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Verbindungen zwischen sächsischer Korruptionsaffäre und Berliner Bankenskandal

Plattenbauunternehmen Aubis

In der Affäre um Korruption und organisierte Kriminalität in Sachsen gibt es offenbar auch Verbindungen zum Berliner Bankenskandal. In Ermittlungsakten wird konkret auf die Verbindung einer Hauptfigur der sächsischen Vorgänge zur früheren Aubis-Gruppe hingewiesen. Danach hatten Verantwortliche des Berliner Plattenbauunternehmens lange Kontakte mit dem Rechtsabteilungsleiter der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB), Manfred Klockzin. Aubis hatte Mitte der 1990er Jahre von der LWB Tausende Plattenbauwohnungen gekauft. In der Affäre geht es auch um Angriffe auf Journalisten, Mord, einen Mordanschlag, einen zweifelhaften Selbstmord und einen spurlos verschwundenen Immobilienmakler.

Dubiose Immobiliengeschäfte der LWB stehen mit im Zentrum der Affäre in Sachsen. Auch die Aubis-Gruppe der beiden CDU-Politiker Christian Neuling und Klaus Hermann Wienhold war wegen fragwürdiger Kredite und Immobiliengeschäfte in Verruf geraten. Eine Parteispende der Aubis-Chefs an die CDU löste Untersuchungen aus, die schließlich den Berliner Bankenskandal ans Licht brachten.

Wienhold und Neuling standen monatelang wegen des Verdachts der Untreue vor Gericht. Im vergangenen Jahr wurde der Prozess allerdings ausgesetzt, da beide als verhandlungsunfähig eingestuft wurden.

In der sächsischen Korruptionsaffäre befassten sich Polizisten und Verfassungsschützer in der Vergangenheit mit vermuteten Immobilienschiebereien, Kinderprostitution, Bestechung, Amtsmissbrauch, Körperverletzung und einem Mordversuch. Wer sich dabei welcher Vergehen strafbar gemacht hat, ist bis heute erst teilweise geklärt.

In Ermittlungsakten finden sich Verdachtsmomente gegen Klockzin, wonach dieser mehrfach Justizmitarbeitern und ihnen nahe stehenden Personen auf unsaubere Art und Weise Wohnungen aus LWB-Beständen zugeschanzt haben soll.

Klockzin bestreitet dies. Er habe nie eigenmächtig Immobilien vergeben können. Dafür sei ein fünfköpfiges Gremium zuständig gewesen. Inzwischen hat die LWB einer Bitte Klockzins nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsprochen.

Der Streit um eine unter Beteiligung von Klockzin vergebene Wohnung mündete 1994 in einen Mordanschlag mit mehreren Schüssen, den Klockzin nur knapp überlebte.

Gewalt und Verdachtsmomente in Hinblick auf mögliche Morde gab es in Leipzig mehrfach. Ein ZDF-Team, das Mitte der 1990er Jahre zu möglichen Insidergeschäften städtischer Mitarbeiter mit Immobilien recherchierte, wurde angegriffen, ein Reporter verprügelt.

1996 verschwand eine für Grundstücke zuständige Justizsekretärin des Leipziger Amtsgerichts. Ihre skelettierte Leiche wurde erst im Jahr 2000 gefunden. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt. Von einem ebenfalls 1996 verschwundenen Immobilienmakler fehlt bis heute jede Spur.

Blühende Landschaften: Ein Millionengeschäft

Die Aubis-Gruppe machte mit der LWB im Jahr 1995 ein Millionengeschäft, als Wienhold und Neuling rund 4500 Wohnungen in Leipzig erwarben. Beobachter registrierten in den 1990er Jahren, dass Aubis bei Wohnungsverkäufen auffallend häufig den Zuschlag erhielt.

Der frühere Staatssekretär und heutige sächsische Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) resümierte einmal: "Die Aubis erhält häufig den Zuschlag, weil sie das günstigste Angebot abgibt." Gerüchte, wonach Buttolo ein Bekannter Neulings sei, wurden nie erhärtet.

Personelle Verbindungen zwischen LWB und Aubis sind indes belegt. Auf LWB-Seite waren an dem ersten Millionendeal Klockzin sowie dessen Vorgesetzter, der Geschäftsführer Heinrich Wahlen, beteiligt. Wahlen wechselte 1998 in den Vorstand der von Wienhold gegründeten Aubis Immobilien AG.

Klockzin war zeitweise Schatzmeister des Fußballklubs FC Sachsen Leipzig, als Wienhold dort Sponsor und Präsidiumsmitglied war. Ebenfalls in der Vereinsführung vertreten war Marco K., laut Ermittlungsunterlagen ein Freund Klockzins, der zeitweilig ein Serviceunternehmen betrieb. Als dieses Konkurs anmeldete musste, habe Wienhold K. "Starthilfe" beim Aufbau einer neuen Firma geleistet.

In der Anklage der Berliner Staatsanwaltschaft gegen Wienhold und Neuling tauchte auch K. auf: als Geschäftsführer des Leipzig Wärmelieferanten Elpag. Diese Firma soll laut Anklage von den Aubis-Verantwortlichen heimlich kontrolliert und dazu genutzt worden sein, über erhöhte Preise auf unsaubere Weise Geld abzuschöpfen. Die Preise, so ein Zeuge, habe Neuling gemeinsam mit K. festgelegt. Neuling und Wienhold hatten die Vorwürfe stets nachdrücklich bestritten.

Erhängt im Grunewald - Ermittlungspannen - Ermittlungen eingestellt

Im Aubis-Komplex erregte auch ein Todesfall große Aufmerksamkeit. Der junge EDV-Chef der Gruppe, Lars Oliver Petroll, hatte sich Einblick in die Geschäftspraktiken des Unternehmens verschafft und wollte sein Wissen zu Geld machen. Im Herbst 2001 fand ihn ein Spaziergänger erhängt im Grunewald. Trotz der mysteriösen Todesumstände, erheblicher Ermittlungspannen und obwohl selbst ein Richter deutliche Zweifel an der Selbstmordthese der Polizei formulierte, wurden die Ermittlungen eingestellt.