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DGB kritisiert "Steuergeschenke an Wirtschaft und Besserverdiener"

"Umverteilung von unten nach oben"

Nach Darstellung der wirtschaftspolitischen Abteilung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) betreibt die Bundesregierung eine "Umverteilung von unten nach oben". Eine Untersuchung der Steuervorhaben der großen Koalition durch die wirtschaftspolitische Abteilung des DGB kam zum Ergebnis: "Die Bundesregierung will die Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Verbraucher für Steuergeschenke an Wirtschaft und Besserverdiener aus der vergangenen Legislaturperiode zur Kasse bitten." Die Berechnungen wurden nach Angaben des DGB auf der Grundlage einer Dokumentation des Bundesfinanzministeriums erhoben. Wenn die Wirkungen der bereits beschlossenen, im Entwurf befindlichen oder geplanten Steuergesetze addiert würden, müssten Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Verbraucher knapp 36 Milliarden Euro mehr für die Finanzierung der öffentlichen Haushalte aufbringen.

Dabei seien bereits die 4,1 Milliarden Euro abgezogen, mit denen die Regierung Wachstum und Beschäftigung anregen wolle. "Selbst wenn die Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung in Rechnung gestellt wird, summiert sich die höhere Belastung immer noch auf 28 Milliarden Euro", schreibt der DGB in seiner Analyse "Steuerentscheidungen und -vorhaben der schwarz-roten Koalition" vom 10. April.

Die DGB-Analyse berücksichtigt allerdings nicht erst die Vorhaben der großen Koalition, sondern bereits die von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenen oder geplanten Maßnahmen: "Dieser Überblick über beschlossene oder im Entwurf befindliche und darüber hinaus für 2006 und 2007 geplante Steuervorhaben zeigt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die steuerpolitische Zeche zahlen müssen, die die rot-grüne Bundesregierung unter tatkräftiger Mitwirkung von Union und FDP zugunsten von Spitzenverdienern, Vermögensmillionären und Großunternehmen angerichtet hat", schreibt die wirtschaftspolitische Abteilung des DGB in ihrer Zusammenfassung der Arbeit.

Zwar würden durch einzelne Veränderungen im Steuerrecht auch die Wirtschaft und - "sehr behutsam" - Spitzenverdiener betroffen. Doch der überwiegende Teil müsse von den Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und Verbrauchern aufgebracht werden. Die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes von 16 auf 19 Prozent sowie der Abbau der Entfernungspauschale trügen wesentlich mehr zur Belastung der Durchschnittsbürger und der Arbeitnehmerhaushalte bei. Diese Mindereinnahmen beziehungsweise Mehrbelastungen durch die höhere Mehrwertsteuer könne durch die gewerkschaftliche Tariflohnpolitik kaum aufgefangen werden.

Wenn es mit der Konsolidierung der Staatsfinanzen so eilig sei, wie es die Regierung vorgebe, bleibt für den DGB als "nahe liegende Frage": "Warum holt sich der Staat nicht bei denen das Geld zurück, die maßgeblich von den Steuergeschenken der Politiker aller Couleur in den letzten Jahren profitiert haben? Von den Menschen mit Spitzeneinkommen, von den Großvermögensbesitzern und von den internationalen Konzernen, die ihre Steuerschulden auf Null herunterrechnen konnten."

Diese Frage zu stellen bedeutet nach Einschätzung der wirtschaftspolitischen Abteilung des DBG "aber nicht Hoffnung haben zu können auf positive Beantwortung durch die Politik". Lese man nämlich die Vorschläge "zum Beispiel der angeblich politisch unabhängigen Stiftung Marktwirtschaft" oder auch des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur Reform der Unternehmensbesteuerung, müsse einem angst und bange werden. "Die Herrschaften aus dem konservativ akademischen Milieu fordern tatsächlich in voller Kenntnis der kritischen Situation bei den Staatsfinanzen, dass den Unternehmen mindestens weitere 22 Milliarden Euro Steuerentlastungen zugewiesen bekommen sollen und dass dafür wieder Arbeitnehmer und Verbraucher mehrheitlich für den Finanzausgleich sorgen sollen." "Diese Elite" schaffe es, "den Staat vollends zu ruinieren, wenn ihr von der Politik nicht deutliche Grenzen gesetzt werden.

Die Wirtschaftsabteilung des DGB rät der Regierung daher, die Steuerpolitik noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Statt Beschäftigte und Verbraucher zu belasten, sollte die Bundesregierung ihre Aufmerksamkeit auf Bezieher großer Einkommen und internationale Konzerne richten, die von der Steuerpolitik der vergangenen Jahre überproportional profitiert hätten.

Darüber hinaus sollten nach Auffassung des DGB Steuerausfälle in Folge der für 2008 geplanten Unternehmenssteuerreform durch eine höhere Besteuerung der Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen gegenfinanziert werden.