nicht gegen militärische Interventionen aus

Der Generalsekretär ging auf vorsichtige Distanz zu einer allzu engen beziehungsweise offenkundigen Zusammenarbeit mit der Bundeswehr. Neben einer Verschärfung von Sicherheitsmaßnahmen seien "Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Neutralität" der wichtigste Schutz für die Arbeit von Hilfsorganisationen, so Preuß. Dies bedeute eine klare Abgrenzung von all denjenigen, die zu einer Konfliktpartei gehören oder diese unterstützen.

Andererseits bedeute dies auch ein klares Bekenntnis zur Information und zur "Abstimmung mit allen politischen und militärischen Kräften" in Konfliktregionen: "diese müssen wissen, wer wir sind, wo wir sind und was wir tun", so Preuß.

"Wir sprechen uns nicht gegen militärische Interventionen aus", so der Generalsekretär der Welthungerhilfe, die in der Vergangenheit wiederholt militärische Aktionen gefordert hatte. Diese müssten jedoch klar durch ein UN-Mandat legitimiert sein. Nicht "die strategischen Interessen einzelner Länder", sondern das Leben der Menschen in den betroffenen Ländern in Freiheit und Sicherheit müssten die oberste Maxime für ein militärisches Eingreifen sein.

Preuß: Überlebenshilfe und militärischen Einsatz strukturell trennen

"Aber auch bei solchen Einsätzen fordern wir, dass Überlebenshilfe und Wiederaufbau auf der einen Seite und militärischer Einsatz auf der anderen Seite strukturell getrennt sein müssen", so Preuß. "Aufgabe des Militärs ist es, für Sicherheit und Frieden zu sorgen. Entwicklungshilfe unter militärischem Kommando, wie es die Amerikaner in Afghanistan verfolgen, ist ein gefährlicher Irrweg. Die Einsätze fordern viele zivile Opfer. Wie kann man Vertrauen zur Bevölkerung aufbauen, wenn die gleichen Kräfte, die Brunnen bauen, später Bomben werfen?"

"Aber auch im Rahmen des ISAF-Einsatzes verschwimmen die Grenzen", meint Preuß. Wenn bewaffnete Kräfte nicht mehr zwischen Militär und Zivilisten unterscheiden könnten, gerieten auch Hilfsorganisationen ins Fadenkreuz. "Wir fordern daher von allen Interventionsstaaten in bewaffneten Konflikten, Hilfsorganisationen nicht als Teil einer wie auch immer gearteten Strategie zu instrumentalisieren."